♠ Kapitel 21

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Wie ich euch schon erzählt habe, leben manche Tiermenschen in von hohen Mauern umgebenen Dörfern innerhalb von Städten, in denen die Stadtverwaltung angeblich trotzdem was zu sagen hat. Aber allgemein ist bekannt, dass die Clans (Tierarten oder Ähnliches finden die Tiermenschen herabwürdigend) so ziemlich ihre eigene Politik dort drin betreiben. Deswegen sitzt immer der offizielle Repräsentant (inoffiziell: Anführer) solch eines Dorfes im Stadtrat, damit es nicht völlig eskaliert mit der Selbstverwaltung und gar eigene Staaten hinter den Mauern entstehen. Wobei ich denke, dass es schon so ziemlich fast der Fall ist.

Rita zerrt mich in ein wartendes Auto, dessen Fenster verdunkelt sind, sodass uns niemand darin sehen kann.

"Hier, setzt die auf, dann die Cap und anschließend bindest du dir das hier um.", sagt sie, während sie mir eine dunkle Sonnenbrille und eine rot-weiße Cap aufsetzt. 

In meine Hände drückt sie irgendetwas, das rot und wuschelig ist. Ich hebe es hoch und stelle fest, dass es sich um einen künstlichen Fuchsschwanz handelt, der wahrscheinlich schon bessere Tage gesehen hat. Diesen soll ich mir wohl mit dem daran befestigten Gürtel um die Hüfte binden.

"Wieso bekomme ich so etwas nicht?", fragt Elix schmollend.

"Weil dich hier jeder kennt und weiß, dass du ein Mischling bist. Kylian hingegen sollte man nicht als Mischling erkennen und auf dem ersten Blick merkt niemand, dass es sich um einen falschen Schwanz handelt.", antwortet seine Cousine.

"Reicht es nicht, wenn ich einfach nur die Sonnenbrille aufsetzte, damit niemand meine Augen erkennen kann? So denken alle ich sei ein Mensch. Außerdem, soweit ich weiß, ist es Außenstehenden erlaubt mit einer Einladung Clangelände zu betreten.", stelle ich fest.

"Ähm, ja. Was das angeht...", beginnt sie.

Ich hebe skeptisch eine Augenbraue.

"Naja, du hast recht, es bedarf einer Einladung. Allerdings einer schriftlichen, vom Clanrat autorisierten Einladung."

"Ich nehme mal an, du hast eine solche Einladung nicht für mich."

"Du hast es auf den Punkt gebracht. Aber zum Glück ist Sonntag und nicht viel los. Weshalb wir uns ungestört in die Bibliothek schleichen können."

Dieses Selbstvertrauen würde ich auch gerne besitzen.

An sich war das Auto total unnötig, da wir nicht mal vielleicht eine Minute brauchten, um unser Ziel zu erreichen. Als wir aussteigen, richte ich den Gürtel um meinen Bauch. Ja, ich hab mir das Ding wirklich umgebunden und ich werde mich wahrscheinlich nie aufhören zu fragen, wieso ich mich dazu habe überreden lassen. Naja, aber vielleicht verringert es wirklich das Risiko, dass der Clan über meine fehlende Einladung in Kenntnis kommt.

"Das Schwänzchen steht dir wirklich gut, Ki.", stichelt Elix und ich funkle ihn hinter der Sonnenbrille an.

Ich wende mich zu dem vor uns stehenden, allerdings diesmal offenen Tor. Die Mauer, die von diesem Tor unterbrochen wird, ist zwar niedriger als die Erste, aber auch sie braucht sportliches Talent. Mein Blick legt sich auf diese 'Pseudotreppe' hinter dem Tor, deren Stufen nur so hoch sind, dass es eher Stolperfallen sind. Also ich bin der Überzeugung, dass es nur einen rein optischen Sinn hat, solche 'Treppen' zu bauen, dabei würde es bei der sanften Steigung auch ein ganz normaler Weg tun.

Nach zwei Minuten Fußmarsch mit sanfter Steigung erreichen wir tatsächlich eine weitere Mauer mit Tor. Ich weiß zwar nicht, ob das nur so ein Fuchsmenschending ist, aber was haben die mit diesen Mauern? 

"Wir nehmen einen anderen Weg.", sagt Rita und zieht mich von dem Tor weg. Elix läuft uns hinterher.

Schließlich erreichen wir ein dichtes Gebüsch. Hinter dem Gebüsch offenbart mir Rita, dass wir jetzt über die Mauer klettern...

"Ohne mich.", verkünde ich sofort.

Sie legt mir beruhigend eine Hand auf die Schulter. "Keine Sorge, Kyli. Ich habe natürlich bedacht, dass du kein Sporttalent bist, deswegen wirst du auf Ellis Rücken klettern und er wird dich einfach drüber tragen."

Ich schaue zu dem Halbfuchs und wieder zurück zu ihr. "Das glaubst du wohl selbst nicht?" 

Und wie sie es glaubt. Es ging ganz schnell. Bei ihrem Blick habe ich mir fast in die Hose gemacht (Elix glaube ich auch) und nun klammere ich mich auch schon mit Händen und Füßen mit all meiner Kraft an ihm fest, da er seine Hände braucht, um die Mauer hochzukommen. Ich sehe wie Rita zum Sprung ansetzt und einfach die Mauer hochspringt. Nachdem sie uns ein Zeichen gibt, dass die Luft rein ist, geht auch er tief in die Hocke. Ich schlinge mich noch fester um ihn und presse die Augen zusammen. 

"Keine Angst, Kylian. Dir wird schon nichts passieren.", versucht er mich zu beruhigen, was auch irgendwie funktioniert.

Ich nehme tief Luft und ein Geruch nach Tannen steigt mir sanft in die Nase, was mich irgendwie entspannen lässt. Dann spüre ich einen starken Ruck und kurz darauf einen zweiten, allerdings etwas sanfteren. 

"Was hat es denn so lange gebraucht?", beschwert sich Rita und späht hinter einem anderen Gebüsch in den Garten.

Vorsichtig, damit ich nicht runterfalle, bückt sich Elix und ich kann endlich wieder auf meinen eigenen Beinen stehen. Als ich einen Schritt von ihm weggehe (es soll ja niemand auf falsche Gedanken kommen), merke ich, dass dieser beruhigende Duft mich nicht mehr einhüllt. Ich schaue zu dem Halbfuchs. Ist es etwa Elixs Geruch? Naja, so nah war ich ihm noch nie und da meine Nase direkt in seinem Nacken war... Ich spüre eine leichte Hitze in meinen Wangen aufsteigen.

"Alles in Ordnung?", fragt er mich plötzlich und schaut mich an.

Sofort schüttele ich meinen Kopf. "Nein, alles gut."

Seine Lippen zucken, als würde er mir noch etwas sagen wollen, aber da dreht er sich zu seiner Cousine um. "Wie siehts aus? Können wir weiter?"

Sie grinst ihn an. "Wie erwartet, ist niemand zu Hause."

Und dieses Zuhause ist riesig. Außerdem erinnert es stark an die japanische Architektur, also die alte mit den Schiebetüren mit Papierfenstern, nur das diese hier aus Glas sind und die Einrichtung modern. Ein Obergeschoss gibt es auch noch.

Rita atmet erleichtert aus, als wir die besagte Bibliothek, ohne jemanden zu begegnen, erreichen und somit unbemerkt hineinschlüpfen können. Also ich muss schon gestehen, dass ich etwas enttäuscht bin. Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass sie, an der Größe des Hauses orientiert, riesig ist, aber sie ist nicht viel größer als das Klassenzimmer meiner Oberschule, als ich noch zur Schule ging.

"Und wo ist das Buch?", fragt Elix flüsternd.

Rita seufzt. "Uns hört schon niemand. Es ist unten."

Unten?

Als 'Unten' stellt sich eine Bibliothek, erreichbar durch eine in den Boden gelassene Tür, im Keller heraus. Und ja, diese entspricht schon eher meiner Vorstellung, denn diesmal entspricht sie in etwa der Größe des gesamten Hauses.

Hallo ^^

Merkt schon der ein oder andere, durch wessen Einstellung das, worauf wir alle warten, nur kriechend vorankommt? *seufz*

LG Soul_Guardian

Ein/Viertel (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt