Kapitel 3

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Paul füllt die Soße in eine gläserne Schüssel um, während Valentin sich von seinem Stuhl erhebt und dicht an mir vorbei zur Besteckschublade geht.
Ich rieche den frischen, angenehmen Duft, der von ihm ausgeht, und seufze leise.
Die junge Frau neben mir, von der ich den Namen bisher noch nicht mitbekommen habe, schaut mich schief von der Seite an und ich werde ein klein bisschen rot.
Erneut geht Valentin an mir vorbei und wirft mir einen kurzen Blick zu.
„Unglaublich, wie er es immer wieder versucht, dich zu provozieren!« , raunt Paul mir zu und grinst mich an.
„Elena, könntest du bitte noch das Salz mitbringen? Paul hat es wieder beim Kochen vergessen und so werden die Nudeln sicherlich nicht schmackhaft sein." , bittet Valentin und ich bemerke sofort seine förmliche Ausdrucksweise.
Zudem weiß ich nun alle Namen der Anwesenden.
Elena, Paul, Valentin und, wie ich scheinbar heiße, Scarlet.
Warum und wie wir wohl zusammenwohnten?
Als könne Paul meine Gedanken lesen, sagt er: „Ach ja, das hätte ich fast vergessen. Unser Vermieter hat vorhin angerufen und uns mal wieder zum Zahlen aufgefordert."
Er lächelt müde.
„Der denkt wohl auch, dass Geld auf den Bäumen wächst.", knurrt Elena und schaut zu mir.
„Dich regt das heute gar nicht auf?"
Ich schüttele verwirrt den Kopf.
„Das ist ja mal was ganz Neues!", murmelt Elena, runzelt die Stirn und setzt sich an den Tisch, wo bereits Valentin und Paul Platz genommen haben.
„Elena, das Salz.", erinnert Valentin sie ungeduldig.
Mit einem Augenaufschlag bittet er mich, da ich noch nicht am Tisch sitze, es zu holen.
Ich erstarre.
Wie soll ich bloß das Salz finden?
Ich kenne mich doch kein Bisschen in der Villa aus.
Gekonnt greife ich zu der nächstbesten Ausrede, die mir einfällt, und erwidere: „Ich muss nochmal kurz wohin."
Die Toilettentür hatte ich glücklicherweise bereits entdeckt und verschwinde schnell im Bad.
„Wieso geht sie denn auf die kleine Gästetoilette? Ich dachte sie hat Platzangst." , flüstert Paul Elena zu, doch die zuckt nur mit den Schultern.
Ich bleibe vor der Toilette stehen, warte einen Augenblick und spüle dann, denn in Wirklichkeit muss ich natürlich gar nicht.
Trotzdem wasche ich mir an dem kleinen Waschbecken die Hände und schaue dann hoch in den Spiegel.
Mir entfährt ein erstickter Schrei.
Denn ich sehe kein bisschen aus wie ich selbst.
Gebräunte Haut.
Hellblondes, langes, volles Haar.
Leuchtend türkise Augen.
Und eine extrem sportliche, durchtrainierte Figur.
Perplex starre ich mein Spiegelbild an.
Wer ist diese hübsche junge Dame dort?
Definitiv nicht ich.
Das ist Scarlet.
Ich mustere mich einmal von oben bis unten, dann trete ich beschwingt aus dem Bad und setze mich an den Tisch.
Zum Glück hat schon jemand anderes das Salz besorgt, denn in der Mitte des Tisches steht ein mit Mustern verzierten Salzstreuer.
„Lasst uns noch ein Tischgebet sprechen.", bittet Valentin und Elena stöhnt gequält auf.
Ich falte, wie mir befohlen wurde, die Hände und schließe die Augen.
Valentin murmelt einige Worte.
Als ich die Augen wieder öffne, schaue ich in 2 völlig verwirrte Gesichter.
Paul und Elena sitzen mit offenen Mündern da und starren mich an.
Mir wird bewusst, dass diese Scarlet, für die sie mich halten, vieles anders gemacht zu haben scheint als ich.
Wie auch immer ich in ihren Körper geraten bin...
Ich würde mich in Zukunft mit unvorsichtigen Taten und Äußerungen zurückhalten müssen.
Doch dies misslingt mir sogleich.
Nachdem ich mir von Paul Nudeln auf den Teller geben lassen habe, greife ich zur Soßenkelle.
„Du nimmst Soße?"
Ich blicke auf und treffe Elenas Blick.
„Ich habe da gerade Sinn drauf.", weiche ich aus und verteile die beige Soße über meinen Nudeln.
Für einige Minuten herrscht Stille, denn wir alle essen andächtig.
„Um nochmal auf unseren WG-Futzi zurückzukommen-", beginnt Paul, wird allerdings von Valentin unterbrochen.
„Er ist unser Vermieter, Paul. Wir können froh sein, dass er uns diese Villa vermietet hat und wir nicht schon längst wegen unbezahlter Rechnungen die Koffer packen mussten. Also erbringe ihm gegenüber doch bitte ein bisschen mehr Respekt."
Aha, wir leben also in einer Wohngemeinschaft zusammen.
Und wieso ist es uns nicht möglich, die Miete zu bezahlen?
Vermutlich, weil sich diesen Luxus nur Millionäre leisten können und wir allen Anscheines keine sind.
„Ich schlage vor, dass wir uns alle endlich mal einen Job suchen. Nicht nur diese paar Stunden irgendwo, da verdient man ja nichts. Paul, du könntest Touristenführungen anbieten, du kennst dich doch gut aus hier.", schlägt Elena vor.
Ob ich dann wohl auch mal eine Führung von ihm bekommen könnte?
Eigentlich würde es mir schon reichen, zu wissen in welcher Stadt oder in welchem Land ich mich überhaupt befinde.
„Valentin, du könntest dich beim Jetbootverlei bewerben, ich habe ein Schild gesehen, dass die noch jemanden da suchen.", führt sie weiter aus, doch Paul redet ihr dazwischen.
„Genau Elli, geh du mal schön weiter auf deinen Ponys rumjuckeln, während wir hier Geld verdienen!", spottet er und funkelt Elena an.
„Ich führe Ausritt, du Depp!", motzt diese zurück und ich atme tief durch.
Hier liegen einige Streitthemen in der Luft.
„Dann schlag doch Scarlet mal vor, was Vernünftiges zu machen! Schließlich ist sie es, die hier keinen Finger krümmt!"
Erschrocken schaue ich auf.
Mein Ruf ist scheinbar alles andere als gut in unserer WG.
„Sca, wie wäre es, wenn du unten bei den Bars am Strand nach einer Stelle fragst?", erkundigt Elena sich bei mir mit zuckersüßer Honigstimme.
Ich zucke mit den Schultern und nicke wage.
Denn das ist meine Gelegenheit, den Ort besser kennenzulernen.

𝕾𝖈𝖍𝖓𝖊𝖊𝖘𝖈𝖍𝖎𝖈𝖐𝖘𝖆𝖑Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt