Kapitel 15

66 15 0
                                    

--- Lexa ---

Ohne großen Abschied standen sie beide auf und räumten ihre Schüsseln weg. Aine verschwand in ihr Zimmer während Lexa auf den Dachboden ging. Sie lies die meisten Bücher links liegen. Lief zu dem Ständer und zog das Tuch fort. Dort lag es. Das Hexenbuch mit den Geheimnissen ihres Zirkels. Vorsichtig legte sie ihre Hand darauf. Doch wie zu erwarten leuchtete es nicht auf. So sehnlich wie schon lange nicht mehr wünschte sie sich, sie könnte zaubern und den selben Spruch wirken wie Aine. Ihre Meisterin rufen und mit ihr reden. Es war so lange her. Bilder mischten sich in ihrem Kopf. Dort wie sie bei all diesen Hexen in Lehre ging. Bei ihnen aufwuchs und dort der Anblick auf dem Hexenhügel als sie all ihre lieben Tod vorfand. Abgeschlachtet. Damals war Lexa bereits machtlos gewesen. Verbannt. Noch einmal hob sie den Blick und zog das Tuch wieder über das Buch ehe sie zu einer Kiste ging. Dort waren viele der Zaubertränke, die sie gesammelt hatte. Sie hatte die Tränke gesammelt, damit sie nicht in die falschen Hände gerieten. Sie waren teils mächtige Tränke deren Bedeutung Lexa Stück für Stück erarbeitet hatte. Ihre letzte Möglichkeit um nützlich in dieser Welt zu sein. Sie selbst konnte sie ohne Magie nicht herstellen. Ohne Tränke hätte sie Ivan nicht retten können, doch ihr Vorrat würde nicht ewig halten. Wie viel konnte sie noch bewirken, bevor ihr auch diese letzte Quelle der Möglichkeiten versiegte? Sollte sie Aine lehren wie man diese Tränke produzierte damit sie selbst kämpfen konnte? Sie schüttelte unbewusst den Kopf. Aine war noch nicht soweit. Sie musste erst lernen ihre Macht unter Kontrolle zu halten egal wie wütend oder ängstlich sie war. Sie musste Schutzbänne lernen. Kampfzauber. Es gab so vieles das Aine lernen musste bevor sie Tränke lernen konnte. Tränke herzustellen brauchte genauso viel Geduld wie Zeit. Man musste Zutaten lernen. Pflanzen erkennen und verstehen wie viel Magie man wirken durfte bevor man den Trank zerstörte. Ohne die Kiste angerührt zu haben lies sie diese stehen und lief zu einem Haufen an Kisten, die sie in eine Ecke gestapelt hatte. Dort waren noch viel mehr Bücher. Alle, die sie gesammelt hatte. Doch sie kramte eine ganz kleine Kiste hervor. Auf ihr lag der dickste Staub. Langsam öffnete sie den Deckel und zog ein Bild hervor und die silberne Kette, die sie früher immer getragen hatte. Sollte sie endlich von der Vergangenheit loslassen und das alles loswerden? Sie hob das Bild vor sich und blickte darauf. Zwei Personen, die glücklich zu ihr blickten. Eng aneinander geschlungen. Dagegen war dort der reservierte Blick, als er sie zum Schloss getragen hatte. Sie musste endlich loslassen. Weitermachen. Die Vergangenheit vergessen. Aine war wie ein Neuanfang und es war Ivan, der ihr das ermöglicht hatte. Sein Abschiedsgeschenk, weil er nicht mehr ihre Familie sein konnte. Sie dachte darüber nach das Bild in den Kamin zu werfen, doch sie stockte. Legte es zurück in die Kiste und versteckte sie wieder tief unter dem Stapel an Pappkarton, ehe sie sich abwandte und den Dachboden verließ.

--- Aine ---

Aine lies sich auf ihr Bett sinken und zog die Beine an. Das war sie also, die Wahrheit über das Liebesleben ihres Onkels. Obwohl er ihr so wichtig war, hatte sie nichts davon gewusst. Sie hatte ihn selber darauf angesprochen und gemerkt das da etwas zwischen den Beiden war, doch das ging weit darüber hinaus was sie erwartet hatte. Sie hatte an eine stinknormale Beziehung gedacht die schief gegangen war. Doch das mit der Bluthochzeit klang so einzigartig. So endgültig und trotzdem war ihre Liebe zerbrochen. Gedankenverloren zog Aine ihr Handy hervor und starrte auf den Hintergrund der sie selber zeigte. Ohne es verhindern zu können, klickte sie auf ihre Kontakte und tippte den Namen ein. Kai. Sie dachte an diese Nacht. Sie hatten sich gerade einmal zwei mal getroffen. Trotzdem hatte er irgendetwas in ihr verändert. Es war als wäre die Welt eine andere, wenn sie ihn traf. Ihr Herz schrie sie an ihn anzurufen, oder ihm zu schreiben, doch sie zögerte. Noch am nächsten Tag hatten sie geschrieben. Belangloses. Doch dann hatte er plötzlich geschwiegen. Irgendwas ging in seinem Leben vor zu dem sie keine Verbindung hatte und dann war ihre eigene Sorge um Lexa gewachsen. Was wusste sie schon über diesen Kerl? Den Soldaten. Ihr Mal hatte auf ihn reagiert und seine Art um seine Arbeit drum herum zu reden. Das er nicht trank. War er Jäger? War er einer von denen, die versuchten ihren Onkel zu töten? Allein der Gedanke zerriss sie, als sie sich vorstellte wie sie auf ein Schlachtfeld lief. Kai auf der einen Seite und ihr Onkel auf der anderen. Sie hilflos dazwischen. Verwirrt von den Gefühlen in ihr schaltete sie das Handy wieder aus und lies es auf ihr Bett gleiten. Sie musste erst einmal ihre Gefühle sortieren bevor sie sich meldete. Außerdem gab es jetzt wichtigeres. Sollte sie Lexa helfen an ihre Kräfte zu kommen, obwohl Lexa eine Verbannte war. Schwarze Magie gewirkt hatte. Lexa war verbittert und wütend. Würde die alte Hexe mit ihrer Macht durchdrehen? Für einen Moment versuchte sich Aine vorzustellen wie Lexa früher war. Eine Hexe, die über Rassen hinweg dachte. Mächtig war. So mächtig, das das ganze Land sich vor ihr fürchtete. Eine Hexe, die voller Liebe eine untrennbare Bluthochzeit einging. Zu gerne hätte Aine diese Lexa kennen gelernt. Wenn Lexa ihre Kräfte hätte, würde sie ihr all das beibringen? Zauber aus diesem Buch. Alles in Aine schrie auf aufzustehen und zu dem Hexenbuch zu gehen. Mehr davon zu lernen. Es war so dick gewesen. So viel das sie lernen könnte. War der Zauber darunter nach dem sie sich so sehr sehnte? Lexa hatte von einer Projektion gesprochen mit der sie Ivan besuchen ging. Einen Bann mit dem Ivan ihren Geist rufen konnte. Würde Lexa ihr das alles beibringen? War Lexa früher wie sie gewesen? Konnte es nicht abwarten den nächsten Zauber zu lernen. Aufregung, die einen erfüllte wenn man sich all die neuen Möglichkeiten vorstellte, die die Zauber einem bieten konnten. Wie war es all das zu verlieren in nur einem Augenblick mit nur einem Fehler? Aine wünschte sich für ihre Lehrerin wieder so werden zu können wie früher. Doch war das noch möglich? Dann aber dachte sie an das was Lexa ihr gerade gesagt hatte. An das wie sie es erzählt hatte. Hatte ihre Meisterin nicht.. anderst gewirkt?Offener? Vielleicht stolzer? Langsam sackte Aine zur Seite und zog ihr Kopfkissen heran. Da waren noch immer so viele Fragen in ihr und die Antworten lagen in so weiter Ferne. Schienen unerreichbar. Wie sollte sie so entscheiden? Überfordert starrte sie an die Wand, ehe sie langsam in einen traumlosen Schlaf eintauchte.

Slomanyye I - The Last WitchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt