Ich war die halbe Nacht wach und starrte regungslos auf den Boden. Die Zeit zog an mir vorbei und lachte mich regelrecht aus. Hatte Tom es ernst gemeint, die Rückfahrt bereits gebucht zu haben? Vielleicht lag es nur an dem Alkohol, vielleicht meinte er gar nichts davon ernst.
Wer's glaubt.
Ich ging aus dem Zimmer und lauschte an Toms Tür. Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, aber es war definitiv nicht lange her, als Jou noch murmelnd auf Tom einredete um ihn zu beruhigen. Jetzt aber war es still. Vorsichtig schaute ich hinein. Tom war noch bekleidet und lag auf dem Rücken mit ausgebreiteten Armen und Beinen und Jou's Kopf kauerte in der Matratze, während sie am Bettrand kniete. Beide schliefen, wobei ich mich wirklich fragte, wie Jou in ihrer nicht so angemessenen Haltung Luft bekam.
Als ich ins Bad trat und das Licht anschaltete, rutschte mir zunächst das Herz an der Kragen und ich zuckte zusammen.
"Sag mal?", setzte ich außer Atem an. "Was bist du denn für ein Psycho?"
Er regte sich nicht, lehnte an dem Fenster des Bades und blickte eine Zigarette rauchend raus. Er trug nur eine Boxershorts und um mich vor Unannehmlichkeiten zu schützen, knipste ich das Licht wieder aus und ging. Nein, ich war zu doof. Stattdessen schaffte ich nur das Lichtausmachen und starrte ihn schließlich nur noch an. Ich erwartete irgendwas, aber da kam nichts.
"Bill?" Langsam trat ich näher. Ich stellte mich neben ihn. Seine Augen waren glasig, glänzten im Schein des Mondes so klischeehaft wie noch nie. Ich schluckte.
"Ist alles okay bei dir?" Lustig war das nicht. Nicht einmal wütend machte es mich. Ich war nur einwenig erschrocken. Und zugegebenerweise auch besorgt. Er zuckte mit den Schultern und senkte seinen Kopf.
Ich wollte fragen, was los sei, aber nach der Aktion des Abends wäre es doch zu gut.
"Bin ich echt so scheiße, dass mein Bruder sich für mich schämt?"
Hast du tatsächlich noch so viel Herz, dass du das erkennst? Nein, es verwunderte mich. Und Gott, seine Wimpern könnten fast länger sein als meine. Warum fiel es mir jetzt erst auf?
"Ich bin doch echt ein Idiot."
"Ja, das bist du." Als er sich zu mir drehte, dachte ich er würde mich wegschicken oder mich auf der Stelle verprügeln. Zumindest einen Gegenspruch hatte ich erwartet, aber es kam absolut nichts. Irgendwie schade.
"Meinst du es wäre logisch, die Band zu beenden?", fragte er. In seiner Stimme lag ein solcher Ernst, dass ich fast dachte, ich träume.
"Du hast es gehört?", entgegnete ich leise.
"Wie könnte ich das nicht?" Er schnaubte mit einem verkrampften Lächeln und schüttelte dann den Kopf. "Er hat es so laut geschrien, dass ich sein Problem bin." Jetzt schluckte er und presste die Kiefer aneinander, schaute hoch und schürzte dann die Lippen. Jedes seiner Züge zeichneten sich durch das Licht des Mondes aus.
"Er hat Recht und es ist vollkommen logisch abzubrechen." Er tippte die Asche hinunter und um ehrlich zu sein, war ich viel zu sehr an ihm abgelenkt als einen eigenen klaren Gedanken zu fassen.
"Es herrscht nur noch dicke Luft. Und ich-" Er atmete langsam ein und wieder aus. Wow, wie emotional. "-bin ein Idiot."
Mir war kalt und ich verschränkte meine Arme vor der Brust. Gottverdammt, wie lange stand er schon in Boxern hier? Stunden? Na gut, Minuten.
"Kannst du mal was sagen? Es ist scheiße, wenn du nichts sagst.", bat er und in seiner Stimme lag Seriosität wie auch Enttäuschung. Und genau zu dem Moment erkannte ich die Wahrheit von der Lüge. Er war die Lüge während der hässlichen Kussszene. Und die Wahrheit -Jetzt.
"Mann, Nancy. Bitte." Diesmal zeichnete sich ein flehendes Grinsen auf seinem Gesicht aus und seine Augenbrauen zuckten zusammen. Schade, dass er übernacht die Piercings immer auszog, denn es fehlte zu dem Zeitpunkt. Obwohl die Augen das Glänzen ziemlich gut ersetzten.
"Was soll ich denn sagen, Bill? Dass du ein Idiot bist, hast du schon selbst gesagt. Hab' da nichts zu zufügen." Ich räusperte mich und zwirbelte an meinem Schlafanzug herum, mein Blick haftete jedoch weiterhin an seinem Antlitz.
Er seufzte und ließ seinen Kopf hängen, sodass seine breiten kräftigen Schultern über dem Nacken standen. Sein Haar rutschte herunter und er schloss die Augen. Einen kurzen Augenblick geschah absolut nichts, außer dass die Zigarette elegant vor sich hin qualmte. Ich hasste den Geruch, aber was man doch nicht alles für Bills alias Spinner um Mitternacht in Arschkälte vor dem Badezimmerfenster eines Hotels in Frankreich alles macht, nicht?
"Ich hab einfach Scheiße gebaut.", sagte er dann entschlossen und zerdrückte die Zigarette an der Außenwand. Zuerst drehte er die Zigarette in seinen Fingern herum, wir beide betrachteten sie schweigend, bis sein Griff um sie fester wurde.
"Wenn ich doch nicht so Sexbesessen wär.", zischte er dann wutschnaubend und schmiss den Glimmstängel mit kraftvollem Ausholen in die Ferne.
Oh ja, wenn doch bloß.
"Verdammt, sag was!". Er war leise, wegen Tom. Oder für Tom. Aber er war definitiv sauer. -Auf sich selbst.
"Du bist ein Nichtsnutz, wenn du es nur sagst, was für ein Idiot du bist. Du musst es verstehen." Er hielt inne. "Du musst verstehen, akzeptieren und Entschlüsse fassen."
"Wie meinst du das?" Seine Augen entspannten sich einwenig und seine Muskeln wurden weicher.
"Merkst du es nicht, dass du trotz schon einigen Einsichten immer auf derselben Stelle stehst? Wenn du irgendwas an dieser beschissenen Situation ändern willst, dann fang mit dir selbst an.", erklärte ich. Poesie war bei mir eindeutig ein Anzeichen von Schlafmangel. Ich sollte ins Bett. "Wenn ich dich außerdem nach deinem letzten richtigen Gespräch mit Tom fragen würde, hättest du jetzt nicht antworten können."
Er dachte nach, musterte mich und fixierte mich dann noch mehr. "Wann hast du es geschafft mich so kennenzulernen?", fragte er.
"Während der ganzen Freundschaft, Bill, in der du nicht einmal gescheit anwesend warst." Und dann war es wieder schwarz, meine Adern platzten vor so viel Blutdurchschuss beinahe auf und gleichzeitug rutschte mir das Herz in den Magen.
Ein Kuss. Zum Zweiten.
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Fick ihn doch!
Fanfiction"Fick ihn doch!", erwiderte sie flüchtig und nahm das Eis, das auf ihrem Löffel lag, in den Mund. Unter mir riss der Boden ein. Ich starrte sie an und wartete darauf, dass sie anfing zu grinsen und sich über mich lustig machen würde, dass ich ihre W...