23. Kapitel - Wie es eben kommen musste

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Trotz jedem Widerwillen betraten wir wenig später das Gebäude. Ein Haus, was mehr einer Ruine glich, und sofort spürte ich in meinem Inneren ein Gefühl von Unwohlsein. Es klammerte sich um meine Brust, drückte sie zusammen, sodass ich ruhiger wurde und achtsam Jorge folgte.
Der Mann ging über den Betonboden hinweg, durch das Gebäude. Es hatte absolut keine Einrichtung mehr und das Erdgeschoss war hell erleuchtet. Von allen Seiten strahlte die Sonne auf den hellgrauen Beton und reflektierte sich in ihm. An diesen Stellen taten mir meine Augen weh, als ich sie musterte, und so schaute ich mich weiter in dem verlassenen Gebäude um.
Es erinnerte mich an ein ehemaliges Bürogebäude, denn vor einiger Zeit war ich mit dem Rechten Arm in einem ähnlichen Gebäude gewesen. Wir hatten es zwar nur benutzt, um dadurch in die Kanalisation zu gelangen, aber viele meiner Begleiter hatten mir erzählt, dass es einmal ein Büro gewesen war. Natürlich wusste ich nicht, wie solche Gebäude aussehen sollten, aber ich stellte sie mir langweilig vor. Generell hatte die Generation vor dem Brand ein ödes Leben geführt.
Ja, schon klar, sie hatten nicht befürchten müssen, von Cranks angegriffen und von einem tödlichen Virus befallen zu werden. Nichtsdestotrotz, ich hatte nie eine andere Welt als die Neue Welt gekannt. Aus diesem Grund bezeichnete ich ein Leben, in dem man jeden Tag dasselbe tat, als langweilig. Gar war es so, als ob man in einem Karussell festsäße. Eines, wo Absteigen keine Möglichkeit war.

Eine Zeitschleife, in welcher die Menschen nicht überleben, sondern einfach nur leben.
Langweilig, wenn sich die Aussicht auf friedvolles Lebens auch durchaus gut anhörte. Jedoch, dann müsste es ein Leben sein, in dem man sich selbst versorgte. Wie auf der Lichtung, nur ohne dem Gefangensein und die Angst des Todes.

In der Gegenwart schüttelte ich meinen Kopf, denn weiter über eine Welt nachzudenken, die ich nicht kannte oder sich in der Zukunft befand, brachte mich nicht weiter.
Meine Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf meine Umgebung. Gerade ging meine Gruppe zu einer Art Treppe, die nur in ihrem Fundament vor uns stand. Sie war in der Mitte der Eingangshalle und erstreckte sich an der Wand nach oben. Ebenfalls führte sie zu einem Keller, der bestimmt voller Cranks war. Meine Vermutung bestätigte sich.
Als ich ans Geländer heranschritt, das zu meinem Erstaunen noch stand, wenn auch rostig und unvollständig, blickte ich in den schwarzen Abgrund. Er präsentierte sich wie ein schwarzes Loch vor mir. Von unten hörte ich leises Schleifen und Keuchen.
"Also, solange wir da nicht 'runtergehen, bin ich überaus umgänglich", sprach ich und Jorge sah mich an.
"Ja, unterirdisch tummelt es von Cranks, egal wo man auch hingeht. Die Kanalisation und die alten U-Bahn-Schächte sind voll von diesen Mistkerlen", erklärte er und sah ebenfalls kurz in den tiefen Abgrund, der die Schwärze der Nacht zu beinhalten schien.
Ich ging zurück zu den anderen, wobei meine Füße den Sand unter mir zum Knirschen brachten. Interessanterweise handelte es sich nur um eine kleine Sandschicht und ich vermutete, dass das Dach intakt war. Sehr zu unserem Vorteil, denn Jorges Plan sah vor, dass wir auf dieses mussten.
Nachdem wir ein paar Minuten vor den Treppen verweilt hatten, setzte sich Jorge in Bewegung. Er ging zur ersten Stufe, setzte einen Fuß hinauf und spähte nach oben.
"Also, es sieht so aus, dass wir mit dieser Treppe bis zur Mitte des Gebäudes kommen, dann müssen wir uns weiter umsehen. Seid wachsam und leise", erklärte er.
Nachdem er seinen Befehl gesprochen hatte, schlenderte er leise die Treppe hinauf. Nach ihm folgte ich, dann die anderen, wobei Minho immer noch sehr begeistert war. Also eine rein sarkastische Begeisterung, die eine Aura um den Jungen aufspannte, dass man nicht in seiner Nähe sein wollte. Auch der Fakt, dass es im Keller von Cranks nur so wimmelte, half Minho nicht weiter. Deswegen ging er mit Liv ganz hinten.
Die Treppe führte immer eine Seite an der Wand entlang, anschließend bog sie auf die andere Seite, sodass man immer geradeaus ging, bis man nach links abbog. Zu unserem Glück war die Treppe aus einem festen Guss und schien zum Grundgerüst des Gebäudes dazugehören, wenn sie auch kein Geländer mehr hatte. Wir würden also nicht allzu schnell ins Crank-Loch hinabstürzen, wie ich zuvor befürchtet hatte.

Die Ewigkeit einer verdammten Reise | Newt Ff / Teil 2 ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt