Kapitel 5

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--- Lexa ---

Eben noch hatte Lexa ihrem schlafenden Schützling eine Tinktur eingeflößt um ihre Schmerzen zu lindern. Jetzt war sie zurück in ihrer Verkleidung mit den braunen, verschlossenen Augen und den roten Locken. Sie lief wie jeden Abend zur Arbeit. Lexa war Barbesitzerin einer kleinen, ruhigen Bar in einem kleinen, ruhigen Städtchen. Jeden Tag fanden sich die selben Stammgäste ein. Lexa war fast dort, doch heute war sie nicht bei der Sache. Hing alten Erinnerungen nach. Erinnerungen, die sie nicht sehen wollte. Dachte an das, was in dem Brief gestanden hatte. Das Kind hatte ihre Mutter an die Jäger verloren. Das klang so.. Schlagartig blieb Lexa stehen, als wäre sie vor eine Wand gerannt. Dann drehte sie plötzlich ab, als ihr etwas klar wurde. Die Jäger! Aines Haus war kein Problem. Selbst wenn Aine dort gezaubert hatte, waren die Spuren ihrer Magie gering. Die Jäger würden keinen Verdacht schöpfen. Die Explosion gab ihnen alle Antworten, die sie brauchten. Doch der zerstörte Straßenzug, das war eine andere Geschichte! Es musste die Jäger skeptisch machen. Die Magie, die dort aus Aine herausgeströmt war, musste selbst jetzt noch jeden eine Gänsehaut verpassen, der den Ort betrat. Was war wenn die Jäger die Magiefährte fanden, die Aine hinterlassen hatte? Verdammt! Sie musste etwas unternehmen und so drehte sie ab und eilte eine Gasse entlang. Ihr Weg führte sie vorbei an stinkenden Mülltonnen. Hier und da piepte eine Maus manchmal auch eine Ratte verdächtig, als wäre das hier nur noch ihr Reich. Lexa ignorierte all das bis sie zu einem mit Holz vernageltem Seiteneingang kam. Sie glitt hinein und verschwand im Inneren. Eine ganze Weile verstrich und die Bar hätte längst geöffnet werden müssen, da huschte ein Schatten durch den selben Eingang ins Innere. Er stand kaum vor ihr, da ging das Licht eines Scheinwerfers an. „Hey Babysitter. Wir müssen reden. Ich hab ein paar Fragen an dich." Lexa stand neben dem blendenden Strahler und starrte Jason genervt an. Jason. Er war einer von Ivans Abkömmlingen und seit Jahren ihr Bodyguard. Er war nicht das was man sich unter einem typischen Vampiren vorstellte. Zwar war er schlank und groß, jedoch ließ sein sonnen blondes Haar ihn eher gebräunt wirken und seine blauen Augen wirkten fröhlich und unbeschwert. Sie hatte immer gewusst das er ihr folgte, aber es ignoriert und er so getan, als existierte er nicht. Genauso wie Roger es für Aine und ihre Mutter getan haben musste. Jason aber grinste. „Also doch. Ich habe schon geahnt das du mich bemerkt hast. Wie lange schon?" Dabei verschränkte er die Arme und sah amüsiert drein. Schien an Lexas Blick zu sehen, das sie darauf nicht eingehen würde, also sprach er einfach weiter. „Jetzt werde ich sicher Ärger bekommen. Aber worüber willst du reden?" Lexa schnaubte. „Ärger? Richt ihm liebe Grüße aus falls er Fragen sollte." Ihre Stimme klang giftig, als sie es sagte und sich ihre Augen gefährlich verengten. „So wie du mich ansiehst, könnte man meinen das ich den Ärger gleich von dir bekomme." Erkannte er und musterte sie seiner seits neugierig. Als war er gespannt was passieren würde. „Ärger von mir? Ich kann dich höchstens mit Steinen bewerfen. Nein dafür hab ich dich nicht hierher gelockt. Folgendes. Ich muss in die Stadt in der Aine den Straßenzug zerstört hat. Jetzt haben wir zwei Optionen. Ich versuche irgendwo ein Auto aufzutreiben, fahre zu dem scheiß Dorf und bin fast eine Woche weg. Wie du sicher weißt, liegt Aine im Bett und braucht meine Versorgung. Das würde ihre Heilung gravierend beeinträchtigen. Oder Option zwei. Du bringst mich dort hin und wieder zurück bevor Aines Schmerzmittel aufhört zu wirken." Jason musste laut auflachen, allerdings verging es ihm als er bemerkte, dass sie es ernst meinte. „Und die Bar?" Vor seinen Augen zog sie ihr Handy hervor. Sie tippte eine kurze Nachricht und steckte es dann gleichgültig weg. „Wird übernommen. Also bringst du mich jetzt hin oder nicht?" Sie klang mehr als ungeduldig und er war definitiv nicht begeistert von dem was er hörte. „Was willst du da? Da war doch nichts anderes als eine verwüstete Straße. Im schlimmsten Fall sind bereits Jäger dort!" Er hatte die Arme verschränkt und sah sie abschätzend an. „Wenn du mir sagst was du glaubst dort zu finden, überlege ich es mir vielleicht." Sie beobachtete ihn genau. Seine abwartende Haltung. Er versuchte Zeit zu schinden. Lexa ahnte den Befehl den er damals von Ivan bekommen hatte. Selbst wenn sie jetzt allein ging, müsste er ihr folgen. Da war sie sich sicher. „Von einem vielleicht kann wohl keine Rede sein." Antwortete Lexa nicht im geringsten verunsichert. Auch sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt. „Weißt du. Ich hatte heute genug Unterhaltung. Ich bin dieses beschatten und dieses versuchen einen Trümmerhaufen zu beschützen leid. Bringst du mich hin oder soll ich es selber und allein tun?" Ihre Stimme ließ keinen Zweifel daran, das sie drauf und dran war Option zwei zu wählen und Jason einfach im Schein der Strahler zurück zu lassen. Sie leuchtete ihn mit dem Licht nur an, um seine Mimik lesen zu können. Das normale Licht anzumachen, hätte genauso viel gebracht, aber irgendwie mochte Lexa diesen Hang zum theatralischen. Sie kam sich kurz vor als wäre sie bei einem streng geheimen FBI Verhör. „Wie genau kommt der Strahler eigentlich hier her?" Fragte Jason um Zeit zu gewinnen. Ihr Gesicht verzog sich grimmig. „Eine aus dem Dorf benutzt das hier als Fotolabor. Also? Schinde keine Zeit." Es war ein ergebendes Seufzen, ehe er sie packte und losrannte.

