Ich hätte es wissen müssen. Ich hätte es verdammt noch mal wissen müssen, bevor ich meinen Mund aufgemacht habe. Mein Ziel habe ich an sich erreicht, dass Elix einlenkt und nicht alles auf Jonathans Magie setzt. Allerdings exakt eine Minute nachdem er mit 'Also gut' meinen Worten nachgegeben hat, breitete sich sein Mund in ein mein Schicksal besiegelndes Grinsen aus. Ich hatte nicht mal den Hauch einer Chance, ihm wieder Vernunft einzureden.
"Wie heißt es so schön, Ki? Du hast dir die Suppe eingebrockt, jetzt musst du sie auch auslöffeln." Dies waren seine Worte auf meinen folgenden Protest.
Nun stehe ich gut zwei Meter von unserem Halbdrachen entfernt, mit solch einem Knüppel bewaffnet, den die Polizisten in ihrer Standardausstattung haben, und sehe, wenn ich überlebe, mindestens einigen gebrochenen Knochen entgegen.
Wie blöd kann man eigentlich sein, Kylian?
Vorsichtig schiebt einer der Polizisten - ein Tigermensch - eines der Metallplatten zur Seite. Gerade mal weit genug, dass wir uns durch den Spalt ins Gebäude quetschen können. Die anderen um uns herum schauen uns etwas mitleidig an. Sie mögen uns Mischblut zwar nicht besonders, aber trotzdem wünschen sie uns keinen Tod durch Aufspießen auf einem Bullenhorn.
Tristan nimmt tief Luft, seine unerklärliche Aufregung unübersehbar in sein Gesicht geschrieben und kreuzt die beiden Schlagstöcke ein Stück vor seiner Brust - aus irgendeinem Grund findet er das unglaublich cool. Dann schreitet er auf die dunkle Lücke, die die Platte freigelegt hat und knallt erstmal mit dem Gesicht gegen die Glastür, die dahinter natürlich verschlossen sein muss. Gelächter erhebt sich um uns herum, während er in die Hocke geht und sich die schmerzende Nase hält. Irgendwo hinter uns höre ich ein 'Ich habe es auf Video!'.
Schließlich räuspert sich Elix hinter mir. "Tristan, steh auf, wir haben eine Mission."
Damit richtet sich mein Blick wieder auf das dunkle Loch.
"Können wir das wirklich nicht noch einmal überdenken?", wage ich noch ein letztes Mal den Versuch.
Daraufhin seufzt Elix. "Wenn du schon den Ritter spielen und die holde Maid retten musst, dann musst du es auch bis zum Ende durchziehen."
H-Holde Maid?
Doch bevor ich ihm doch noch widersprechen kann, stößt er mich vorwärts, da Tristan die Tür inzwischen geöffnet hat und in der Dunkelheit verschwindet.
Meine Augen brauchen einen Moment, um sich an das neue Lichtverhältnis zu gewöhnen. Dabei halte ich den Schlagstock wie ein Samurai sein Schwert vor mir, nur dass meine Finger ganz schön verkrampft sind. Doch zu meiner Erleichterung bleibt es ruhig, sodass Tristan erstmal nicht durch die Luft geschleudert wird und nach ihm folglich natürlich ich.
Ich schaue mich um. Da wir durch einen Nebeneingang eingetreten sind, der sich am Ende eines Nebenflurs eines Nebenflurs befindet (der zweite Flur im Satz ist nicht zu viel), können wir noch keinen unserer Ziele erkennen, da sich beide Bullen in der Hauptpassage der Mall befinden. Durch ein flackerndes Licht aus dem Nebenflur, in dessen Nebenflur wir uns befinden, kann ich Tristan gut vor mir erkennen und stelle fest, dass ich immer noch circa zwei Meter hinter ihm bin. Doch plötzlich bleibt er stehen, so auch wir, während uns zeitgleich - na ja, zumindest mir, für die anderen kann ich nicht sprechen - das Blut gefriert.
Ein lautes Brüllen, gefolgt von einem lauten Knall hallt durch die Flure und lässt die Schaufenster um uns vibrieren. Ich schlucke hart und greife den Schlagstock noch etwas fester. Meine Fingerknöchel müssen deswegen jetzt ganz schön weiß angelaufen sein.
Nach einem Moment der Ruhe spricht Tristan leise vor uns. "Sie kommen nicht in unsere Richtung. Ich gehe jetzt weiter."
Hinter mir höre ich Elix seine Zustimmung sagen. Dann nehme ich tief Luft und folge Tristan weiter, meine zwei Meter Abstand haltend.
Da man die Glaskuppel nicht abgedeckt hat, können die Lichtstrahlen ungehindert durch das offene Areal zwischen Erd- und Obergeschoss alles ausleuchten. Deshalb können wir, nachdem wir den ersten Nebenflur betreten haben, in der Hauptpassage schon etwas Erkennen. Dort sehen wir die zu Kleinholz verarbeiteten Stühle, Tische, Dekorationen und auch einen Teil des Inventars von den umliegenden Geschäften. Doch es ist beunruhigend ruhig geblieben. Trotzdem gibt Elix den Befehl, langsam und vorsichtig weiter vorzudringen sowie jeden Moment bereit für den Kampf zu sein. Für einen Augenblick kann ich noch einen Blick zurückwerfen, um festzustellen, dass der Tiger die Platte wieder zurück an Ort und Stelle geschoben hat. Allerdings verschwindet der Gedanke, dass unser eigentlicher Fluchtweg wieder versperrt ist, nur wenige Sekunden später. Denn es fliegt - ich könnte schwören, dass es nur wenige Zentimeter an Tristans Nasenspitze vorbei ist - ein riesiger Minotaurus an uns vorbei und kracht in den Juwelier direkt neben uns, dessen Scheiben unglaublicherweise bis gerade eben noch nicht in unzählig viele Splitter zerstört wurden. Gefolgt wird das Ganze von einem ohrenbetäubenden Brüllen. Scheint so, als hätte in dieser Folge 'Stier VS Stier' der Stiermensch diesmal die Oberhand.
Sofort spring Jonathan in das, was noch von dem Laden übrig geblieben ist und betäubt den Minotaurus mit einer extra großen Ampulle unseres Betäubungsmittels, dessen Wirkung eine Ecke stärker ist als das Standardmittel der Polizei. Ja, so was ist erlaubt, wie wollt ihr euch sonst bei zum Beispiel einer Demonstration gegen einen wütenden Elefantenmenschen behaupten. Da gibt es zack etwas Betäubungsmittel und er sitzt wenigstens still, auch wenn das Mittelchen niemanden komplett ausknockt. Diese Wirkung hat da eher unser Mittelchen, deshalb die Worte 'eine Ecke stärker'.
Während Jonathan mit dem Ruhigstellen des Minotaurus beschäftigt ist, wobei die Nadel, wie ich später beim Korrekturlesen des Berichtes mitbekomme, durchbricht, weil die Haut viel stärker als gewöhnlich ist, blicken wir anderen direkt auf einen auf uns zustürmenden, sehr wütenden Stiermenschen, der in diesem Moment doppelt so groß scheint wie gewöhnlich. Im medizinischen Bericht steht später, dass er nur um eine halbe Körpergröße größer war als in seinem Ausweis, allerdings ist auch das ganz schön viel.
Sofort springen wir in alle Richtungen, sodass der Stier in den Juwelier neben dem vorhin erwähnten Juwelier kracht. Allerdings ist dieser durch einen reingeworfenen Tisch bereits zerstört worden, weshalb der Schaden einzig nur verschlimmert wurde.
"Ist noch alles dran bei euch?!", ruft unser Vorgesetzter aus dem Nebenflur heraus.
Ich krieche zwischen zwei Tischen hervor und teile mit, dass bei mir noch alles dran ist. Tristan ein Stück neben mir dasselbe.
Plötzlich brüllt unser noch nicht betäubtes zweites Ziel aus dem Geschäft heraus. Im nächsten Moment steht Tristan davor und ruft: "Ich lenke ihn ab. Ihr versucht euch ranzuschleichen und ihn zu betäuben."
Als Nächstes zieht er einen Holzstab, der wahrscheinlich ein Tischbein war, aus den Trümmern, weil er seine Schlagstöcke durch den Fluchtsprung verloren hat. Nun wieder bewaffnet, läuft er damit wild vor sich rumfuchtelnd vor den Laden und lockt den Stiermenschen, der sich mit lautem Gebrüll von wahrscheinlich verdammt teuren Schmuck befreit. Es dauert keine fünfzehn Sekunden, da rennt Tristan schon in die Richtung, die von uns wegführt und beleidigt den Stier dabei aufs Übelste.
Ich seufze erleichtert. Dennoch war jetzt nicht die Zeit, sich zu entspannen, schließlich mussten wir nun Tristans Arsch retten.
Hallo ^^
Hat sich jetzt irgendwie der Sonntag als Veröffentlichungstag etabliert, allerdings nur, weil ich Samstag nicht daran denke und am nächsten Tag mir plötzlich einfällt, dass da ja noch was ist xD 🙈 (Der Affe ist das Standardemoji von mir und meiner Freundin geworden xD Wer nutzt es auch so gerne?)
Und endlich ist das Wetter wärmer geworden. Natürlich regnet es noch recht oft (inzwischen), aber ist vom Nordwesten nicht anders zu erwarten ^^" xD
LG Soul_Guardian
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Ein/Viertel (BoyxBoy)
FantasíaGerade die stressige Ausbildung beendet, da kann eigentlich das entspannte Berufsleben beginnen. Zumindest sollte es ein Schreibtischjob sein. Ein Schreibtischjob! Das war es, was ich mir als Wunsch eingetragen habe, in diesem dämlichen Bogen, der n...