Rosalys Sicht:
Meine Augen verfolgten Newt, wie er zu mir nach unten kam. Ich erkannte, dass ihm etwas auf dem Herzen lag, dafür kannte ich ihn schon zu gut.
Kennen wir uns aber wirklich, fragte ich mich.
Kann ich behaupten, Newt nach unserer gemeinsamen Zeit wirklich zu kennen?Hätte man mich das ohne Erinnerungen gefragt, wäre meine Antwort ja gewesen. Ich hätte gesagt, dass wir ohne Erinnerungen alle gleich wären, ich Newt als Person kennengelernt hatte. Über Newt hätte ich gesagt, dass er einem zu Anfang etwas seicht herüberkam, doch ein großes Herz hatte. Er erzählte nicht von allem, was ihn selbst belastete, doch suchte bei wichtigen Angelegenheiten immer das Gespräch zu einem. Eigene Probleme und Sorgen musste man ihm aus der Nase ziehen, doch um andere kümmerte er sich mit vollem Herzen. Er wollte, dass alles lief, und war eine herzliche Person. Newt machte sich oft zu viele Gedanken, sodass er länger brauchte, um ein Problem zu lösen, doch neben all diesen Eigenschaften gab es nur Gutes zu sagen. Er machte gerne Scherze und lachte immerzu. Mit Newt konnte man ernst reden, doch auch über Belangloses. Er versuchte, einem immer eine Antwort auf Fragen zu geben, wenn er auch wenig Ahnung vom Thema hätte.
All das wusste ich über Newt und aus diesem Grund hatte ich mich auf der Lichtung in ihn verliebt. Dass er auch noch gut aussah, darauf wollte ich jetzt nicht eingehen. Ich hatte mich in seinen Charakter verliebt und er war immer für mich dagewesen. Als ich ohne Erinnerungen auf die Lichtung gekommen war, hatte er sich um mich gekümmert. Wir waren Freunde geworden, dann hatte sich mehr entwickelt. In etwas mehr als zwei Monaten und einem gefühlten Augenblick war dies geschehen und missen wollte ich ihn nicht mehr. Wir beide waren ohne Erinnerungen gewesen, nur der Mensch an sich war übriggeblieben.Verliebt man sich schneller, wenn man keine Erinnerungen hat? Hat uns dieser Fakt weitergeholfen? Aber warum fühle ich mich dann so, als ob ich auf der Lichtung eine andere Person gewesen bin?
Jedoch, keine andere Person von Grund auf. Ich war immer noch dieselbe Rosaly, die es hasste, in der Früh aufzustehen und die sich gerne mit anderen Scherze erlaubte. Ich war immer noch die Rosaly, die sich manchmal zu viele Gedanken machte und hin und wieder für sich sein wollte. Ebenso konnte ich aber nicht ohne Gesellschaft. Ich brauchte Menschen um mich herum und ich erfuhr gerne neue Sachen. Ich war immer noch die Rosaly, die immerzu fröhlich war, wenn ich auch jetzt wieder meine Erinnerungen hatte.
Ich kannte die Welt nicht mehr nur ein wenig, nein, ich konnte mich an viele Jahre erinnern. Meine Kindheit beim Rechten Arm und meine Jugend war wieder da. Erinnerungen an Trainings, schlimme und schöne Tage, Kämpfe und verbrachte Zeit mit meinen Liebsten. Ich erinnerte mich an die Welt, den Grund, warum ich für den Rechten Arm kämpfte. Alles, was mir mein Vater und andere beigebracht hatten, war wieder zurückgekehrt, und diese Erinnerungen umfassten mehr als zwei Monate.Warum fühle ich mich dann so, als hätten diese zwei Monate mein ganzes Leben verändert?
Warum hatte ich all diese neuen Menschen in mein Herz geschlossen, obwohl ich sie so kurz kannte? Trotzdem würde ich für viele bis zum Ende gehen. Meine Zeit auf der Lichtung hatte mich verändert.
Oder sie hat dich zu deinem wahren Selbst zurückgeführt, flüsterte die Stimme in meinem Kopf, diese Zeit hat dir gezeigt, wer du wirklich bist, ohne deine guten sowie die unzähligen schlechten Erinnerungen.
Aber war ich jetzt eine andere Person, da ich meine Erinnerungen zurück hatte und wieder Zuhause war? Konnte ich wieder zu meinem puren Selbst finden?
Ich wusste es nicht.Auch war es egal, denn im nächsten Moment erreichte Newt mich. Ich stellte fest, dass meine Gedanken in der Realität nur kurz angedauert hatten. Im nächsten Moment blieb Newt vor mir stehen. Ich blickte ihm in seine braunen Augen, musste dafür leicht nach oben sehen. Die Sonne war gerade am Untergehen und die Abenddämmerung würde schon bald um uns greifen. Es wurde kälter und die Luft roch bereits frischer.
Ich zog meine Jacke näher um mich, dann erhob ich meine Stimme: "Lass und reden", sagte ich, deutete mit meinem Kopf weiter weg vom Camp, "Geh'n wir zu den Berghängen."
Nach meinen Worten nickte Newt, dann setzten wir uns zusammen in Bewegung. Wir schritten durchs Lager, vorbei an vielen, die ich kannte. Ich entdeckte Sara, die Vorräte und sonstiges organisierte. Sie warf uns einen interessanten Blick zu und um ehrlich zu sein, ich war mir nicht sicher, ob ich sie vermisst hatte.
"Ich werde mich jetzt schon für Sara entschuldigen", sprach ich zu Newt, als wir aus dem Camp gingen und zu den Hängen kamen, "Sie war in meiner Kindheit, ist heute noch eine große Schwester für mich und ist demnach auch so nervig. Doch für dich und alle anderen ist alles neu, für mich irgendwie auch. Ich nehm' an, dass wir aus diesem Grund reden sollen?"
Ich hob eine Braue, blickte zu Newt. Dieser nickte langsam und wir erreichten einen Platz, wo wir allein waren. Der Felshang war in unserem Rücken, als wir uns auf einen großen Stein niederließen. Im Schatten wurde es langsam frisch, doch noch nicht kalt.
Mein Blick ging eine Zeit nach vorne in die Ferne der Einöde. Der Himmel wurde gerade von der Sonne verlassen, als Newt seine Stimme erhob: "Ja, aus diesem Grund will ich mit dir reden. Es ist so viel passiert und ich fühle mich wie ein Strunk."
Mein Kopf schnellte zu Newt. Ein verwirrter Ausdruck tauchte auf meinem Gesicht auf.
"Warum fühlst du sich wie ein Strunk?!", fragte ich aufgebracht.
"Na ja, auf der Lichtung hast du mir erzählt, dass du glaubst, dich zu erinnern. Ich habe dir nicht geglaubt, und als wir bei Wicked waren, dann in diesem ehemaligen Einkaufszentrum, da hast du dich bei mir deswegen entschuldigt. Du hast mich gefragt, ob ich dir böse bin. Ich habe gesagt, dass ich enttäuscht bin, weil du mich angelogen hast, aber das war falsch. Du hättest auf mich sauer sein sollen, dass ich die ganze Zeit auf der Lichtung nicht bemerkt habe, wie dich diese Erinnerungen mitgenommen haben. Ich will gar nicht wissen, wie das für dich gewesen ist, wenn ich bloß an den Moment vor Marcus' Klub denke", sagte er und sah mich an, "Also ja, ich fühle mich wie ein Strunk. Und wenn ich daran denke, dass Thomas nach einer kurzen Zeit herausgefunden hat, dass dich etwas mitnimmt, fühle ich mich nicht nur wie ein Strunk, sondern bin noch ein beschissener Freund."
Ich wusste nicht, was ich auf seine Worte sagen sollte; zum Teil hatte er recht, denn bis vor kurzem war es mir schlecht gegangen.
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Die Ewigkeit einer verdammten Reise | Newt Ff / Teil 2 ✔
FanfictionWicked ist nicht gut, ganz und gar nicht gut. Wir haben es geschafft, die erste Etappe gemeistert und sind im Glauben, dass alles gut sei, wir in Sicherheit wären, jedoch, die Wahrheit versteckt sich meist nicht weit entfernt von der Lüge. Das Mäd...