Langsam klettere ich aus den Trümmern heraus, und wie es das Schicksal so will, muss ich mit meinem Fuß an irgendetwas hängen bleiben und anschließend der Länge nach auf den Boden knallen und noch ein Stück weiterrutschen. Dabei klatschen meine Hände unbedingt dann auf dem Boden, als der Stier eine Brüllpause nimmt, um für die nächste Runde Luft zu nehmen. So hört man das Klatschen in der gesamten Mall widerhallen. Sowie ein 'Uff' meinerseits.
Wenn es nicht in der Sekunde vor meinem Fall mucksmäuschenstill war, dann jetzt. Ich hebe meinen Kopf und blicke direkt in Elixs Gesicht, dessen Mund weit offen steht. Allerdings nicht auf mich gerichtet, wie ihr es euch wahrscheinlich vorstellt, sondern in die Richtung, in der vor gerade mal 30 Sekunden Tristan und der Stier gelaufen sind.
Ich schlucke und wiederhole es gleich noch einmal, weil mir der Schluck im Hals zu stecken scheint. Ganz langsam und damit meine ich verdammt langsam drehe ich meinen Kopf in die besagte Richtung und so ziemlich im selben Moment rutscht mir das Herz in die Hose. Nein, eigentlich klatscht es gerade gegen was auch immer hinter mir ist.
Unsere Blicke treffen sich einen gefühlten langen Moment. Dann füllen sich seine Lungen und ich könnte schwören, dass die halbe Stadt ihn nun hören kann. Oder zumindest die Einsatzkräfte und Schaulustigen vor der Mall.
Ich hingegen kümmere mich nicht darum, dass mir wahrscheinlich gerade die Ohren bluten, da ich nichts als ein schrilles Piepen hören kann, sondern renne los. Ich renne um mein Leben. Um das Aufstehen kümmere ich mich ein gutes Stück während der Flucht, weil die ersten Meter eher dem Stolpern nach einer äußerst gelungenen Disconacht gleichen.
Mein Atem verlässt und füllt stoßweise meine Lungen. Das laute Poltern des Stieres direkt hinter mir nähert sich übelerregend schnell. Als ich das Ende der Passage erreiche, rutsche ich gerade noch rechtzeitig um die Kurve, während der Stier den Laden eines Mobilfunkanbieters demoliert. Naja, eigentlich ist, wie bei dem zweiten Juwelier, nicht mehr viel übrig, was noch demoliert werden könnte.
Deshalb bin ich an der Stelle nicht so dumm und gönne mir eine Verschnaufpause. Eigentlich, wenn ich so intelligent wäre, wie ich behaupte, müsste ich das kleine Zeitfenster, in dem er mich nicht sieht, nutzen, um mir ein sicheres Versteck zu suchen. Stattdessen renne ich weiterhin wie ein Irrer die Passage auf ihrer anderen Seite wieder zurück und natürlich dauert es nicht lange, bis ich die schweren Hufen erneut hinter mir höre.
Als ich so ziemlich das andere Ende erreicht habe und ich denke, dass meine Lungen mir gleich den Dienst verweigern, zieht mich plötzlich etwas nach rechts und zerrte mich die Rolltreppe hoch, bis ich mich in einem Laden wiederfinde, der Markenklamotten (und anderen Krimskrams) zu einem verdächtig niedrigen Preis verkauft. Deshalb habe ich so meine Zweifel an der Qualität (was sich durch manchmal löchrige Ware beweist). Trotzdem meine ich, dass ich mir hier mal doch ein Oberteil gekauft habe - was auch immer mich da geritten hat (wahrscheinlich die Überredungskunst meiner Mutter).
Noch ziemlich benommen vom durch meine Flucht verursachten Sauerstoffmangel, schaue ich mich um. Dabei treffen meine Augen auf Moosgrüne. Elix kniet direkt vor mir und schaut mir direkt in die Augen. Aus irgendeinem Grund habe ich das Bedürfnis zu schlucken, da mich diese Situation recht nervös macht.
"Alles in Ordnung?", fragt er, seine Stimme leise.
Doch ich bin, obwohl ich ihm antworten will, außerstande irgendetwas zu sagen. So als würden mich seine Augen gefangen halten. Paralysieren.
"Kylian?" Da blinzelt er, und es ist so, als wäre irgendein Zauber gelöst worden.
"J-Ja, mir geht es gut.", stammele ich und wende meinen Blick rot werdend von ihm ab.
Er seufzt erleichtert und steht auf. Dann geht er zurück zur Rolltreppe, wo Tristan und Jonathan wache halten.
"Wo ist er?", fragt er die beiden.
"Er ist weiter zum Eingang und dem Lärm nach zu urteilen, macht er gerade der dortigen Barrikade das Leben schwer.", antwortet Jonathan.
Dann wird Elix still und sein Gesicht nimmt einen ernsten, nachdenklichen Ausdruck an. So habe ich ihn bis jetzt noch nie gesehen. Normalerweise hat er immer dieses ungenierte Grinsen im Gesicht, dass sich mir die Haare im Nacken aufstellen, da dies nie etwas Gutes bedeutet.
"Tristan.", sagt er immer noch nachdenklich. "Wie lange kannst du schneller als er sein?"
Der Halbdrache spitzt die Lippen, bevor er antwortet. "Ich kann zwar jetzt nicht so ein Sprint hinlegen wie Kylian, aber was auch immer du planst, ich werde durchhalten. Ansonsten habe ich noch meinen Drachenpanzer."
Der Fuchs nickt. "Folgendermaßen. Tristan lenkt ihn ab, während ich mich hinter der Rolltreppe in Position stelle. Sobald ich das Signal gebe, lockst du den Stier zurück. Jonathan behält das Ganze im Blick und gibt mir sofort ein Zeichen, sodass ich dem Vieh die Spritze in den Körper jagen kann."
"Und was mache ich?", frage ich.
Da ist es wieder. Dieses Grinsen.
"Du, mein lieber Ki, bleibst hier oben bei Jonathan und leistest ihm Gesellschaft."
Ergo, ich bin nach meinen glorreichen Taten, die einen eleganten Fall zu Boden und eine nicht weniger ansehnliche Flucht beinhalten, nicht zu gebrauchen und wahrscheinlich ein Risiko für diesen Plan. Übel kann ich es ihm nicht nehmen, schließlich habe ich schon zwei Pläne in den Sand gesetzt. Außerdem habe ich sowieso keine Lust mehr auf die ganze Scheiße, also kommt es mir doch recht gelegen.
Nachdem alle einmal tief Luft genommen haben, steigt Tristan leise die Treppen hinunter und verschwindet in der Dunkelheit, wo das Licht der Glaskuppel nicht hinreicht. Kurz darauf hören wir ein lautes: "Hey, du Rindvieh! Ich bin hier!" Dann sprintet Elix erstaunlich leise für solch ein Tempo ebenfalls die Treppe hinunter. Vorher hatte ihm Jonathan die Spritze mit dem Betäubungsmittel gegeben, der er die Nadel in eine Metallene gewechselt hatte, wie ich später ebenfalls im Bericht lese.
Jonathan legt sich auf den Bauch, um einen besseren Blick nach unten zu haben. Ich hocke mich auf der anderen Seite der Rolltreppe hin, wo ich ebenfalls nach unten spähe. Einen Augenblick später gibt Elix über die kleinen Kopfhörer in unseren Ohren sein Signal. Dann dauerte es auch nicht mal eine Sekunde, da hören wir den Lärm des Stieres näher kommen.
Als Tristan an der Treppe vorbei rennt, gibt Jonathan das Signal an Elix weiter, doch da kracht der Bulle in die Treppe. Durch den Kopfhörer hören wir Elix ein erschrockenes 'Wow' sagen, aber ansonsten scheint es ihm gut zu gehen.
Der Stiermensch schüttelt sich den Schutt vom Kopf und Tristan versucht wieder seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Doch da blickt das Vieh zu uns nach oben. Ich atme tief durch meine Nase ein und wieder aus, denn es ist klar, auf wen sich diese dunklen, wütenden Augen fixieren.
Die folgenden Geschehnisse scheinen wie in Zeitlupe zu sein. Ich stehe langsam auf, der Stier richtet sich auf, Tristan versucht immer verzweifelter den Plan wieder in die richtige Bahn zu lenken, Elix fragt immer wieder, was los sei und Jonathan bricht das Ganze durch ein lautes: "Lauf!"
Hallo ^^
Kylian kann einem schon ganz schön leidtun ^^"
Hoffe ihr hab in diesem Kapitel besonders auf die Kommasetzung geachtet, weil irgendwie finde ich es so merkwürdig und habe eher nach Gefühl als nach Wissen entschieden. Überhaupt war die Rechtschreibung diesmal irgendwie so Banane xD
LG Soul_Guardian

DU LIEST GERADE
Ein/Viertel (BoyxBoy)
FantasiaGerade die stressige Ausbildung beendet, da kann eigentlich das entspannte Berufsleben beginnen. Zumindest sollte es ein Schreibtischjob sein. Ein Schreibtischjob! Das war es, was ich mir als Wunsch eingetragen habe, in diesem dämlichen Bogen, der n...