ɴɪɴᴇ

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Mae

«Herr Killin?» Vorsichtig und darauf achtend, ihm keine Angst einzujagen, näherte ich mich seiner Schlafzimmer- Tür und klopfte, wie auch gestern zuerst sanft und danach etwas fester an.

Jedoch auch dieses Mal war er nicht aufzufinden. Dann fiel mir ein, dass er ja sehr viel Zeit mit seiner Firma verbringt beziehungsweise mit seiner Arbeit. Also sollte er in seinem Arbeitszimmer sein.

Volltreffer. Dort angeklopft, ertönte ein leises 'Herein' und kurz darauf, blickt ich ein paar knuffige Augen. Wie kann dieser Mann nur so distanziert sein, wenn seine Augen förmlich jemanden zum umarmen einladen. So ein Teddy.

«Ich wollte nur nachfragen, wie Sie sich fühlen, wegen dem gestrigen Vorfall.» 5 Sekunden, 10 Sekunden, 20 Sekunden... Wieso hält er so lange den Blickkontakt? Als ich mich ein wenig von seinen Blicken lösen wollte, weil mein Körper eigenartig reagiert, hustete ich absichtlich.

«Wieso tragen Sie Kontaktlinsen?» Das ist ihm aufgefallen? Wir haben uns doch bisher nur aus der Entfernung gesehen. Wie ist es ihm aufgefallen? Wieso trage ich meine Kontaktlinsen? Ich kann ihm doch schlecht sagen, dass ich keine Aufmerksamkeit erregen will. Das kommt so selbstverliebt rüber.

«Ich hab ein Augenproblem.» Tolle Lüge Mae. Wirklich sehr tolle Lüge. Wie glaubwürdig klingt das von einer Skala von 1-10. Hm lass mich mal überlegen... -10. Ich bin so eine Idiotin.

«Hm.» Puh. Das war noch knapp. Ich hatte schon Angst, dass er nachfragt, welche-

«Und weiter? Was genau sorgt dafür, dass Sie ab und zu Kontaktlinsen tragen müssen?» ... Ich bin so blöd. Wieso sag ich nicht einfach die Wahrheit. Wobei...was interessiert dem das? Ich muss ihm nicht antworten.

«Albinismus. Dadurch sehe ich schlechter, aber gleiche es mit den Kontaktlinsen aus.» Jetzt erkenne ich mir selber an, dass ich einer der Besten aus dem Studium bin. So gut konnte ich nie lügen.

«Das heißt ihre Haare waren von Anfang an in diesem Hellton? Sie haben es nicht färben lassen?» Ach was Klugscheißer. Wer würde sich denn die Haare weiß färben, und das freiwillig! «Kennen sie jemand, der willentlich die Haare weiß färbt?»

«Ihr Frauen färbt doch eure Haare weiß. Sowie diese Berna.» Ein kompletter Vollidiot wirklich. «Zuerst einmal waren ihre Haare gar nicht weiß, sondern Silber. Und das nennt man heutzutage Mode.» Aber wie sind wir jetzt bei diesem Thema? Ich wollte ihn wegen seiner Gesundheit ausfragen.

Ich näherte mich einige Schritte und fasste an seine Stirn. Sein Fieber ist weg. «Haben Sie schon gegessen?» Er schüttelte den Kopf und machte sich weiter an seinen Pc. «Würden Sie bitte das Ding hier ausschalten und sich ausruhen?» Anscheinend ignorierte er mich, weil er weiter arbeitete.

Das kann doch nicht wahr sein! Weiß er denn nicht, dass Überarbeitung und Stress sehr schlecht für seine Krankheit ist und es sich sehr sehr negativ auswirken kann? Macht er das absichtlich und will mich somit auch in das Verderben ziehen?

Ich lief zu ihm, schob seinen Stuhl zur Seite und drückte die Tastenkombination Strgl+S für die Datenspeicherung und schaltete das Ding aus. «Wenn Sie nicht auf mich hören, dann wird das noch sehr schwierig für Sie und mich. Also stoppen Sie einfach diese Scheiße.»

Dickkopf.

«Was tun Sie da! Das ist meine Arbeit und erst Recht haben Sie hier nichts zu sagen!» Wer's glaubt, wird seelig. «Sie wissen schon, dass ich eingestellt wurde und hier für Sie arbeite?» Das war ernst gemeint, denn ich denke, dass er sich hier immer noch nicht im Klaren ist. Entweder spielt er auf dumm und will mich so zum Kündigen treiben oder er hat tatsächlich keine Ahnung.

«Auf Ihrer Sprache: Ich arbeite hier. Soviel wie, diese reizende Dame - auf mich zeigend - arbeitet leider für diesen Gerizekali.» Dabei zeigte ich auf ihn und erntete einen zornigen Blick. Vielleicht habe ich meine Grenzen überschritten, aber er soll's mal checken, dass ich hier Verantwortung trage und er mir das ganze nicht tausendfach erschweren soll.

«Also bitte ich Sie ganz höflich darum, Sich entspannt ins Wohnzimmer zu setzten und auf das Essen zu warten.» Bevor ich ging, stoppte ich und zog den Stecker raus, dass Strom an den Pc weiterleitete und legte es um meine Schulter. «Nur für den Fall, dass sie stur bleiben.»

Bevor ich rausging, könnte ich wetten, dass ich ein spielerisches Grinsen entdecken konnte. Dann ist er doch nicht so blöd, wie ich dachte.

In der Küche angekommen, suchte ich mir ein paar Produkte raus und entschied mich für Lasagne. Zumindest kann ich mitessen, weil ich Lasagne liebe. Jedoch wurde ich bei meinem Vorhaben gestört, weil er - mich beobachtend - an der Insel angelehnt war. «Sie sollten ins Wohnzimmer.» Mein Rücken zu ihm gedreht, bereitete ich die Utensilien vor.

«Wieso? Werden Sie nervös in meiner Anwesenheit?» Ich könnte schwören, dass er ein schiefes Grinsen trug und mich dabei beobachtete.
Pffh ich soll nervös werden? Niemals und vor allem nicht bei ihm. Es ist eher das Gegenteil. «Wenn überhaupt jemand hier nervös wird, sind Sie das. Aber um Ihre dumme Frage zu beantworten. Sie stehen im Weg.» Ich ging an ihm vorbei und nahm aus der Schublade ein Messer raus.

«Hm. Denkst du nicht, dass es etwas gewagt ist, so bei einem Fremden aufzutauchen? Irgendwie einladend.» Laut ausatmend tat ich ihm nicht den Gefallen mich umzudrehen. Stattdessen blieb ich still und schnitt weiter. «Sie. Es heißt immer noch Sie. Wir dutzen nicht. Und zweitens ist an meiner Kleidung nichts gewagt. Es ist eher Ihre unkontrollierbare Lust, die sich als eine billige Ausrede so etwas aus denkt.» Ich habe mir schon immer gedacht, dass alle männlichen Wesen auf der Welt nur an ihre Lustgefühle denken. Schon widerwärtig.

«Eine kleine Feministin haben wir hier.» Fehlt nur noch, dass er mich politisch einordnet. Dann hat er endlich sein Stereotyp von einer Frau. Zwar könnte ich ihm meine Meinung geigen und sagen, dass dies keinesfalls feministisch ist, sondern eher eine rational geprägte Antwort. Aber es wird sich nicht lohnen. Er wird wieder einen Spruch finden und diese Diskussion wird niemals ein Ende haben.

30 Minuten später

Während ich ihm sein Essen servierte, packte ich kurz darauf meine Sachen ein und verabschiedete mich von ihm. Heute ging es ihm gut. Ein paar Mal musste er sich zwar übergeben, aber nichts weiter. Diese werden aber hoffentlich weniger, wenn er endlich eine angemessenen Nahrungsplan hat. Ich muss ihm einen erstellen.

Das mache ich Montag während meiner Zeit in der Uni, wenn ich keine Vorlesungen habe. Aber heute wird sich erst einmal ausgeruht.

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𝐇𝐞𝐚𝐥𝐞𝐫Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt