Kapitel 20

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Am Hotel angekommen schwieg der Motor und die Maschine hörte auf zu vibrieren.

Endlich.

"Du bleibst sitzen.", sprach Bill kalt und ich stieß den Kopf hoch. Die Pilotenbrille richtete sich an mich und ich zuckte meine Hand vom Gürtel. Etwas perplex blickte ich zu Tom, der uns regungslos betrachtete.

"Ja, zisch ab!", hastete Bill und brachte Tom in Bewegung. Brummend quetschte er sein Handy in die Hosentasche zurück und schnallte sich ab. Ich wollte hinterher rufen und fragen, ob alles in Ordnung sei. Ich konnte noch nicht einmal einen Laut von mir geben ehe er die Tür zu knallte und ins Lobby ging. Er schaute nicht mehr über seine Schulter hinweg und ich schnappte zurück zu Bill.

"Hast du noch alle Latten am Zaun, deinen Bruder so anzufauchen?", zischte ich entsetzt.

Ihm entwich ein Kichern seines makellosen Grinsens und er drehte den Schlüssel. Der Wagen sprutete wieder los und erst jetzt erwachte Pumba aus seinen Träumen. Was ein Köter. Schönheitsschlaf, was?

Bills rechter Arm schlang sich wieder um die Rückenlehne des Beifahrersitzes während er ausparkte und ich betrachtete das tättowierte Kreuz auf seinem Arm. Feine dunkelblonde Haare zeichneten seine mit Adern überzogenen Unterarme aus und Ringe reflektierten das Sonnenlicht. Genau wie sein platinblondes Haar. Ich traute mich an seine Augen, die immer noch von seiner Brille abgeschirmt waren. Trotzdem zuckten seine Mundwinkel schelmisch wieder hoch.

Ich verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte mich an das Fenster, während er sich wieder wegdrehte, den Gang schaltete und sich wieder der Straße widmete.

"Und was soll das? Willst du mich kidnappen?", gab ich aufmüpfig von mir und betrachtete seine funkelnden Ringe auf dem Gesicht.

Er lachte auf. "Wenn du das so sagen möchtest."

Ich blieb stets kühl und beobachtete ihn weiter. Ich konnte seine langen Wimpern von hier aus hinter der Brille erkennen und bemerkte, dass er außerdem einen Ansatz hatte. Seine Bewegungen waren selbstsicher und kraftvoll.

"Wir gehen einkaufen.", antwortete er schließlich und sein Unterton war diesmal stabiler.

"Wir?"

"Ja, wir. Damit ich sehen kann, dass du nicht aus Rache nur deinen Brunch mitnimmst."

Ich nahm tief Luft.

Arschloch.

Woher wusste er das? Er schien meine Gedanken lesen zu können, als er weiterredete.

"Ich hab dir gesagt, dass ich dieses Spiel schon so gut wie gewonnen habe."

Ich legte schlagartig meinen Kopf in den Nacken und begann lautstark loszulachen. Natürlich so, dass die Ironie nicht wegfiel.

"Sehr witzig, Bill. Sag das nochmal, wenn du anfängst vor Scham zu heulen.", feixte ich gekonnt zurück und folgte der vorbeiziehenden Straße.

"Ach, nein warte. Du hast ja überhaupt gar kein Schamgefühl.", fügte ich hinzu und hob die Augenbrauen. Diesmal lachte er. Dennoch war sein Lachen ernst gemeint und weniger laut als meines zuvor.

"Richtig, Schätzchen. Und genau das ist auch ein Grund dafür, warum ich gar nicht erst anfangen würde zu weinen, sondern du.", erwiderte er eingeschnappt und schüttelte verächtlich mit dem Kopf.

Im Einkaufzentrum angekommen, fielen zuerst die vielen Menschengespräche über uns und übertönten die Werbung der angebrachten Lautsprecher. Das Zentrum war voll, die Menschen mit Tüten überladen und dann waren da noch wir. Wie angewurzelt an der Tür und erstaunt über das Leben dieses Raumes stehend blockierten wir jeglichen Menschen den Weg zum erleichternden Ausgang.

Fick ihn doch!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt