♦ Kapitel 4

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Es fühlt sich merkwürdig an, dass ich heute einen ruhigen Tag habe. Schließlich habe ich, seit ich hier angefangen habe, die ganze Zeit geputzt und war damit ganz schön auf Trab. Es fühlt sich schon fast falsch an, jetzt hier zu sitzen und nur in dem Ordner zu lesen. Ach ja, der Ordner beinhaltet alle Fabelwesen, die bisher registriert wurden, und all' ihre dazugehörigen Daten. Vor allem ihre Schwächen. Die sind für unsere Abteilung natürlich am wichtigsten. Schließlich sind wir die Spezialisten, wenn es darum geht, sie einzufangen.

Ich schau mich im Büro um. Elix ist heute nur kurz da gewesen. Er meinte, ich solle mich erst mit dem Ordner vertraut machen. Kann ich auch verstehen, schließlich will ich ja nicht draufgehen, nur weil ich keine Ahnung habe, wie ich am besten gegen den Kriminellen vorgehen kann. 

Mir fällt auf, dass er es schon wieder geschafft hat, einige Blätter mit Notizen auf einem der Schreibtische zu verteilen. Moment mal. Apropos 'Schreibtische'. Ich war zwar schwer beschäftigt, aber mir wäre sicher aufgefallen, wenn die anderen Kollegen gekommen wären. Aber bisher habe ich keinen einzigen von ihnen gesehen.

Plötzlich kommt mit eine böse Vorahnung. Was ist, wenn Elix und ich hier die Einzigen sind? Ich schüttele mich kräftig. Nein, nein, nein, das kann nicht sein. Es muss doch hier einen vernünftigen Mischling geben. Einen, mit dem ich mich wie mit einem Erwachsenen unterhalten kann. Oder? Oder? Oder?

"Bitte nicht!", schreie ich unter Tränen heraus.

Ich weiß, ihr habt bisher nicht viel über Elix gehört, aber ich schwöre euch, dieser Halbfuchs ist nicht ganz dicht unterm Dach.

"Findest du diesen Waldgeist etwas so niedlich, dass du weinen musst?"

Ich schrecke auf und sehe Rita vor mir grinsen. Ihr Ausschnitt scheint heute noch tiefer als sonst zu sein... Stop! Ich wollte doch damit aufhören!

Stattdessen schaue ich auf die Seite, die ich gerade aufgeschlagen habe, und verziehe mein Gesicht. Ich weiß zwar nicht, was mit Ritas Geschmack falsch läuft, aber dieser Waldgeist ist Dimensionen von 'niedlich' entfernt.

Ich schaue wieder zu ihr hoch. Darauf bedacht, ihr in die Augen zu sehen. "Sag, arbeitet außer Elix noch jemand hier?"

Sie guckt mich überrascht an. "Wieso? Ist hier noch jemand?"

"Nein..."

Plötzlich werden ihre Gesichtszüge weicher. Schon fast traurig. "Weiß du, im Alver-Clan werden die Halbblüter nicht verstoßen. Wir holen die Mütter, wenn sie menschlich sind, sogar zu uns..."

"Aber?"

Sie seufzt. "Sie werden trotzdem mit einer Distanz behandelt. Es geht sogar soweit, dass sie in einem abgegrenzten Bereich leben und sich nur dort bewegen dürfen. Der Rest unseres Clan-Dorfes ist tabu."

Lasst mich kurz Erklären: Die großen Clans neigen dazu zusammen an einem Ort zu leben. Das geht von einem Hochhaus bis hin zu schon praktisch kleinen Dörfern an den Stadträndern. Diese Dörfer sind durch hohe Mauern von der Stadt abgegrenzt und es sollen angeblich sogar eigene Gesetze dort herrschen. Allerdings kann ich dies nicht beurteilen, da nur wenig davon bekannt ist, schließlich kommt dort niemand einfach so ohne Einladung rein. Weshalb das meiste nur Gerüchte sind. 

Ich nicke. "Ich nehme mal an, Elix ist dort aufgewachsen."

"Anfangs."

"Anfangs?"

"Über was redet ihr?" Ich zucke zusammen, als er plötzlich das Büro betritt.

Sofort ändert sich Ritas Gemüt und sie ist wieder die Alte. "Elli, wo warst du gerade? Kyli hat sich schon ganz einsam gefühlt."

Ein/Viertel (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt