Kapitel 4.2

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--- Lexa ---

Erst nach einigen Minuten, als Lexa sicher war, das er fort war, atmete sie tief ein und aus, als hätte sie erst jetzt wieder den Platz zum Atmen. Ohne viel Zeit zu verschwenden, ging Lexa los und suchte die Kräuter zusammen um Aines Zustand zu verbessern. Verpasste ihr eine Wadenwickel und legte ein feuchtes Tuch auf Aines Stirn. Tröpfelte etwas zähflüssiges in Aines Mund. Lexa wusste selbst noch nicht, was sie von dieser Situation halten sollte... Still beobachtete Lexa, wie das Mädchen schlief. Unruhig und schwitzend. Mit Sicherheit hatte sie Schmerzen. Noch immer dachte Lexa an den Moment in der Bar zurück. An all die Macht, die das Mädchen ausgestrahlt hatte. So viel das selbst sie es hatte fühlen und sehen können. Lexa wollte nichts mehr mit all dem zu tun haben und doch hatte Lexa das Mädchen aufgenommen. Was sollte sie mit ihr machen? Was sollte sie mit einer Schülerin? Was dachte sich dieser verdammte Idiot dabei? Genervt wandte sie sich ab und lief aus dem Zimmer. Sie brauchte jetzt einen Kaffee und sie musste schmerzlindernden Tee machen. Ganz dringend. Sie hatte es noch nicht mal in die Küche geschafft, da lag ein Brief auf ihrem Flurboden. Selbst auf die Entfernung konnte sie die Schrift wiedererkennen. Entgegen seines schicken Auftretens schrieb er noch schlimmer als ein Bauer. Sie wollte den Brief einfach dort liegen und verschimmeln lassen, war schon an ihm vorbei als sie stoppte und noch einmal dorthin blickte. Einfach ins Feuer werfen? Immerhin hatte sie jetzt einen Gast im Haus. Was wenn Aine ihn fand? Vermutlich stand eh nur etwas über das Mädchen darin. Noch einmal stockte die alte Hexe und wandte sich dem Brief erneut zu. Innerlich sah sie die wilden Ströme aus Macht, die das Mädchen ausgestrahlt hatte. Ihre eigene Gänsehaut als die Macht des Mädchens die Umgebung erfüllte. Es war so lange her, das sie etwas vergleichbares Fühlen durfte. Es war als weckte dies ein Teil in ihr, den sie schon lange für Tod erklärt hatte. Noch immer starrte sie auf den weißen Brief. Wenn sie sich nicht um dieses Mädchen kümmern würde, würde es nicht lange überleben, doch konnte Lexa wirklich etwas tun? Konnte sie dem Mädchen wirklich helfen? Langsam ging sie in die Hocke und nahm den Brief an sich. Verschwand mit ihm in ihre Küche und öffnete ihn. Sie lachte gehässig als noch mehr der fast unleserlichen Schrift zum Vorschein kam.

Lexa,

ich bitte dich. Dieses Mädchen braucht deine Hilfe. Lass an ihr nicht aus, was du gegen mich hast. Du weißt das sie dich braucht wie du Morgana gebraucht hast. Ohne dich wird sie nicht überleben.

Schon jetzt schnaubte Lexa genervt. Wer war die Kleine überhaupt? Wo hatte er sie aufgegabelt? Lexa war nicht blind. Sie hatte gesehen das die Kleine ihm etwas bedeutete. Nur was? Langsam legten sich ihre Augen wieder auf die Zeilen des Vampiren.

Ein Jäger fand das Dorf in denen sie lebten und vermutlich griff er einen Vampiren an, den ich ihnen eigentlich zum Schutz dagelassen hatte. Ich weiß nicht was genau passiert ist und frag sie nicht danach. Sobald sie sich daran erinnert beginnt ihre Macht durchzudrehen. Aber vermutlich hat sie den Kampf mit angesehen. Ihre Mutter und Roger müssen beteiligt gewesen sein. Aine hatte nur noch ihre Mutter und nun hat sie auch diese verloren. Ich denke der Jäger war dabei zu verlieren und hat sich deshalb in die Luft gesprengt. Es war die Magie, die Aine beschützt hat. Scheinbar hatte sie auch den Kerzentest bestanden. Hilf ihr, ich weiß du kannst das.

Punkt. Er hatte es nicht für nötig gehalten seinen Namen darunter zu setzten, doch das war auch nicht nötig. Ihre Augen aber verengten sich als sie die Zeilen noch einmal las. Das Mädchen hatte nur noch ihre Mutter gehabt? Roger war Tod. Diese Information war ein Stich in ihrem Herzen, den sie einfach ignorierte. Sie seufzte und stand auf. Langsam schritt sie zur Küchenzeile und zog aus einer Schublade ein Feuerzeug hervor, ehe sie das Papier in Brand steckte und es in die Spüle fallen lies. Das Mädchen war stark genug um eine Explosion zu überleben und stark genug um einen Straßenzug zu zerstören. Vielleicht hatte der alte Blutsauger recht und die Kleine würde wirklich nicht lange überleben. Doch bei einem war sich Lexa sicher, wenn Aine jetzt in Trauer versank, dann würde auch Lexa sie nicht retten können. Es musste traumatisch gewesen sein, was sie erlebt hatte. Traumatisch genug das die Kleine vielleicht nicht genug Zeit hatte bevor ihre Gefühle sie übermannten und die Erinnerungen sie heimsuchten. Das könnte das Leben des Mädchens, Lexa selbst und ihr Haus kosten. Vielleicht noch das Städtchen in dem Lexa gerade lebte. Sie seufzte und verschwand aus der Küche. Eilte die Treppen hinauf, weiter bis sie den Dachboden erreichte. Licht fiel durch ein schräges Dachfenster herein und offenbarte den Staub, der die Luft erfüllte. Sie war seit ihrem Einzug nicht mehr hier gewesen. Langsam glitten ihre Augen herum und fanden Buch um Buch. Kiste um Kiste. Ohne zu zögern lief sie zu einer ganz bestimmten und kramte darin herum. Sie war vollgestopft mit Fläschchen. Nicht eines war beschriftet, doch Lexa wusste genau wie sie diese unterscheiden konnte. So zog sie endlich das richtige hervor und machte direkt kehrt. Ging wieder ein Stockwerk tiefer bis sie in dem Zimmer des Mädchen stand. Die Kleine schlief tief und fest. Die Magieentladung hatte noch jeden Schachmatt gesetzt, doch er schenkte ihr keinen traumlosen, schmerzfreien Traum. Es brauchte mehr als nur einen guten Willen, damit Aine die Ausbildung überlebte. Lexa konnte Aine beruhigenden Tee geben, allerdings würde das keine Dauerlösung sein und das Mädchen konnte nicht endlos Schlafen und so tröpfelte Lexa etwas von dem Trank auf Aines Stirn und schmierte daraus einen Drudenfuß. Dann fiel ein weiterer Tropfen auf ihre Stirn aus dem Lexa das Runensymbol von Seelenschmerz zeichnete. „Linder ihren Seelenschmerz." Flüsterte die alte Hexe leise, obwohl ihre Worte keine Bedeutung hatten. Trotzdem begannen die Linien zu leuchten, allein aus des Trankes Wirkung heraus. Leuchteten auf und verschwanden dann in der Haut. Fast sofort wirkte Aine beruhigter und friedlicher. Auch das würde keine Dauerlösung sein, doch solange Aine sich nicht bewusst in das Traumata zurückbegab, würde es sie nicht weiter so stark quälen und ihre Magie unkontrolliert aktivieren. Es war nicht viel, doch schon jetzt hatte Lexa das Gefühl, das es die erste gute Tat seit einer langen langen Ewigkeit war. >Hilf ihr, ich weiß das du das kannst.< Vielleicht hatte dieser Narr ja recht.

Slomanyye I - The Last WitchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt