Es war ein elendiger Abend. Mehr als Musik hören, langweilen und dabei zusehen wie Jess sich von Bill beknutschen lässt, hatte ich keine weiteren Aufgaben mehr zu erfüllen. Manchmal hörte man Tom nur wie ein hysterisches Meerschwein lachen, absonsten war da nur das Gemurmel der ganzen Menschen. Ich nippte an meinem Drink, der ebenfalls absolut öde war. Ich glaube, selbst Schlafen wäre hier aufregender.
"Hi!", rief plötzlich jemand und ich drehte mich in die Richtung.
Oh nö.
Diese "Mädchen", dessen Namen ich immer noch nicht kannte, liefen auf mich zu. Wie konnten die beiden mit ihren geschätzten 14 schon so absurd gut auf den High Heels laufen?
Ich stellte mich wieder zurück an den Tisch und lehnte meinen Ellenbogen an. Wie viel Uhr hatten wir überhaupt?
"Bonjour.", strahlte die Freundin der Wahnsinnigen. Ich glaube beide hatten schon einiges an Trinken hinter sich.
"Hey.", murmelte ich nur und stocherte mit dem Strohhalm in der Flüssigkeit herum.
"You are Bills Make-Up Artist, right?"
"Hm.", nickte ich und schielte zu Bill. Gott, arbeitete er bei ihr als Make-Up-Entferner? Das war ja widerlich.
"And-" Sie lachte. "-did you ever fucked him?"
Ich rührte mich nicht und nur meine Augen wanderten zu ihr. Sie sah total neugierig und hippelig aus. Wussten eigentlich ihre Eltern, dass sie hier war? Vielleicht hatte sie ja gar keine Eltern. Ich jedenfalls würde mein Kind nie auf sowas losschicken. Aber ist nicht mein Problem.
"No. Why are you asking?"
"What?" Ohje. Ihr wären beinahe die Augen rausgefallen.
"You are his Make-Up-Artist. Hellooo?" Sie winkte vor meinem Gesicht herum. Hatte sie Hemmungen?
"And his best friend.", fügte ich kleinlaut hinzu und drehte mich zurück zu Bill. Sie war plötzlich so still, dass ich dachte, ihr Atem hätte ihr die Tür zum Tod geöffnet.
"What?!", jetzt war sie laut. Zu laut. Alle drehten sich um. Nein gut, aber Bill und das hatte gereicht um mir den Puls ansteigen zu lassen. Ich drehte mich zu dem Mädchen und presste meine Kiefer aneinander.
"Shut up. Okay?", brummte ich ihr zu.
"But-"
"No! Stop talking!" Taub war sie auch noch, oder was? Sie kam mir näher und hielt leicht die Hand vor dem Mund.
"Do you wanna fuck him yet?"
"Psht!"
"Yes, do you?", fragte jemand anderes. Und mit jemand war niemand neues gemeint.
Ich hasse dich, Mädchen.
Ich drehte mich um und begegnete diesmal anstelle eines Grinsens nur einem standhaften Blick, bis kurzzeitig die rechte und gepiercte Augenbraue hochzuckte.
"Ganz bestimmt nicht.", antwortete ich kratzig.
"Bill, Hasipupsi!", rief Jess in unsere Richtung und ich blickte zu ihr. Sie zog langsam hier ohnehin schon kurzes Kleid hoch und grinste lustvoll. Eins war mir klar, vom französischen Akzent hatte ich definitiv genug für den Tag.
"Und jetzt geh zu Jess, Mann." Meine Stimme brach. Gottverdammt, was war los mit mir? Meine Periode hatte ich eigentlich schon letzte Woche. Er blieb stehen und seine Gesichtszüge zuckten nicht einmal.
"Geh!" Er regte sich nicht. Ich hatte das Gefühl angestarrt zu werden. Zumindest angeschielt.
"Verfickte Scheiße." Mir entging es eher als lauter Gedanke und ich ging, als ich bereits erste Tränen auf der Wange wahrnahm, ins Lobby. Ich verbrachte Stunden in meinem Zimmer immer wieder schwankte meine Stimmung und ich brach mehrmals im Schluchzen aus. Irgendwann klopfte es dann an der Tür.
"Hey." Es war Jou. Schweigend setzte sie sich neben mich und allein ihre Nähe fühlte sich gut an. Sie zog mich in eine Umarmung.
"Alles wird gut.", hauchte sie. Ich schniefte.
Werd' erwachsen, Nancy.
"Nein, eben nicht. Aber egal." Sie schaute mich abwartend an. Ich seufzte. "Er hat mich geküsst." Begeistert war sie nicht, sie legte ihre Handfläche auf die Stirn und schloss für einen Moment die Augen, nur um mich anschließend mit verzweifeltem Blick anzustarren.
"Hör zu, das war eine scheiß Idee von mir mit dem Spielchen mitspielen." Oh ja, das war es.
"Nein. Eigentlich war das zugegeben ziemlich aufregend. Aber mir ist aufgefallen, dass es da freundschaftlich wirklich nichts mehr zu retten gibt. Ich habe mich sogar zusätzlich da rausgebracht, indem ich dieses dämliche Spiel angefangen habe. Ich hab die Arschkarte gezogen, er ist einfach dabei mich ins Bett zu bekommen und ich krieg es nicht hin mich dagegen zu wehren."
"Warum?"
"Ich krieg weiche Knie, wenn er so nah an mir steht, verdammt."
Sie hob ihre Brauen. "Du willst aber nicht ernsthaft deine Jungfräulichkeit an ihn abgeben."
"Nein!", entgegnete ich schnell. Beim zweiten Mal Überlegen reagierte ich ruhiger. "Nein, auf gar keinen Fall."
Früh morgens, als die letzten Gäste weg waren und Bill und Jess sich in sein Zimmer verzogen hatten, waren es Jou, Tom und ich, die versuchten zumindest einwenig Chaos beiseite zu schaffen. Der Besitzer des Hotels war ohnehin ja schon unbegeistert von uns und unserem Radau. Tom aber stolperte jedes Mal fast über seine eigenen Füße und mittlerweile wurde sein Zart zu Aggressiv und er begann ständig genervt aufzuseufzen.
"Hat dir Tom mal was gesagt? Über seine Probleme geredet, oder so?", fragte Jou vorsichtig. Ich schüttelte mit dem Kopf.
"Der macht mir wirklich Angst. In letzter Zeit höre ich ihn am Telefon auch nur noch angetrunken. Ich mag das eigentlich nicht." Da fielen mir die vielen Bierflaschen von letzter Nacht ein und das Bier von letztem Morgen. Ach, und mit ihm reden wollte ich eigentlich auch noch.
"Mir ist es auch aufgefallen.", murmelte ich nur. Er schmiss einen Tisch um. Mit Tischen hatte er es echt drauf. Der Haufen Glas im Wohnbereich war übrigens immer noch nicht weg.
"Tom!", rief Jou und lief auf ihn zu.
"Tom, beruhig dich bitte."Er riss die Arme von ihr weg und kippte dabei beinahe um. Irgendwie ganz schön unheimlich. "Lass misch!", zischte er. Viel zu laut. Jou murmelte wieder leise was, das ich nicht verstand.
"Was mein Proplem is'? Bill is' mein Proplem, Mann, ey!", rief er und spuckte dabei. Wieder antwortete sie leise. Ich beobachtete sie dabei.
"Isch hap einfach kein Bock mehr! Einfach escht! Lasst misch alle!" Jou seufzte kurz und senkte den Kopf.
"Ehrlisch Mal! Wenn Bill auf die Band scheißt, dann kann isch das auch! Isch steige aus!" Mir blieb ein Kloß im Hals stecken.
"Nein, das meinst du doch gar nicht ernst.", beruhigte Jou ihn weiter.
"Und ob! Isch hab die Fahrt nach Hause gebucht! Das war's!"
Was zur Hölle?
DU LIEST GERADE
Fick ihn doch!
Fanfiction"Fick ihn doch!", erwiderte sie flüchtig und nahm das Eis, das auf ihrem Löffel lag, in den Mund. Unter mir riss der Boden ein. Ich starrte sie an und wartete darauf, dass sie anfing zu grinsen und sich über mich lustig machen würde, dass ich ihre W...