Drinnen werden wir von einem schlecht gelaunten Zwerg in Empfang genommen. Wie ich an der Unform erkennen kann, ist er gerade einer der diensthöchsten Polizeibeamten in diesem Gebäude. Fragt mich nicht, wie jemand, der noch kleiner ist, als ich, ein Polizist werden konnte und dann noch Hauptkommissar. Ein wenig lässt es Hoffnung in mir aufspringen, was meine Karriere angeht. Aber nur ein wenig.
"Wir haben den Alchemisten schon in die Dienststelle gebracht. Da er schon im Bett lag, war er nicht sonderlich begeistert davon. Und auch ich hoffe, dass es was Vernünftiges zur Findung der Vermissten beiträgt. Ansonsten gibt es ganz schön Krach.", grummelt der Zwerg, der sich nicht mal vorgestellt hat, und öffnet eine Tür.
Dahinter erwartet uns ein noch schlechter gelaunter Mensch. Der Alchemist. Ich tippe mal, dass er so um die Sechzig ist. Sein graues Haar steht an allen Seiten ab und man erkennt, dass er es versucht hat sie zumindest mit den Händen zu bändigen, wenn er schon keine Zeit hatte sie zu kämmen.
"Da sind Sie ja endlich. Man hat mir erklärt, was der ganze Mist hier soll. Jetzt will ich wissen, wieso in Herrgotts Namen Sie auf die Idee kommen, ich könne was mit diesen Vermissten zu tun haben. Ich sitze den ganzen Tag in meinem Geschäft, verflucht.", mault der Mann sofort los.
Da ich als Erstes eingetreten bin, steht Rita hinter mir, weshalb sie mich jetzt zur Seite schiebt und die flache Hand auf den Tisch knallt. Der Mann zuckt zusammen, funkelt sie an und will die nächste Schmipftriade beginnen, doch das lässt die Füchsin nicht zu.
"Was können Sie uns dazu sagen?" Erst jetzt sehe ich, dass sie den Auszug auf den Tisch geknallt hat. Wann bitte schön hat sie mir den denn entwendet?
Der Mann holt ein Etui aus seiner Jackentasche, aus dem er eine Lesebrille hervorholt. Während er ließt, werden seine Augen immer größer.
"Dies ist verbotene Alchemie.", erklärt er. "Wie man hier lesen kann, kann man einer Person das Aussehen einer anderen geben. Aber was hat dies mit den Vermissten zu tun? Sagen Sie mir nicht, jemand war so dumm und hat sich als diese ausgegeben."
"Als die Vermissten nicht, allerdings als jemand anderes.", sagt Rita. "Sagen Ihnen die Namen Karo und Herz Holdem etwas?"
Der Mann zieht fragend die Augenbrauen zusammen. "Ja, aber die beiden sind schon lange tot."
Diesmal sind es unsere Augen, die groß werden.
"Wie bitte?", frage ich ungläubig.
"Sie haben richtig gehört. Karo und Herz Holdem sind vor drei Jahren gestorben." Die Augen des Mannes werden traurig. "Sie waren meine Schülerinnen, bevor sie ermordet wurden."
"Ermordet?" Heißt das etwa, Elix hatte recht. Nur dass sich nicht die Holdemschwestern ihre Gestalt ändern, um Verbrechen zu begehen, sondern jemand anderes sich als sie ausgibt, um sich wahrscheinlich vor der Polizei zu verstecken... und um uns an der Nase herumzuführen.
"Nun, ich sage, dass sie ermordet wurden. Die Polizei geht von einem Alchemieunfall aus. Aber ich weiß, wie gut sie waren. Die beiden würden niemals so etwas dummes tun." Wut flammt in seinen Augen auf. "Sie wurden ermordet, weil sie Halbblüter waren. Eigentlich sogar nur zum Viertel Vampire. Die Menschen fürchten sich vor diesen Wesen. Dabei war es bei den Mädchen völlig unbegründet, da sie kein Blut tranken. Doch die Polizei wollte nicht auf mich hören. Sie wurden sogar als Menschen in den Akten geführt und als solche der Öffentlichkeit vorgestellt, damit ja niemand herausfindet das Halbblüter die Alchemie lernen."
"Das reicht an dieser Stelle.", unterbricht der Zwerg uns unfreundlich. "Die Aussagen haben nichts mit dem Vermisstenfall zu tun. Ich bitte die Kollegen aus Denburgh wieder auf ihre Dienststelle zu fahren und der Herr darf wieder nach Hause."
"Wir sind noch nicht fertig.", knurrt Rita ihn an.
Sofort wendet sie sich wieder dem Alchemisten zu. "Was können Sie uns zu den beiden noch erzählen? Haben Sie eine Vermutung, wer sie umgebracht haben könnte?"
Er schüttelt traurig den Kopf. "Ich habe versucht herauszufinden, wer es getan haben könnte, aber ich konnte nichts finden. Eigentlich waren die einzigen Personen, mit denen sie Kontakt hatten ihre Mutter, der Stiefvater und ihre jüngeren Halbbrüder, die ebenfalls Zwillinge sind. Wirklich tolle Jungen. Kamen oft vorbei, um ihre Schwestern abzuholen."
"Können Sie uns noch mehr über die Brüder erzählen?"
Er verzieht nachdenklich seine Augenbrauen. "Nicht viel eigentlich. Anfangs haben sie sich auch für Alchemie interessiert, aber das Interesse verschwand schnell."
"Hmm..." Sie schaut zu mir.
Wenn die Brüder kein Interesse an Alchemie hatten, dann ist es unwahrscheinlich, dass sie mit dem Ganzen etwas zu tun haben könnten. Dennoch habe ich ein merkwürdiges Gefühl bei den beiden. Da fällt mir eine Frage ein, bei der ich mir gedanklich mehrmals ins Gesicht schlage, weil wir sie hätten zu erst fragen müssen.
Ich schaue den alten Mann an. "Können Sie uns sagen, wie die Brüder heißen?"
Er muss schmunzeln. "Wirklich sonderbare Eltern im Hinblick auf die Namenswahl ihrer Kinder. Aber soweit ich weiß, war es die Mutter, die sie ausgesucht hat. Aber da die Namen so besonders sind, macht es das viel einfacher sie zu merken. Die Namen sind wie die von den Schwestern, Herz und Karo. Sie heißen Kreuz und Pik Holdem. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, sind sie zur Hälfte Trickster."
Oh Gott, bitte nicht...
Ich schaue Rita mit großen, schockierten Augen an. Ihre Augen sehen nicht besser aus. Schließlich nimmt sie tief Luft und räuspert sich.
"Vielen Dank. Sie haben uns wirklich weiter geholfen. Ich denke, wir können jetzt wieder nach Hause.", sagt sie und wir verabschieden uns.
Zurück im Auto, fahren wir schweigend auf die Autobahn.
"Ich glaube, wir können uns freuen, dass sie nur Halbtrickster sind.", versuche ich Hoffnung zu machen.
"Könnten wir, aber da ist noch die Alchemie, weshalb es sie wahrscheinlich noch gefährlicher macht als normale Trickster.", zerschmettert Rita die Hoffnung.
Aber eigentlich wusste ich es. Trotzdem wollte ich mir etwas vormachen, um mich besser - sicherer - zu fühlen.
Trickster können die schönsten und spannendsten Illusionen erschaffen. Selbst Dinge, die in dieser Welt der Magie und Fabelwesen nicht existieren, wirken lebensecht. Aber dies ist nur so lange atemberaubend, wie es Teil einer Show ist und nicht der eines Verbrechens. Weshalb es eigentlich das Leben hätte einfacher machen müssen, dass die Zwillingsbrüder nur zur Hälfte Trickster sind. Ihre Illusionen sind logischerweise entsprechend schwächer. Aber der Fakt, dass sie alchemiekundig sind, macht sie wahrscheinlich noch viel gefährlicher. Vor allem, weil sie für welches Ziel auf immer auch nicht vor verbotener Alchemie zurückschrecken. Weshalb sich mein Magen ganz schön verkrampft.
Hallo ^^
Noch glaube ich, dass ich es mit Kapitel 50 beende... noch...
LG Soul_Guardian
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Ein/Viertel (BoyxBoy)
FantasyGerade die stressige Ausbildung beendet, da kann eigentlich das entspannte Berufsleben beginnen. Zumindest sollte es ein Schreibtischjob sein. Ein Schreibtischjob! Das war es, was ich mir als Wunsch eingetragen habe, in diesem dämlichen Bogen, der n...