Kapitel 14

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Als meine Stimmung wieder den Erdboden berührte, nachdem Jou mir so direkte Vorschläge auf dem Tisch ausgelegt hatte, beschlossen wir der Boulevard Haussmann Straße solange zu folgen, bis wir einer gemütlichen aber verlockenden Bar entgegen kamen. "Bar le Florence", war die kantige Aufschritt des länglichen Schildes auf dem Gebäude. Jou war diejenige, die mich außer Acht hineinstoß und völlig unbeirrt durch die Menge stapfte.
Ihr Arm griff fest um mein Handgelenk und ich versuchte mit einem zarten Lächeln und mehreren "Pardon's" durch die Anstalt zu stolzieren.

Mit meinen einfachen meerblauen Jeans und der senfgelben eintönigen Bluse sah ich nicht direkt attraktiv aus. Ich ähnelte einem Cowgirl, wenn da nicht der Hut und die Boots fehlen würden.

Obwohl draußen der dunkle Blauton den Himmel bemalte, war es im Gebäude trotz der vielen pinken und grünen Lampen nicht viel heller. Wieder hörte man nur fremdsprachiges Gemurmel und erst jetzt fiel  mir auf wie unwohl ich mich hier fühlte.

Jou drängte mich bis an die Bar und wir setzten uns auf die hohen Hocker, die als einzige frei standen. Rechts von mir saß ein streng aussehender Mann, der sich dem kleinen Bildschirm seines Smartphones begab. Er würdigte mir keines Blickes und so versuchte ich ihn für die nächsten verbrachten Stunden zu ignorieren. Der Geruch von Menschenschweiß stieg mir in die Nase, dazwischen hunderte Marken von Perfüms und Alkoholgestank. Ich kräuselte für einen Augenblick lang die Nase. Ganz so vertritt ich den Alkohol ja nicht. Ich bin nicht so der, -so der "Bill", wenn ich es mir recht überlege.

Während ich es tatsächlich schaffte mich bei dem Gemurmel mit meinen eigenen Gedanken außereinander zu setzen, stellte uns der Barkeeper -mit einem zarten Lächeln aufgesetzt- zwei Cocktailgläser auf die Theke. Jou reichte ihm grinsend das Geld und nahm vagant das Glas zwischen die Fingerspitzen. Sie hob erwartungsvoll das Glas und wartete auf meinen Anstoß.

"Was ist das?", fragte ich und deutete auf das Glas. Sie zuckte lächelnd mit den Schultern und lehnte sich zu mir.

"Ich habe dem Typen gesagt, er soll uns was gegen zu viele Sorgen geben.", entgegnete sie und warf ihren Daumen hinter sich auf den arbeitenden Mann hinter den Tresen.

Ich antwortete nichts und musterte stattdessen die gelborange Flüssigkeit in dem Glas.

Jou schnalzte ungeduldig mit der Zunge auf und stupste mich mit dem Ellenbogen leicht gegen meinen Oberarm.

"Los.", forderte sie mich auf und ich zögerte nicht länger.
Ich wollte raus hier, also musste ich nur den dämlichen Saft runterkriegen und damit wäre es vielleicht sogar geschafft. Wir stoßen an und tranken beide auf Ex.

Schnell hier raus.

Es war so laut und so unruhig und wieder sehnte ich mich nach meinem Bett. Mittlerweile war es mir egal, welche Hölle mich zu Hause erwartete. Ich war einfach müde.

Jetzt spürte ich wie der Alkohol über die Wände meines Magens floss und sich in die Blutbahnen begab. Langsam trieb er mich an und ich wurde allmählich wach. Bis es mich am Hinterkopf traf. Ich zischte auf und legte meine Finger auf die pochende Stelle. Jou begann zu lachen.

"Hättest nicht so schnell trinken sollen.", sagte sie amüsant und ich kräuselte meine Augenbrauen.

"Hättest mich nicht hierher schleppen sollen.", feixte ich gereizt zurück und massierte meinen Hinterkopf. Sie sagte nichts mehr sondern hielt Ausschau auf die vielen anderen Menschen im Gebäude. Ich tat es ihr nach und für den nächsten Moment hätte ich mir plötzlichen Herzinfarkt oder unergründlichen Tod gewünscht.

Als mein Blick an der Tür stehen blieb und diese sich langsam öffnete, trat die mir so bekannte Gestalt auf den Barboden. Seine blonden glänzenden Haare versteckten sich unter seiner locker aufgesetzten blauen Kappe, die sich zu der Farbe seines Shirst angleichte und eine knallorangene Jacke hatte er drübergezogen. Außerdem verdeckte eine Pilotenbrille seine Augen. Im Mund zerkaute er auffällig einen Kaugummi und eine Hand lag in seiner Hosentasche. Ich hatte ihr schon mit einem Würgreiz rechnen können, bis mir die unschlungene Hand auf seinem Arm auffiel.

Jess.

Stress!

Ich wollte einfach nur weg.
Ich kramte mein Portemonnaie aus der Tasche, klatschte einen Zehner auf die Theke und erhob mich. "Wohin gehst du?", rief mir Jou hinterher. Ich ignorierte sie und wollte bloß weg. Nicht, dass ich diesem Spinner vor die Augen treten würde. Doch das Schicksal kotzte mir im Strahl ins Gesicht. Ich war erledigt, als ich vor mir die eben gesehene neon Jacke erblickte. Er rührte sich nicht. Ich versuchte es mit Schritt nach links und Schritt nach rechts, doch die Flucht war zwecklos. Er blockierte mir absichtlich den Weg.

"Nicht die schon wieder.", zickte Jess genervt auf und legte die Hände auf ihre Seiten.

Mein Blick fiel auf die Tür, die nur wenige Meter von mir entfernt war. Ich spannte meine Kiefer an, als Bill unausstehlich geschwiegen hatte. Ich rührte mich nicht und wartete darauf, dass er mich nach langem Anstarren gehen ließ.

"Bill, lass sie doch mal. Sie nervt.", zischte sie erneut und versuchte ihn aus seinem Stand zu zerren, doch es war zwecklos. Sie schnalzte ungeduldig mit der Zunge.

Ich wollte nicht hochschauen, die Luft war dick genug wenn ich auch nur seine Klamotten vor Augen hatte. Ich senkte mit Absicht meinen Kopf noch tiefer. Seine Daumen verschwanden beide in seinen Jeanstaschen.

"Wohin des Weges, Madame?", sprach er schelmisch und klopfte mit seiner tättoowierten Hand über den Stoff seiner Hose. Ich antwortete nicht, sondern versuchte wieder zu gehen. Vergeblich.

Ich seufzte angereizt auf und drehte meinen Kopf zur Seite. "Verschwinde.", brummte ich kühl.

"Ja, Schatz, lass uns gehen.", bat Jess ungezügelt und zupfte an seiner Jacke. Bill schwieg wieder und ich riss mich zusammen. Mein Kopf raste zu ihm hoch und suchten seine Augen unter der Brille. Ich hasste es, wenn ich Menschen während einer Gegenüberstellung nicht in die Augen schauen konnte. Es war egoistisch. Es war unfreundlich und kalt. Aber noch erbärmlicher waren diese strahlend weißen Zähne, die mir durch sein verschmitztes Grinsen entgegenleuchteten.

"Immer noch eifersüchtig?", feixte er schelmisch und ich bildete meine Hände zu Fäusten. Ich schlug samt des Armes mit rechts auf ihn ein und schubste ihn weg. Er begann zu lachen und machte mir schließlich den Weg frei.

"Wein' nicht zu laut, Tom schläft!", rief er mir noch lachend entgegen und ich knallte die Tür auf.

Arschloch!

Arschloch, Arschloch, Arschloch!

Fick ihn doch!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt