Kapitel 2

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Es gab diese Menschen, die Morgens aus dem Bett sprangen, obwohl sie den Tag zuvor getrunken hatten wie Verrückte und Aine war einer von diesen Wahnsinnigen. Als ihr Wecker um 11 klingelte, öffnete sie ihre grünen Augen sofort. Sie konnte fühlen, das ihr Körper geschlaucht war und ihr Kopf sich drehte, doch das spielte keine Rolle. Ihr Onkel würde heute endlich wieder kommen und sicher wartete ihre Mutter schon mit einem traumhaften Sonntagsfrühstück auf sie. Aber das erste das sie tat war, ihre Hand unter dem Laken hervorzuziehen und auf die Haut zu starren. Sie starrte so lange dorthin das sie sich das Gold vermutlich auch einbilden könnte, doch da war kein Gold. Ihre Haut sah so normal wie immer aus, also schlug sie die Decke fort und schwang sich aus dem Bett. Aine hatte gestern Abend noch nach dem Feiern geduscht, doch sie brauchte jetzt dringend noch eine. Eine frische Kühle, die ihr half aufzuwachen. Also öffnete sie ihren Kleiderschrank um ein paar Dinge auszuwählen und damit bewaffnet das Zimmer Richtung Bad zu verlassen. Kurz blieb sie schmunzelnd stehen. Im Erdgeschoss war ihre Mutter zu hören wie sie in der Küche hantierte und dabei eines ihrer absoluten Lieblingsschlager summen. Für einen Moment lauschte Aine dem Klang. Ihre Mutter hatte eine wirklich schöne Stimme. Nicht nur einmal hatte Aine sie dafür beneidet. Als sie noch kleiner war, hatte Ruby immer Gute-Nacht-Lieder für Aine gesungen. Aines junges Ich hatte dann krampfhaft versucht nicht einzuschlafen, weil sie mehr hören wollte. Es hatte nicht funktioniert. Lächelnd lief Aine endlich weiter und verschwand unter die Dusche. Nach ihrer ausgiebigen Morgenroutine trat sie frisch und munter aus dem Zimmer. Die Restmüdigkeit war verschwunden und so lief Aine die Treppen hinab, aber nicht ohne bei jeder spiegelnden Oberfläche stehen zu bleiben und nach etwas schimmernden Ausschau zu halten. Sie hatte kaum das Erdgeschoss erreicht als ihre Mutter aus der Küche heraus gestürmt kam. „Aine, Engelchen! Alles Liebe zum Geburtstag!" Überfiel ihre Mutter sie und drückte das Geburtstagskind fest an sich und Aine erwiderte diese Geste nur all zu gerne. „Guten Morgen Mam. Danke." Mit ihrer Mutter schwang der Geruch nach Frühstückseiern und einem dampfenden Apfelkuchen mit. Allein bei dem Geruch lief Aine das Wasser im Mund zusammen. „Und wie war es gestern?" Fragte Ruby fröhlich und lies endlich von Aine ab nur um sie mit einem Schritt Abstand zu betrachten. „Richtig schön. Wir waren im Theatro und sie haben Reaggeton gespielt." „Das war dieses Latina Zeug richtig?" Ruby musterte Aine ehe sie die Hand hob und Aines Haare berührte. „Oh das sieht ja richtig süß aus Aine." Süß.. Das war nicht ganz was Aine hören wollte, aber für ihre Mutter würde Aine wohl immer das kleine Engelchen bleiben. Egal wie alt sie wurde. Also ignorierte sie diesen Kommentar einfach. „Ja genau! Latina ist super. Es war richtig gute Stimmung und wir haben bis in die Morgenstunden getanzt! Aber Mam?" Ruby, die noch immer die Haare betrachtete, stoppte damit endlich und sah dann zurück in Aines Augen. Für einen Moment konnte man es in ihrem Gesicht arbeiten sehen. „Oh du hast sicher Hunger, wenn du die ganze Nacht getanzt hast. Na komm! Das Essen ist fertig. Ich hab mich heute wieder selbst übertroffen. Frühstückseier dazu frisch aufgebackenes Brot und Lachs. Wie klingt das?" Fragte Ruby