--- Jason ---

Als Jason Lexa auf den Überresten des Blue Lagoon absetzte, beschlich ihn ein ungutes Gefühl. „Beeil dich. Wir sind Mitten im Kriegsgebiet." Gedanklich verfluchte er sich. Er hätte Option 3 nehmen sollen. Lexa ziehen lassen und Ivan hätte sie einfach zurück geholt. Jetzt aber stand er mit einer hilflosen Hexe in Mitten eines vollkommen zerstörten Gebietes und fragte sich, ob er das überleben würde. Trotz der Vampirgeschwindigkeit hatte er die ganze Nacht durchrennen müssen. Die Morgendämmerung hatte bereits begonnen und tauchte alles in ein rötliches Licht. Sie waren sichtbar. Viel zu sichtbar. So sichtbar das Jason sich gewaltige Sorgen machte. Lexa indes wirkte entspannt. Sie schien sich nicht im geringsten Sorgen um ihre Sicherheit zu machen. Stattdessen glitten ihre braunen Augen über die Überreste der Katastrophe. „Shit." War das erste, das sie dazu zu sagen hatte. Dann lief sie los während sie mit einer Hand in ihrer Umhängetasche kramte. Sie zog ein Stoffknäuel hervor und löste eine Schnur. Zum Vorschein kam der schwarzer Stein, den sie schon beim ersten Mal dabei gehabt hatte. Ein Obsidian. Der Stein, der den Hexen zum Verhängnis geworden war. Kaum war er an der Luft begann er hörbar zu vibrieren. „Wie ichs befürchtet hab. Sie hat einen magischen Fußabdruck hinterlassen. Wir müssen die Magiereste verschwinden lassen, bevor die Jäger auf uns aufmerksam werden. Wenn sie es nicht schon sind..." Jason sah düster drein. „Hier fühlt es sich in der Tat merkwürdig an. Lass uns das schnell hinter uns bringen und abhauen... bevor... das passiert.." Beendete er weniger glücklich seinen Satz als ein paar Vampire auftauchten. „Ein Menschlein und ein Vampir in unserer Hausruine. Wisst ihr. Vor nicht all zu langer Zeit stand hier noch eine Bar, die ich gerade gekauft hatte und jetzt ist das hier davon übrig. Und nur einen Tag später, stehen plötzlich zwei Leute in der Ruine. Findet ihr das nicht auch verdächtig?" Es war als nahm der Vampir eine Fährte auf, als seine Augen sich auf Lexa legten. „Und dann riecht das Menschlein auch noch so lecker. Willst du sie nicht mit uns teilen? Als Entschädigung." Fragte einer der fremden Vampire und Jason zeigte sofort seine rote Augen. „Sie steht unter meinem Schutz!" Ein kühleres Lachen erklang und Jason zog Lexa vorsichtig hinter sich. Die Hexe schien das gar nicht zu beachten. Sie suchte irgendetwas in ihrer Tasche und murmelte Zeug vor sich her, das Jason nicht verstand. Weitere 5 Vampire sprangen aus den Schatten. Nur mit Mühe konnte Jason ein Schlucken vermeiden. Sie waren mitten in die Arme eines kleinen Vampirclans gerannt und ganz offensichtlich keinen, den er kannte. Langsam umzingelten die Vampire Jason und Lexa. Der aschblonder Clanführer lachte amüsiert und trat demonstrativ näher. „Das ist nicht so einfach. Unter deinen Schutz stellen? Bist du nicht etwas zu schwach dafür? Du allein gegen uns alle? Wir kriegen immer was wir wollen und da bildet sie keine Ausnahme." Jason sah ernster drein. „Sie steht nicht nur unter meinem Schutz, sondern auch dem meines Meisters! Lasst sie lieber laufen. Wir verschwinden sofort wieder. Kommt schon Kumpel.. Wir sind doch alle cool." Doch die Männer dachten nicht dran. „Cool ja? Das hier hätte unser neues Versteck werden sollen. Nicht mehr lang und es wird hier von Jägern wimmeln. Wir sollten dafür entschädigt werden." Langsam trat der aschblonde Vampir näher. „Sie riecht lecker. Lass sie stehen und verschwinde. Sieht eh aus als wäre sie psychisch krank." Der Aschblonde blickte um Jason herum um den vermeintlichen Leckerbissen genauer zu betrachten. Amüsiert über das was er sah. Eine Frau, die unbeeindruckt etwas flüsternd in ihrer Tasche kramte. Nicht einmal Jason verstand was sie sagte, oder was sie dort tat. Er verstand nur eines. Sie waren in Gefahr. Jason seufzte. Das war alles andere als eine erfreuliche Entwicklung. „Okay ich kann den Typen anrufen damit ihr wisst das ich nicht Lüge. Wäre das denn okay?" Scheinbar hatte Lexa gefunden nach was sie gesucht hatte, denn plötzlich hoben sich ihre braunen Augen und musterte die Gruppe vor sich. Jason konnte etwas an Lexa sehen, das er nicht an ihr kannte. Nie beobachtet hatte. Obwohl sie keine Macht ausstrahlte, hatte er das Gefühl eine Löwin kurz vor dem Angriff zu beobachten, während der feindliche Clan sie für einen einfachen Menschen hielten. Und wer konnte es ihnen verübeln. Sie kannten Lexa nicht, wie er sie kannte.

Slomanyye I - The Last WitchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt