Rosalys Sicht:
In der Stille der Nacht, als die Dunkelheit noch immer über den Raum waltete, öffnete ich erneut meine Augen. Ein vorsichtiges Blinzeln vertrieb langsam die Schleier des Schlafes und ich ich konnte das sanfte, gleichmäßige Atmen der anderen hören. Selbst das entfernte Schnarchen von Jorge war Teil der Geräuschkulisse, als ich mich leise aufsetzte. Meine Finger glitten durch meine Haare, und als ich meine Augenlider wieder schloss, spürte ich eine unerwartete Wachheit in mir. Ein seltsames Gefühl durchströmte mich, denn normalerweise hatte ich keinerlei Schwierigkeiten, zu schlafen.
Ich erhob mich im viel zu dunklem Raum. Die Dunkelheit schien mich wie ein unsichtbares Band zu umschlingen und mein Blick suchte nach Konturen in der Finsternis. Kaum sichtbare Umrisse formten sich vor meinen Augen, während der spärliche Lichtschein durch das Fenster nur zögerlich Einlass gewährte. Die schmale Mondsichel warf nur einen schmalen Streifen Licht auf den Boden. Die Sterne, die am Himmel verteilt waren, sandten nur ein blasses und schwaches Leuchten aus, das kaum ausreichte, um die Dunkelheit zu erhellen.
Einen Moment verharrte ich einfach an Ort und Stelle. Schließlich entschied ich, dass frische Luft vielleicht die Antwort auf meine innere Unruhe sein könnte. Schlaf schien ohnehin keine Option mehr zu sein. Daher bewegte ich mich lautlos, Schritt für Schritt, in den benachbarten Raum. Meine Füße setzten behutsam auf dem Boden auf, da ich die anderen nicht wecken wollte.
Als ich die Türschwelle des Raumes erreichte, ließ ich einen Atemzug entweichen, den ich offenbar die ganze Zeit über angehalten hatte. Ein leiser Luftzug entwich dem Spalt meiner Lippen und ich ließ meinen Blick durch die Dunkelheit schweifen. Hier war das Fenster größer als zuvor. Ein matter Streifen grauen Lichts erstreckte sich über den Boden.Als würde er mir den Weg leuchten...
Die Welt wirkte wie ausgewaschen, grau und stumm, als ich mich langsam zum großen Fenster begab. Ein schmales Geländer außerhalb des Fensters zog meine Aufmerksamkeit auf sich und ich konnte meiner Neugierde nicht widerstehen. Sie verleitete mich dazu, dass ich den Griff des Fensters in die Hand nahm. Ich zog ihn sanft zu mir heran. Die beiden Flügel des Fensters schwangen leise auf und sofort umfing mich milde Nachtluft. Ein zarter Wind, der von der fernen Brandwüste herüberwehte und mein Gesicht kitzelte.
Im nächsten Augenblick streckte ich meinen Kopf aus dem Fenster und entdeckte den Grund für das anliegende Geländer. Neben dem Fenster, an der Hauswand befestigt, erstreckte sich eine Leiter, die ein Stockwerk weiter oben aufs Dach führte.
Ohne zu zögern, stieg ich behutsam aus dem Fenster und platzierte meine Füße auf dem schmalen Sims, um die Leiter genauer zu inspizieren. Bevor ich weiterging, lehnte ich das Fenster vorsichtig an, um zu verhindern, dass der Wind es zuschlagen ließ und die anderen im Raum aufwecken würde.
Meine Finger umklammerten fest eine der Sprossen. Die Kälte des Metalls durchdrang meine Haut. Überraschenderweise erwies sich die Leiter als stabil und nur ein Hauch von Rost hatte sich auf der metallenen Oberfläche niedergelassen. Die Befestigung der Leiter an der Wand schien widerstandsfähig zu sein, und ohne lange nachzudenken, ergriff ich auch mit meiner zweiten Hand eine Sprosse. Mit jedem aufsteigenden Schritt fühlte ich mich sicherer. Ich verharrte kurz, um sicherzustellen, dass die Leiter mein Gewicht problemlos trug, bevor ich meinen Aufstieg fortsetzte, bis ich schließlich das Dach erreichte.Oben angekommen, stieg ich über die Dachkante und betrat das weite Hausdach. Die Fläche war flach und von Sand bedeckt, der eine weitere Verbindung zur endlosen Brandwüste zu sein schien, die bis hierher ihre Ausläufer erstreckt hatte. Mit jedem meiner Schritte knirschte der Sand unter meinen Füßen. Ein Moment des Zögerns durchströmte mich, als ich in die Mitte des Dachs blickte. Ich entschied mich dafür, am Rand zu bleiben; die Vorstellung, die Decke unter meinem Gewicht einstürzen zu lassen und meine Freunde zu begraben, war beängstigend.
Mit diesem Gedanken im Hinterkopf balancierte ich entlang des Dachrandes, der sich fast wie eine flache Stufe anfühlte. Die Breite des Dachs gab mir das Gefühl von Sicherheit, sodass die Furcht vorm Abstürzen in den Hintergrund trat. Meine Schritte führten mich fast bis zum gegenüberliegenden Ende des Hauses, wo ich stehenblieb.
Trotz der kühlen Nachtluft war die Aussicht unbezahlbar und ließ jegliche Kälte vergessen. Vor mir erstreckte sich eine verschlafene Stadt, deren Name längst in den Falten der Zeit verblasst war.
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Die Ewigkeit einer verdammten Reise | Newt Ff / Teil 2 ✔
Hayran KurguWicked ist nicht gut, ganz und gar nicht gut. Wir haben es geschafft, die erste Etappe gemeistert und sind im Glauben, dass alles gut sei, wir in Sicherheit wären, jedoch, die Wahrheit versteckt sich meist nicht weit entfernt von der Lüge. Das Mäd...