während sie sich schon wieder abwandte und Richtung Küche verschwand und Aine ihr artig folgte. „Als würde ich dick werden!" Rubys Lachen war zu hören als Aine die Küche betrat und es genau war wie Ruby meinte. Der Tisch war längst gedeckt. Ruby hatte sich alle Mühe gegeben alles wunderschön aussehen zu lassen. Mit Tellern, Besteck, Blumendeko, Luftballons, einem Banner das Happy Birthday verkündete. Das Brot dampfte noch, die Butter stand bereit. Hier und dort waren kleine Platten auf denen der Fisch und die Spiegeleier darauf warteten, genossen zu werden. Salz- und Pfefferstreuer waren zwei Figürchen die sich umarmten. „Mam!" Rief Aine sprachlos aus ehe sie ihre Augen endlich von dem Anblick löste und in Rubys stolzes Gesicht blickte. „Na gut geworden oder?" Statt einer Antwort kam Aine zu ihrer Mutter und drückte sie fest. „Es ist wunderbar danke." Wie zur Bestätigung begann ihr Magen zu knurren und die beiden Frauen sahen sich einen Moment an ehe sie lachten und sich auf ihre Plätze setzten. „Oh warte, ich kann es jetzt!" Warf Ruby noch schnell ein und wandte sich um. „Alexa, spiel Reaggeton!" „Ich spiele Reaggeton." Antwortete die kleine Kugel und einen Augenblick später wurde der Schlager von den taktvollen südländischen Klängen ersetzt, während Aine sich ihren Teller bereits füllte und das erste Brot mit Butter beschmierte. Sie beobachtete wie auch Ruby anfing ihr Essen herzurichten. Innerlich aber war sie gar nicht so sehr bei dem Essen sondern bei der Frage, die sie überlegte zu stellen. War das goldene Leuchten Einbildung gewesen? Allerdings, da waren dieser Barkeeper und die Passantinnen gewesen. Auch die hatten es gesehen... Wüsste ihre Mutter etwas? Es war seltsam das Aine, je länger sie hier saß und das köstliche Essen genoss, immer mehr an ihre Kindheit zurückdachte. An all die Geschichten, die ihre Mutter ihr über die mächtigste Hexe erzählt hatte.

~~~ Vergangenheit ~~~

Das Lachen eines kleinen Mädchens erfüllte das Wohnzimmer, das eine Fernbedingung wie einen Zauberstab schwang. Den kleinen Körper mit dem lockeren rosa Tütü ihrer Mutter geschmückt, hüpfte sie von Kissen zu Kissen. Ihre grünen Augen funkelten vor Freude. „Pilli Pilli Popalora Popalu! Mama hab mich lieb!" Lächelnd hob ihre Mutter die Hand und hielt sie sich vors Herz, als wäre sie getroffen worden ehe sie los eilte und die Kleine in deren Sprung auffing. Ruby knuddelte ihre Tochter fest an sich und küsste der Kleinen mehrfach das Haar, während Aine fröhlich quiekte. „Mama!" Rief sie auf, als Ruby begann ihre Tochter mit Küsschen zu überhäufen. „Pilli Pilli Popalora Popalu! Engelchen gib mir einen Kuss!" Sprach nun Ruby den Zauberspruch, den Aine in einer ihrer Kinderserien Namens Doremi gelernt hatte. Das kleine Mädchen war verrückt danach. Sofort befolgte Aine den Zauber und schenkte ihrer Mutter einen Kuss auf die Wange. Sie teilten Beide die nussbraunen Haare, doch anstelle der grünen hatte Ruby warme braune Augen, die vor Liebe für ihre Tochter sprühten. „Mama Mama! Wenn ich groß werde, möchte ich auch Hexe werden!" Ruby sah ihre Tochter lächelnd an. „Eine Hexe also?" Fragte die Brünette und setzte sich mit Aine auf den gemütlich Teppich. „Ja die mächtigste Hexe, die es jemals gegeben hat!" „Oho die Mächtigste, die es je gegeben hat? Da hast du dir etwas vorgenommen! Soll ich dir von der mächtigsten Hexe erzählen, die es je gegeben hat?" Die Augen des kleinen Mädchens wurden riesig. „Die Mächtigste? Mama du lügst! Es gibt keine Hexen!" Rief sie aufgebracht, während im Hintergrund das Feuer im Kamin knisterte. Ruby aber lächelte sanft weiter. „Und wenn es sie gab, aber sie verschwunden sind?" Aines Sicherheit schwand langsam dahin. „Wohin verschwunden?" Ruhiger geworden setzte sich Aine zu ihrer Mutter und wartete geduldig, während Ruby in das Feuer blickte, dessen roter Schein über ihrem Gesicht schimmerte. „Wohin verschwunden, mh... weißt du. Einst war die Welt voller Hexen. Hexen die Kerzen anzündeten, Hexen die Zaubertränke verkauften, Hexen die deine Zukunft vorhersagten, Hexen die Berge versetzten und Hexen die aus Regen strahlenden Sonnenschein machten. Die Welt war voller Magie und Wunder. Eines dieser Wunder war die mächtigste Hexe, die jemals gelebt hat. Gab es Ärger zwischen den Ländern, gab es Kriege oder Missverständnisse. Es war sie, die auftauchte wenn alles verloren schien. Tauchte sie auf, erhellte allein ihre Macht die dunkle Zeit der Menschen. Hoffnung breitete sich in ihnen aus, den sie wussten, das die mächtigste Hexe ihnen Beistand. Nicht um für sie die Schlacht zu führen, sondern um den Krieg zu beenden. Um das Missverständnis zu klären. Um aus Hass wieder Liebe zu machen. Verflossene wieder zu vereinen. Die mächtigste Hexe, die jemals gelebt hatte, wollte das die Welt eine bessere Welt wurde. Sie reiste in von Dürre geplagte Länder um ihnen Regen zu schenken und in Schneegebiete um Wärme zu teilen. Wer so mächtig wird, das man die mächtigste Hexe, die je gelebt hat ist, der kann so viel gutes tun. Möchtest du so viel gutes tun Engelchen? Möchtest du die Welt zu einem glücklicheren Ort machen und Liebe verteilen?" Aine sprang sofort wieder auf ihre kleinen Füßchen. „Ja! Pilli Pilli Popalora Popalu! Mama sei glücklich!" Ruby sah Aine kurz verwundert an, ehe sie herzhaft lachte und ihre Tochter wieder an sich zog um sie zu knuddeln. „Dafür braucht es keinen Zauberspruch Aine. Du bist mein Ein und Alles!" Wieder erfüllte das Lachen des kleinen glücklichen Mädchens den Raum. Ein Lachen, das ihre Mutter immer und immer wieder mit Liebe erfüllte. Doch diesmal stoppte das kleine Mädchen und sah ihre Mutter wieder mit großen Augen an. „Und wo ist die mächtigste Hexe aller Zeiten jetzt? Wo sind die Hexen hin?" Ruby stoppte und etwas trauriges erschien auf ihrem Gesicht. „Die Hexen fanden einen Feind, der sie verschwinden lies und sie warten nun darauf die zu sein, die gerettet werden. Das wird die Aufgabe sein, wenn du die mächtigste Hexe aller Zeiten werden möchtest Aine." Aines grüne Augen wurden riesig. „Das will ich! Pilli Pilli Popalora Popalu! Hexen seit gerettet!"

~~~ Gegenwart ~~~

Je länger sie darüber nachdachte, desto bewusster wurde ihr das diese ausgedachten Geschichten so viele Details besäßen hatten. War das wirklich alles nur erfunden gewesen? Sie hatte so vieles enthalten, aber niemals einen Namen, deswegen hatte Aine das nicht weiter hinterfragt. Jetzt aber hinterfragte Aine sie. Seit gestern Abend bekam das alles eine neue Bedeutung. So viele Fragen formten sich mehr und mehr in ihrem Kopf. „Sag mal Mama. Diese mächtigste Hexe, die es je gegeben hat." Fing sie an und Ruby hob verwirrt den Kopf. „Wie kommst du denn jetzt darauf?" Aine beobachtete wie Rubys Pupillen sich verräterisch verengten. „Ich hab mich gefragt. Hat sie golden geleuchtet?"


Slomanyye I - The Last WitchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt