Kapitel 21

535 32 10
                                    

Bill hatte für einige Riesen tatsächlich den Pool des Hotels für den einen Abend abgekauft. Außerdem wurde vom Personal dafür gesorgt, dass uns keiner störte und unbefugte Gäste sich außerhalb unseres Bereiches aufhielten. Einige Obstschalen lagen auf den runden hohen Tischen, die zu dem Kauf dazugehörten und allmählich wurde aus den Rot- und Gelbtönen des Himmels ein tiefes dunkles Blau, das die Sterne zum Ausdruck brachte. Das Wasser leuchtete durch die angebrachten Lichter im Becken und Jou war mittlerweile auch da um bei den Vorbereitungen zu helfen. Sie und Tom fragten gerade nach Boxen für die gewünschte Musik, während Bill oben in der Wohnung verschwunden war und nicht mehr auftauchte.

Ich blickte noch einmal über den Pool und entschied mich umzuziehen. Oben angekommen hörte ich ein Glas fallen, dass sofort mit einem lauten Scheiße kommentiert wurde.

"Armes Glas.", rief ich in die Wohnung hinein und schloss die Tür hinter mir.

"Sehr witzig." Seine Stimme wieder so gereizt und angespannt. Da hatte aber jemand aufgebrachte Laune. So nervös? Ich betrat die Küche und sah die Glassplitter auf dem Boden. Ein See voller Champagner kauerte unter den Füßen von Bill, der mich anstarrte. Ich hob eine Augenbraue und schaute zu ihm. Er rührte sich nicht, die Distanz zwischen uns war wieder so gefüllt.

"Ja und jetzt?", wegte ich ab und versprach mir für den Rest des Abends keine Kontrolle zu verlieren.

"Kein Plan. Ich hab kein Bock das hier jetzt aufzuwischen. Und meine Füße sind nass.", entgegnete er, hob seinen rechten Fuß an und betrachtete die Flüssigkeit unter ihm. Fast wollte ich ihm helfen.

"Pech." Ich ging weiter in mein Zimmer und kramte dort in meinem Koffer. Hatte ich für solche Anlässe überhaupt etwas mit? Bestimmt. Ich packte ein weißes mit schwarzen kleinen kreisen verziertes Kleid aus und überlegte.

Schulterzuckend erhob ich mich und zog mich um. Das Kleid sitzte und nachdem ich meine Haare in Ordnung gebracht und das Make-Up akkurat aufgetragen habe, ging ich wieder raus. Ich hörte Getränke schwabben und Gläser klingen. Was machte der Kerl eigentlich?

Ich ging an die Theke und erst jetzt besaß er den Anstand zu mir zu schauen. Ich meinte zu glauben, dass seine Augen für einen minimalen Augenblick aufschreckten und sein Mund sich stumm öffnete, aber er versuchte dann doch etwas neutraler zu bleiben. Trotzdem scannten seine Augen mich von oben bis unten an. Die Getränkeflaschen stellte er auf den Tisch und rührte sich dann nicht.

Mein Herz raste.

Ach, fick dich doch!

Nervös legte ich meine Finger ineinander und schürzte meine Lippen. Mein Hals schnürte sich zusammen und ich vergaß beinahe was ich eigentlich hier wollte. Ach, genau.

"Was soll das we-"

"Schnauze."

Ich hielt inne und ließ die abgeschnittene Frage im Raum stehen. Seine Stimme war fixiert, genau wie seine Augen. Der Moment schien durch Ewigkeiten zu wandern.

"Bill-"

"Heftig.", hauchte er. Langsam begann er seinen Kopf zu schütteln und legte wieder die Hände um die Flaschenhälse. "Ich habe noch nie soetwas Hässliches an dir gesehen."

Was? Gut. Ich presste meine Kiefer aneinander, präsentierte ihm meinen Mittelfinger und stapfte aus der Wohnung.

Absolutes Schwein!

Ich hörte noch ein Kichern seinerseits und dann war die Tür hinter mir zu. Ich musste mich zusammenreißen. Dieses Spiel wollte ich gewinnen, verdammt. Und das tue ich auch! Ich müsste ihn einfach weiter quälen und hin und wieder wie ein Würmchen an einer Angel weiter wegschwimmen, damit er wie ein Fisch hinterher schellen kann, ohne mich in sein Maul zu bekommen.

Unten angekommen, schlossen Jou und Tom bereits die Musikboxen an den Laptop an und ich beobachtete sie schweigend. Tom sah glücklich aus. Sie noch glücklicher. 5 Jahre waren es her und sie sahen immer noch wie frisch verliebte Teenies aus. Jou trug ein blaues Knielanges Kleid, während Tom seinem eigenen Stil treu blieb und wieder weite Klamotten über seinem Körper lagen.

"Hallo.", ertönte eine junge und mir bekannt vorkommende Stimme hinter mir. Ich drehte mich um. Diese Mädels aus dem Supermarkt. Wie waren die Namen der beiden überhaupt?

"Where's Bill?", fragte die Freundin der Kranken und ich antwortete knapp mit Upstairs.

Sie stellten sich an eines der länglichen Tischen und begannen zu quatschen. Sofort bedienten sie sich an den Obstschalen. Musik ertönte leise aus den Boxen und jetzt war es soweit. Die Party konnte damit beginnen. Wie auf Kommando kam auch Bill, diesmal umgezogen und hinter ihm ein Mitarbeiter des Hotels, mit einem riesigen Tablett voller Cocktails. Das hatte er also oben gemacht. Cocktails. Was für ein begabtes Arschloch er doch war.

"Girls.", lachte er begrüßend und lief auf die beiden Mädchen zu. Sein gewöhnlicher und steifer, dennoch so locker wirkender Gang streifte bedrohend nahe an mir vorbei, doch er vermied jeglichen Blickkontakt. Er umarmte beide und führte einen Smalltalk bis schließlich die nächsten Gäste im Hotelgarten ankamen. Die Truppe, der ich vor einigen Nächten antraf. Das war wohl Bills Gang. Seine Leute, oder sowas.

"Bill, du Killer.", pfiff der eine laut und Bill unterbrach sein Gerede mit den Mädchen. Seine Lippen verformten sich augenblicklich zu einem breiten Grinsen und die strahlend weißen Zähne glänzten im schwachen Licht der Lampen.

"Anthony!", rief er und machte einige lässige Schritte auf ihn zu. Es folgte eine feste und männliche Umarmung, einige Klopfer auf den Rücken, die fast schmerzhaft aussahen und dann strich dieser Anthony über Bills gegeelten Haare.

"Was bist du denn für eine Pussy?", zischte Bill schnell auf und seine Mine änderte sich sofort. Anthony lachte, die Gruppe hinter ihm stimmte mit ein und Bill versuchte seine ruinierten Haare wieder zu perfektionieren.

"Die einzige Pussy, die wir haben, bist wohl du. Wofür so hübsch gemacht? Für deine Olle?"

"Ey, meine Olle ist mein Goldstück. Einmal anfassen und du landest im Gebäude mit dem faszinierendem roten Kreuz."

Autsch.

Ich drehte mich um.

Mein Goldstück, sagte er. Ob das stimmte? So süß es auch klang, so hart stanzte es in irgendwo meiner inneren Organe. Lag diese Jess ihm ernsthaft so am Herzen? War das vielleicht sogar die Frau, die ihn für das Leben verändern würde? Nein. Verändern zumindest nicht. Sie hatte schließlich mindestens einen Dachschaden gleichen Niveaus wie Bill. Aber Goldstück? Ich knetete meine Finger. Bevor ich mich in die Gedanken reinsteigern konnte, stupste mich jemand sanft an und ich drehte mich um. Das Braun. Was für ein Timing.

"Kommst du mal kurz mit?", fragte er und ich musste zuerst einen klaren Impuls fassen um zu verstehen was gerade wirklich geschah und was genau er meinte.

"Warum?", entgegnete ich schließlich nur und er hob die Augenbrauen.

"Sehr witzig.", schnaubte er und ich kam mir unheimlich verwirrt vor. Irgendwie blieb mir nichts anderes übrig.

"Ja, komm.", murmelte ich und er ging vor. Schon wieder zu zweit. Alleine.

Schicksal? Leck mich doch.

Fick ihn doch!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt