Kapitel 7.1

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Die ganze Nacht hatte Aine an die Decke ihres Zimmers gestarrt und sich gefragt, wie sie Lexa jetzt begegnen sollte. Sie war zu keinem Ergebnis gekommen, als ihr Wecker klingelte und verriet das sie normalerweise jetzt aufstand um Kaffee zu machen. Das Lexa auch normalerweise bald aufstand. Konnte Aine da jetzt einfach herunter gehen und so tun als wäre nichts gewesen? Sie hatte die Zeit der Nacht genutzt. Überlegt ob sie so weitermachen wollte. Ihr Ergebnis war: Sie hatte noch immer das Ziel ihre Mutter zu retten und diese Lehre war vielleicht ihr einziger Weg dazu. Es ging ihr nicht schnell genug. Doch würde sie jetzt Lexas Seite verlassen und irgendwo alleine versuchen ihre Magie zu lernen. Szenen wie gestern mit der Kerze würden sich wiederholen und dann war keine Hexe da, die ihr eine Klatschte um sie zu beruhigen. Dann könnte sie vielleicht jemanden verletzten. Doch würde Lexa sie weiter lehren? Aine hatte das Gefühl das Lexa gestern einen Schmerz preisgegeben hatte, den sie sogar vor sich selbst verheimlichen wollte. Was war, wenn der alten Hexe Aines Fragen zu viel wurden? Quälend langsam stand Aine auf um sich anzuziehen. Mit jedem Kleidungsstück wurde ihr Herz schwerer. Trotzdem verließ sie tapfer ihr Zimmer und roch direkt den Duft frisch gebrühten Kaffees. Fassungslos öffneten sich ihre Augen, ehe sie wie von der Tarantel gestochen die Treppen hinabflitzte. Erst am Türrahmen der Küche blieb sie stehen nur um niemanden zu sehen. Ihr Herz wurde ihr schwer. Hatte Lexa versucht ihr so aus dem Weg zu gehen? War ihre Lehre jetzt wirklich vorbei? „Aine. Komm bitte ins Wohnzimmer." Verwirrt hob Aine den Kopf. Hatte sie Lexa gerade bitte sagen hören? War das jetzt wirklich ihr aus? Würde sie Aine jetzt höflichst von hier vertreiben? Aines Herz gefror regelrecht in ihrem Inneren, als sie den Türrahmen losließ um zum anderen zu laufen. Wie betäubt trat sie ins Wohnzimmer und dort saß sie tatsächlich. Ein völlig verschlossener Blick und eine Hand, die sie bat auf dem Sessel platz zu nehmen. Die Tasse Kaffee stand auf dem Couchtisch. Tapfer schleppte Aine sich weiter ehe sie sich setzte und eine seltsame Stille entstand. Aine versuchte irgendetwas in dem Blick der Hexe zu verstehen, doch sie sah nichts. Es war als blickte ihr nicht mehr entgegen als die grimmigen Hexe, die sie damals im Blue Lagoon schon abgewiesen hatte. Lexas gesamte Ausstrahlung war eisig geworden. „Lexa ich." Fing Aine an, doch wieder hob sich Lexas Hand und so verstummte die junge Hexe. Versuchte noch immer die Situation zu verstehen als Lexa auch schon wieder fort blickte. „Du wolltest wissen was passiert ist." Dieser Satz kam so schlagartig. So unerwartet das Aines Augen wieder aufrissen. „Wohin all die Hexen verschwunden sind. Wo mein Zirkel ist. Die Antwort ist, sie sind Tod. Allesamt aus der Welt ausradiert von den Jägern. Genauso wie manch anderes übernatürliches Wesen." Sie waren Tod? Aines Augen blieben weit offen, während sie fassungslos Lexas Worten lauschte. Aine dachte sie hatte gestern eine Grenze überschritten und jetzt öffnete sich die Hexe? „Diese Säuberung haben sich die Hexen, Vampire und Werwölfe selber zuzuschreiben. Es sind jetzt die Jäger, die den Ton angeben. Ehemalige Menschen, die stark genug waren mit den übermächtigen Kreaturen mitzuhalten. Vor der Zeit der Säuberung herrschte eine Zeit des Krieges zwischen allem Übernatürlichen. Die Menschen wurden die hilflosen Spielbälle in diesem Krieg. Bis die Menschen sich zu wehren lernten und gegen die Wesen vorgingen und all der Hass, der sich über Jahrhunderte gesammelt hatte, entlud sich. Vampire können leicht unter Menschen untertauchen, wenn sie Regeln befolgen. Bis auf Vollmond wirken Werwölfe vollkommen normal, wenn sie sich nicht verwandeln, aber Hexen konnten ihre Magie nicht so einfach verstecken. Es gibt Steine, die auf Hexen reagieren." Lexa beugte sich vor mit einem Tuch in der Hand. Sie schlug es auf bis ein schwarzer Stein zum Vorschein kam, der auf diesem reich verzierten Taschentuch lag und leicht vibrierte. „Die Obsidian offenbaren unsere Macht und das haben die Jäger herausgefunden und gegen die Hexen verwendet. Die mächtigsten Zirkel hätten den Jägern stand gehalten, doch sie fielen als eine der Ersten. Es war ein altes Ritual der Hexen sich zur Walpurgisnacht zu treffen um Rat zu halten. Alle Mächtigen waren vereint. Was sollte ihnen passieren? Sie waren überzeugt ihnen könnte nichts zustoßen. Ein Irrtum." Aine starrte sprachlos zu Lexa während diese kurz stoppte. Noch immer war ihr Blick verschlossen, doch Aine wusste es seit gestern. Das all das hier zu erzählen für Lexa nicht einfach war. Das sie es unter größter Mühe tat. Deswegen sah die Ältere wieder fort. Hinaus aus dem Fenster, während sie scheinbar endlich die Kraft fand weiterzusprechen. „Die Vampire und Werwölfe taten nichts um den Hexen zu helfen. Ließen sie sterben, jagten sie sogar selbst und halfen den Jägern." Aine hielt einen Moment die Luft an. Die Geschichte war furchtbar, aber eine Frage hatte sie noch. „Wo warst du in dieser Zeit? Wie bist du ihnen entkommen? Und wie konntest du diese Steine austricksen?" Aine verzog das Gesicht. Die Vampire hatten die Hexen also hintergangen und ihrem Schicksal überlassen. Ivan war ein Vampir. Ob er wohl dabei geholfen hatte? War das der Grund wieso Lexa seinen Namen nicht mehr hören wollte? "Dahinter ist kein Trick Aine. Ich kann keinen Stein austricksen und das ist auch der Grund warum ich damals in dieser Nacht nicht dort war. Ich hab es dir bereits gesagt. In mir ist keine Magie mehr. Ich könnte nicht einmal mehr einen Kartentrick vor zaubern. Geschweige denn eine Kerze anzünden.." Stille legte sich über die zwei Frauen, während Lexa den Stein wieder in das Tuch hüllte und in die Hosentasche steckte. Mit einem Mal sah Aine Lexa in einem neuen Licht. Nicht weil sie jetzt herzlicher wirkte als die Wochen zuvor, sondern weil sie etwas preis gegeben hatte. Etwas das ihr Schmerz bedeutete und nur, um es Aine zu erklären. „Tut mir leid ich habe um Hilfe gebeten und am Ende verhielt ich mich Unmöglich... obwohl du... Danke..." Lexa sah überfordert drein, während Aine sie versuchte dankbar anzusehen. Langsam verschwand die Leere aus Lexas Augen und etwas verschlossenes kehrte zurück. „Du hast nach deiner Mutter gefragt." Aine schluckte augenblicklich während Lexas Augen sie diesmal fanden. Diesmal wich die Ältere nicht Aines Blick aus und Aine gab sich alle Mühe es ebenfalls nicht zu tun. „Um ehrlich zu sein. Ich war lange nicht mehr am Geschehen beteiligt Aine. Ich weiß wirklich nicht was in deinem Dorf passiert ist oder warum ihr angegriffen wurdet. Es wäre traurig, aber vielleicht war euer Dorf einfach nur zwischen zwei Fronten geraten. Das kommt öfter vor als man denkt." Man hörte an Lexas Stimme das sie froh war das Thema fort von ihrer eigenen Geschichte zu lenken. Auch Aine wollte das Thema wechseln, weil diese Erinnerung noch immer etwas war, das sie nicht sehen wollte. Sich nicht daran erinnern wollte. Also blickte Aine auf den Tisch. Auf den Kaffee, der dort anstelle der Kerze stand. „Werde ich es wirklich lernen.. Zaubern ohne Gefühle?" „Wenn du Geduld hast dann ja." Erklang eine ruhige Antwort und Aine krallte ihre Hände in ihre Hose. „Und du wirst mich weiter lehren?" Aine hörte kurz ein Schnauben, doch noch immer wagte sie nicht ihren Blick zu heben. „Ich habe es geschworen oder nicht?" Erst jetzt wurde es Aine wieder bewusst. Das Eintrittsritual mit dem magischen Zirkelbuch. Nicht nur sie hatte geschworen. Auch Lexa. Hieß das, Lexa würde sie lehren, egal wie verletzt sie war solange Aine sich an die Regeln hielt? Ein Lächeln stahl sich auf Aines Gesicht als sie aufblickte. „Lexa? Ich bin doch jetzt auch ..in deinem Zirkel?" Die Brünette mit dem Long Bob sah verlegen drein. Sie fand die Vorstellung schön nicht mehr allein zu sein. Lexa zögerte. „Es war nur ein Eintrittsritual... ein vollwertiges Mitglied zu sein muss man sich verdienen. Außerdem ist es unsinnig bei zwei Leuten." Aine schüttelte sofort den Kopf. „Finde ich nicht. Also das mit dem verdienen kann ich akzeptieren, aber unsinnig ist es nicht. Vielleicht gibt es ja noch mehr wie mich dort draußen." Kurz sah Lexa unbeholfen aus. Ihr Blick wurde wieder leer und fern ehe sie einfach aufstand. „Ich habe über deine Lehre nachgedacht." Mit diesen Worten verschwand sie und ließ Aine wie so oft allein zurück. Nur um mit einem Eimer zurückzukommen. Verwirrt beobachtete Aine Lexa nur um den Eimer kurz darauf auf dem Couch Tisch wiederzufinden. Verwirrt blickte sie hinein und ihr Herz rutschte ihr in die Hose als sie eine Kerze auf dem Boden des Eimers sah. Ein Eimer voll gefühlt mit Wasser. „Nein.." Entwich es ihr völlig verdattert. „Oh doch. Du bist zu talentiert. Du entzündest die Kerze zu schnell und so ist der Moment zu kurz bis du fühlen kannst, was Gefühl und was Magie ist. Also wirst du jetzt versuchen die ins Wasser getunkte Kerze zu entzünden." Aine blickte noch immer in den Eimer hinein, ehe plötzlich ihr Magen grummelte. Peinlich berührt blickte sie auf, doch da griff Lexa gleichgültig nach ihrer Kaffeetasse. „Nach dem Frühstück." Dann stand sie auch schon auf, während Aine noch einmal zu dem Eimer blickte. Das sollte doch ein Scherz sein... Dann aber folgte sie Lexa brav, jedoch hatte sie zuviel gehört um sich jetzt glücklich den Magen vollzustopfen. Ihr Ausraster gestern, genauso wie diese ganze Geschichte über die Hexenjagd heute beschäftigten sie und auch Lexa wirkte in ihre Gedanken versunken. So wurde es ein ruhiges Frühstück ehe sie sich beide wieder im Wohnzimmer einfanden. Stille legte sich über sie während Aine in den Eimer hineinstarrte und gleichzeitig an gestern dachte. Als sie vor lauter Frust die Kerze ausversehen davongschleudert hatte. Was würde diesmal passieren wenn sie die Kontrolle verlor? Explodierte dann der Eimer? Als hätte Lexa ihre Gedanken gelesen, stellte sie plötzlich das gelbliche Hexengas in Aines Sichtweite. „Auch die Angst zu ertragen ist Training. Egal wie oft das nötig ist. Vergiss das niemals." Verblüfft blickte Aine auf und graue Augen erwarteten sie. „Danke." Sagte Aine ehrlich. Für einen Moment wirkte Lexa überfordert mit diesem Wort und als wollte sie das überspielen zeigte sie auf den Eimer. „Diesmal wirst du dich lange konzentrieren und stärkere Gefühle verwenden müssen. Tu es erst, wenn du soweit bist." Sofort nickte Aine. „Jawohl!" Und für einen Moment schlich sich ein Lächeln auf ihre Lippen.

Slomanyye I - The Last WitchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt