Rosalys Sicht:
Wie Vieh wurden wir von Michal vorangetrieben. Wir kamen in den dunklen Gang, den Liv und ich vorher betreten hatten, nur um Michal in die Fänge zu laufen.
In diesem Moment verstehe ich dich, Marc, ging es mir durch den Kopf, als ich an meine letzte zurückgekehrte Erinnerung dachte.
Ich würde gerade lieber mit den Cranks hinter uns konfrontiert sein, als mit einem einzigen Menschen: Michal...Mit den Händen hinter meinem Rücken und in völliger Dunkelheit zu gehen, fühlte sich komplett falsch an. Es war unnatürlich, doch genauso war es, dass Michal Liv durchgehend seine Waffe entgegenstreckte. Er schien es ernst zu meinen, dass er sich nicht scheute, Liv auf der Stelle zu erschießen, und nun glaubte ich ihm das. Auch schon vorher hatte ich ihm meinen Glauben geschenkt, da er vollkommen irre war.
Wir ließen die versperrte Tür mit den Cranks hinter uns und ich bemerkte, dass einige aufgeschreckt worden waren. Michal hatte, bevor er uns gefesselt hatte, einen Warnschuss abgegeben, der die Cranks aufmerksam gemacht hatte. Lauernd standen sie vor der Türe, doch durch die Dunkelheit konnte ich sie bloß hören. Sie kratzten, liefen gegen die Tische und Stühle vor der Tür. Diese würden jedoch nicht nachgeben. Ebenso war die Tür an sich viel zu stabil. Ich hörte also nur das Kreischen und Grunzen dieser widerwärtigen Kreaturen.
"Na, Angst?", höhnte Michal mit tiefer Stimme und schien meinen Blick nach hinten bemerkt zu haben, da ich etwas langsamer gegangen war. Ich schüttelte meinen Kopf und es war mir egal, ob er es in der Dunkelheit sehen konnte oder nicht. Generell würde ich nicht mehr Energie als nötig für diesen Kerl verschwenden.Michal hat nichts verdient, außer den Tod, einen langsamen und qualvollen Tod. Viele Stunden der Folter.
"Es ist unhöflich, auf Fragen nicht zu antworten, süße Rose", hörte ich seine tiefe Stimme, folgend spürte ich seine Präsenz näherkommen. Mein ganzer Körper spannte sich an und am liebsten hätte ich im nächsten Moment aufgeschrien.
Während dem Gehen legte Michal mir seine linke Hand auf die Schulter. Liv ging rechts neben mir und mit seiner rechten Hand hielt er ihr weiterhin die Waffe auf den Rücken. Wir bewegten uns durch den dunklen Gang, und als wir nach links abbogen, führte Michal mich provokant mit seiner Hand in die richtige Richtung.
"Ziemlich unhöflich sogar, wenn du bedenkst, dass wir jetzt viel Zeit miteinander verbringen werden", sprach er.
Seine Stimme klang nahe neben meinem Ohr, sodass ich zusammenzuckte, als sein Atem meine Ohrmuschel kitzelte. Sein Bart kitzelte meinen Nacken und mit seiner Hand fuhr er meinen Arm nach unten. Ganz sanft, dass man meinen könnte, dass ich mir den Schlag gegen die Wand und in mein Gesicht nur eingebildet hätte. Jedoch, der pochende Schmerz in meinem Kopf und meine aufgesprungene Lippe waren eine stetige Erinnerung daran.
"Warum sollte ich vor Cranks Angst haben? Sie sind ja nicht hinter uns her", fand ich meine Stimme wieder. Michals Hand kam zu meiner Schulter nach oben. Er strich mir über mein Kinn, dann Lippe, die blutete. Scharf sog ich Luft ein, stöhnte vor Schmerz auf. Das brachte Michal zum Lachen.
Ich erinnerte mich an die Stunden zurück, die wir zusammen verbracht hatten. Zwar hatte Michal nie sexualisierte Gewalt gegen mich angewendet, doch seine Berührungen ließen einen das fürchten. Jedoch, glaubte man, dass er sich an einem vergehen würde, bekäme man ohne Vorwarnung einen Schlag ins Gesicht.Um ehrlich zu sein, ich weiß nicht, was schlimmer ist: Vergewaltiger oder Sadisten?
Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem."Du blutest ja", Michal klang überrascht.
Er hatte sein Lachen beendet und seine Hand fand den Weg zurück um mein Kinn. Wir gingen indessen langsamer. Michals Daumen fuhr zu meinen Lippen. Er spaltete diese grob, doch stieß dahinter sofort auf meine aufeinandergebissenen Zähne. Gleichzeitig drückten seine anderen Finger zu. Mein Kinn schmerzte, warum ich meinen Kopf zur Seite drehte, sodass Michal zum Glück von mir abließ.
Den Drang, ihm mein Bein in seine Weichteile und Bauch zu rammen, gar seinen Finger abzubeißen, unterdrückte ich, obwohl er stark war. Beinahe wie ein Kribbeln unter der Haut, eine zweite Stimme in meinem Kopf.
Auf der Lichtung noch hatte ich geglaubt, dass ich ein ganz normales Mädchen, ohne jeglichen Besonderheiten, war. Ich war nie sonderlich schnell oder stark gewesen, aber durch meine Zeit beim Rechten Arm hatte ich gelernt, mich selbst zu verteidigen. Ich wusste, wie man sich in ein System hackte; wie man sich aus Fesseln befreite; wie man Waffen betätigte, war sogar eine gute Schützin; und noch vieles mehr.
Meine Zeit als unscheinbares Mädchen war eine bloße Lüge gewesen, und nun wusste ich es. Ich wusste, dass Wicked die Persönlichkeiten von Kindern stahl, ebenso wusste ich, dass ein Kampf erst dann verloren war, wenn man tot wäre. Nun, zumindest für einen selbst, denn ein Kampf endete noch lange nicht mit dem eigenen Tod.
"Ganz eine Tapfere", spottete der Mann hinter uns, "aber von seiner Tochter habe ich auch nichts anderes erwartet. Der Rechte Arm bildet Killer aus und eure Scheinheiligkeit einer Hilfsorganisation könnt ihr auch in den Arsch schieben", er endete.
"Und von jemandem, der einmal für Wicked gearbeitet hat, habe ich mir nichts anderes erwartet", erwiderte ich wütend, "Willkommen in der Neuen Welt, Michal, doch du scheinst mir gut in sie zu passen."
Ein Knurren von Michal war die Folge, aber zum Glück blieb der Mann mit dem roten Bart ruhig und wurde nicht aggressiv.
Wir gingen weiter und ich bemerkte Livs Blick auf mir. Schon seitdem Michal erwähnt hatte, dass der Rechte Arm Killer ausbildete. Ich hoffte, dass sie ihm seine Worte nicht glaubte. Da Liv aber sowieso eine ziemlich skeptische Person war, traute sie fast niemandem über den Weg, und es war offensichtlich, dass Michal nicht die glaubwürdigste aller Quellen war.
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Die Ewigkeit einer verdammten Reise | Newt Ff / Teil 2 ✔
FanfictionWicked ist nicht gut, ganz und gar nicht gut. Wir haben es geschafft, die erste Etappe gemeistert und sind im Glauben, dass alles gut sei, wir in Sicherheit wären, jedoch, die Wahrheit versteckt sich meist nicht weit entfernt von der Lüge. Das Mäd...