17. Kapitel - Das Ende eines Liedes

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Wie versteinert blickte ich zum Mädchen und sofort begann es, in meinem Kopf zu rattern. Vertrauen tat ich ihr nicht, und doch hatte sie gerade einen von ihren eigenen Leuten erschossen, um uns zu retten?
Nein, nicht um uns zu retten, denn alles, was die Menschen draußen in der Brandwüste taten, taten sie nur für sich selbst, und somit vertraute ich ihr kein Stück.
Wenn Leute begannen, ihre eigenen Leute zu erschießen, dann konnte das nur zwei Gründe haben. Entweder es war ein großer Strunk gewesen, oder die Person, welche die Waffe betätigt hatte, war durchgeknallt.
Ja, ich wusste, dass hier die erste Situation der Fall gewesen war, trotzdem vertraute ich dem seltsamen Mädchen nicht. Ich vertraute nur meiner Gruppe und mir selbst.
So war es auch nicht verwunderlich, dass, wenn wir dem Mädchen folgen würden, ich mir die Waffe vom toten Kerl schnappen würde.

Vertraue keinen Fremden, hörte ich die Stimme meines Vaters in meinem Kopf, vor allem nicht Menschen, die dir helfen wollen. Meistens verlangen genau diese Menschen dann eine Gegenleistung.

Das Mädchen starrte uns an. Bis jetzt hatten wir auf ihre Worte nicht reagiert, weswegen unser Gegenüber drängte: "Na los, kommt! Ihr wollt doch hier 'raus!", und endlich setzte sich unsere Gruppe in Bewegung. Ich für meinen Teil verlor meine vorherige Anspannung etwas, als ich mich bückte und nach dem Revolver griff, wobei die Waffe schwer in meiner rechten Hand lag. Schnell steckte ich sie ein, dann fand meine Aufmerksamkeit ein anderes Ziel. Neben dem Toten lag sein Funkgerät, aus dem die Stimme von Janson sprach.
Er fragte nach dem Bericht vom toten Mann, und während meine Augen auf das Funkgerät fielen, konnte ich mir ein zufriedenes Grinsen nicht verkneifen. Hatte Janson das Spiel um die Macht gerade verloren?
Dem Anschein nach ja, und dieses Fazit, nun, es machte mich glücklich. Ein kühler Schauer der Genugtuung lief mir über den Rücken, als ich Jansons Stimme aus dem Gerät hörte, die nach Antworten suchte. Die Verbindung zwischen uns und dem Feind schien vorerst unterbrochen zu sein, und ich fühlte einen Stich von Freude in mir aufsteigen.
Diese dunkle Befriedigung, die in mir aufstieg, war ein bittersüßes Gefühl, das ich nur schwer beschreiben konnte. Es machte mich glücklich, dass das Arschloch namens Janson doch noch in den sauren Apfel gebissen hatte, herrlich. Ein kleiner Triumph über diejenigen, die versuchten, uns zu unterdrücken und zu kontrollieren.
Jedoch, ich konnte nicht weiter mein fieses Gedankengut pflegen, da ich sonst meine Gruppe verlieren würde. Ich zwang mich, meine Aufmerksamkeit von diesem Moment der Schadenfreude abzulenken. Das Überleben meiner Gruppe war jetzt das Wichtigste.
Ich stand also auf, folglich stellte ich fest, dass auch Teresa noch da war. Wie hypnotisiert starrte sie auf das Funkgerät, das immer noch Geräusche von sich gab. Ich konnte ihren Gesichtsausdruck aber um keinen Willen deuten, und so erhob ich meine Stimme: "Wir müssen los, Janson verdient diese Aufmerksamkeit von uns nicht", sprach ich an das neue Mädchen gewandt. Teresa schüttelte ihren Kopf, anschließend drehte ich mich um und lief unserer Gruppe hinterher.

Ich werde einfach nicht schlau aus dir, Teresa, dachte ich, doch ich hatte Wichtigeres zu tun, als mich mit Teresa zu beschäftigen.

Schnell griff ich nach meinem Rucksack, da die Leute von Jorges uns jene abgenommen hatten, darauf rannte ich unserer Gruppe hinterher und als ich aufgeholt hatte, war Teresa wieder bei mir. Newt bedachte mich mit einem interessierten Blick und ich blickte in seine braunen Augen.
Ich versuchte, ihm zu erklären, dass ich eine Waffe genommen hatte, um vorbereitet zu sein, falls wir erneut in eine gefährliche Lage geraten würden. Doch noch bevor ich meine Gedanken in Worte fassen konnte, durchdrang plötzlich Musik die Luft und ließ mich innehalten. Der Klang, der aus den Lautsprechern drang, war so überraschend und unerwartet, dass er mich für einen Moment aus dem Konzept brachte.
Ich war kurz davor, wie angewurzelt in der Halle stehenzubleiben, meinen Blick auf die grauen Lautsprecher gerichtet, aus denen Klänge alter Musik erklangen. Es war, als würde die Zeit für einen Augenblick stillstehen, während die Melodie Erinnerungen an eine Welt weckte, die einst so viel lebendiger gewesen war. Doch in diesem Moment der Nostalgie wurde ich von Newt aus meiner Starre gerissen.
Seine Hand packte meine Schulter fest, und der plötzliche Kontakt ließ mich zusammenzucken. Doch seine Geste war bestimmt und energisch, und bevor ich reagieren konnte, zog er mich mit sich. Gemeinsam rannten wir diesem Mädchen hinterher, von dem ich immer noch nicht den Namen kannte.

Die Ewigkeit einer verdammten Reise | Newt Ff / Teil 2 ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt