Kapitel 4.1

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--- Ivan ---

Ivan war bereits ein paar Schritte weiter gegangen und blieb nun stehen. Er spürte die Kraft bevor er die Stöße aus Wind zu Gesicht bekam, die von Aine ausgingen. Es war ihm als wäre er in der Zeit zurück gereist und genau wie damals, tauchte eine ältere und weisere Hexe auf. In Lexas Fall war Morgana, ihre Hexenmeisterin erschienen. In Aines Fall flog die Eingangstür der schäbigen Bar erneut auf. Putz rieselte zu Boden, wo die Türklinke vom Stoß die Wand getroffen hatte. Doch statt sich darum zu kümmern, eilte Lexa heran. Unter den vielen Lagen an Verbitterung, erkannte Ivan die Sorgen in Lexas Blick. Etwas hatte sich gerade verändert und Ivan wusste noch nicht, was es war. „Warum zur Hölle sagst du mir nicht, wie instabil sie ist!" Fauchte Lexa ihm zu und zwei wütende braune Augen trafen in unvermittelt. Nur mit Mühe und Not, konnte sie den Stein in ihrer Hand davon abhalten, wie ein Geschoss auf Aine zuzufliegen. Die Magie war stark genug um den magischen Stein so sehr zum Schwingen zu bringen, das er begann sich zu erhitzen. Ivan beobachtete fasziniert wie Lexa den brennenden Schmerz ein paar Schritte ignorierte, bis ihre Instinkte gewannen und sie die Hand öffnete. Sofort schoss der Stein davon. Er flog in einer geraden Linie zu Aines Stirn und schien dort wie festgeklebt zu halten. Der Wind stoppte sofort, doch dafür erhitzte der Stein immer weiter. Funken sprühten daraus hervor. Ivan kannte diesen Moment. Aines Magie war zu stark für die ungeübten Kanäle ihres Körpers und ihr schwacher Geist entließ die Magie mit zunehmenden Sog, wie bei der Implosion eines Vakuums. Morgana hatte um Lexas Magie kontrolliert abfließen zu lassen ihren eigenen Körper als „Magieableiter" benutzt und mit ihrer eigenen Magie sich selbst beschützt. Ivan wusste aber das Lexa diese Option nicht hatte. Ihnen blieb keine Wahl, sie musste Aine erreichen und diese irgendwie beruhigen. Ivan hielt sich die Hand vor die Stirn und sah überfordert zu Lexa „Ich sagte doch ...Aine braucht Hilfe .. sie hat bisher wohl kaum gezaubert. Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke das was vor einigen Tagen geschah, war ihre erste Erwachung. Ihre Mutter konnte sie nicht anwenden ... Also was tun wir jetzt?" Er sah zu Lexa und dann wieder zu dem Mädchen. „Aine! Aine Versuch dich zu beruhigen" Versuchte er noch einmal verzweifelt. Lexa aber lief einfach an ihm vorbei und hob die Hand. Ivan blinzelte noch verwirrt, da gab Lexa Aine eine Schelle. Es nützte nichts. Aines Konzentration auf ihre Magie und ihre verheerenden Gefühle brach nicht ab. Ivan blickte Lexa ungläubig an und diese blickte unbeeindruckt zurück. „Es war einen Versuch wert gewesen." Ivans Augenbraue wanderte nach oben. „Was machen wir jetzt?" Wiederholte er mit Nachdruck und Lexas Augen glitten zurück zu Aine. Aines Magieentladung war bereits zu stark. Statt der Anfangs Rothaarigen stand nun die Hexe vor ihm, wie Ivan sie kannte. Blond mit grauen Augen. Ihr Zaubertrank-Trick um ihr Aussehen zu verändern, war zerstört worden. Ivan betrachtete traurig Lexas Aussehen. Wann hatte er sie zuletzt so gesehen? Lexa schien es gar nicht bemerkt zu haben, denn sie sah plötzlich zu ihm. „Ich hab nur eine einzige Idee. Wir müssen sie bewusstlos machen." Ivans Augen weiteten sich erschrocken. Seine Gedanken zu ihrem Aussehen verschwanden schlagartig. „WAS?! Das ist deine Idee? Was passiert dann mit ihrer Magie?" Lexa zuckte mit den Schultern. „Ich kann ihre Magie nicht abfließen lassen. Es würde uns verbrennen. Ihre Macht ist viel zu groß. Wenn sie bewusstlos ist, hört sie auf unbewusst ihre Magie frei zu lassen. Es könnte aber unter Umständen sein, das sich ihre restliche Magie schlagartig entlädt. Das es eine Explosion gibt und danach ist sie eine ganze Weile bewusstlos..." Ivan zögerte und kam vorsichtig näher. „Okay Lexa...geh jetzt weit genug weg, falls es doch nicht klappt okay?" Er wartete und sah zu ihr Lexa. „Ich meine es ernst Lauf!... Du sagtest selbst du weißt nicht was passieren wird..." Er sah sie eindringlich an, doch sie schien sich kein Stück zu bewegen. Ihre Entscheidung stand fest und Ivan verstand einfach nicht was sie davon hatte. Warum wollte sie sich der Gefahr aussetzten? Was nur ging in Lexa vor sich? Er wollte Aine wegbringen und es wo anders versuchen, doch das ging nicht. Die Magie war zu stark. Er konnte sie keinen Millimeter bewegen. Er blickte ein letztes Mal zu Lexa, die ihm ernst zu nickte, ehe Ivan einen bestimmten Punkt bei Aine mit Nachdruck drückte und diese einfach in sich zusammen brach. Stühle und Tische flogen umher. Auch Lexa schleuderte es bei einer Druckwelle fort, doch Ivan fing Lexa gerade noch auf. „Du bist so stur..." Dann blickten Beide zu der bewusstlosen Brünetten. Ivan ließ Lexa los und fing Aine auf, ehe Ivan ein letztes Mal fragte. „Hilfst du ihr jetzt?" Ivans Blick glitt die Straße entlang und dann zu Lexa. Ihre mittlerweile blonden Haare fielen in sanften Wellen ihren Körper entlang. Früher waren ihre langen Haare in einem geflochtenen Zopf gebändigt gewesen. Heute hingen sie einfach an ihr herab, wie ein Schutzwall zwischen ihr und der Welt. Ihre Sturmgrauen Augen wirkten stumpf und leer. Müde von der Welt, in der sie keinen Platz mehr hatte. „Das ist unmöglich. Eine so gewaltige Kraft..." Bemerkte sie während sie die vollkommen verwüstete Straße betrachtete. Es sah aus als wäre eine Bombe explodiert, was gar nicht so weit hergeholt war. Ivan wusste, das sie hier weg mussten und zwar bevor die Polizei kam. Lexa hob den Blick und ihre Augen trafen sich. Ivan musterte Lexa eindringlich, als hoffte er irgendetwas darin zu finden. Etwas wie ja was hoffte er darin zu finden? Doch sie sah einfach wieder weg und hinab zu der Bewusstlosen. Also zwang auch Ivan seine Gedanken fort von Lexa und hinab zu seinem kleinen Schützling. Sie mussten sich beeilen. Die schlagartige Entladung dürfte Aine verletzt haben. Sie brauchte dringend einige Kräuter, die Schmerzen lindern würden. Lexa musste zu ihrem Garten.

„Hilf mir sie wegzubringen. Wir können nicht hier bleiben." Ivan nickte und half Lexa ohne weiter Fragen zu stellen. Er hielt das Mädchen problemlos in seinen Armen. Dieses Kind brauchte Hilfe und Lexa war die richtige dafür außerdem brauchte sie eine Aufgabe. Er hatte sie nun lang genug beobachtet und er ertrug es nicht mehr sie so zu sehen. Einst war sie so stark und selbstbewusst gewesen. Jetzt war sie verbittert, gebrochen und das tat ihm weh. Lexa war gut gewesen und mächtig und jetzt konnte sie helfen .. Junge Hexen, die nicht wussten, wie man das kontrollierte was ihnen in den Schoß gelegt wurde... Es gab so vieles was Ivan sagen wollte und doch traute er sich nicht. „Du willst zu deinem Garten, oder?" Er konnte beobachten wie sie stehen blieb. Kurz geschah gar nichts als würde sie mit sich hadern, dann wandte sie sich um und blickte ihm wieder direkt in die Augen. Sie hatte es vorhin schon. Jetzt wieder, als wäre es das normalste auf der Welt, doch er wusste das es das nicht war. „Ja." Es war eine unnötige Antwort, während ihr Blick noch immer auf ihm lag. Dann plötzlich blickte sie weg, als wäre es ihr selbst klar geworden und sie kramte in ihrer Tasche herum. Ivan schluckte und schob alles weg, was in ihm vorging. „Hast du ein Auto in der Nähe? Wir müssen sie schnell zu deinem Haus bringen!" Doch statt darauf einzugehen, kramte Lexa in ihrer Tasche herum. „Dafür ist keine Zeit. Wir haben keine Tage. Ich hole es später. Ich hab wohl keine Wahl." Ivans Herz rutschte ihm bereits tiefer als Lexa einen Kristall aus der Tasche zog. Ein Kristall, der all ihre Probleme lösen könnte. „Warte du hast einen Reisekristall?!" Ihr Blick klebte an dem schönen bläulichen Kristall, als wollte sie unter keinen Umständen mehr zu ihm blicken. „Lexa, du darfst ihn nicht verwendet. Wie viele hast du noch davon? Es könnte-" „Mein Leben retten? Halt die Klappe und komm endlich her." Ivan öffnete noch einmal den Mund und doch schloss er ihn wieder während Lexa ein Rechteck in die Luft zeichnete. Einen Moment schuf, der die beiden zwang an Ort und Stelle zu bleiben. Ivan wollte etwas sagen. Irgendetwas, doch es lag zu viel zwischen ihnen und er hatte Angst. Angst das all die Zeit sie zu etwas verändert hatte, das er nicht mehr verstand. So schwieg er bis sie Lexas Haus erreichten. Hinein gingen und die Treppen hinaufliefen bis sie in einem kleinen Zimmer mit Bett ankamen. Der Vampir legte seinen kleinen Schützling darauf, blickte auf Aine hinab und er konnte es nicht länger zurückhalten. Es hieß gleich goodbye und er musste es ihr sagen. Er musste Lexa sagen was er dachte. „Es gibt sicher noch mehr dort draußen Lexa... Sie brauchen einen Zirkel. Jemanden, der sie anleitet. Du könntest dieser jemand sein." Die Antwort kam messerscharf wie eine Klinge, die ihn tief im Inneren traf. „Ich bin nicht die Wohlfahrt Ivan und jetzt verschwinde." Er hatte das junge Mädchen kaum abgesetzt, da zuckte Lexas Kopf bereits in Richtung des Fensters. Lexa besaß ein kleines ruhiges Haus am Rande einer verschlafenen Kleinstadt. Abgelegen und beschützt vor den Blicken der Dorfbewohner. Viele ihrer Kräuter wuchsen draußen in einem Gewächshaus, oder auf angelegten Feldern. Einige im Dunkeln ihres Kellers und wer sich jemals auf ihren Dachboden verirrte, würde dort hunderte von alten dicken Wälzern finden, die quasi kein Mensch mehr in der Lage war zu lesen. Ihre Blicke trafen sich noch einmal. „Der Krieg wartet nicht Ivan. Mit ihr kannst du mir sowieso nicht helfen." Ivan wollte noch etwas sagen. Er wollte so vieles sagen. Dinge, die in seit Jahren quälten. Ein Zögern lag in seiner Bewegung. Doch statt sich ein weiteres mal zu überwinden, nickte er betrübt und verschwand aus dem Haus. Während er fort rannte um zu seinem Leben zurückzukehren war dort eine Hoffnung in seinem Herzen. Die Hoffnung das das alles hier, etwas änderte.

Slomanyye I - The Last WitchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt