Zu Hause angekommen stellte Anna die Tasche mit dem Kleid auf den Boden und fiel erschöpft aufs Sofa. Jason kam lachend zu ihr: „Müde?" Anna seufzte: „Nach der Nacht gestern, definitiv."
Auch Paul hatte sich nun zu ihnen gesellt: „Wieso, hast du sie mit Finn verbracht?" Die Jungs mussten Grinsen, aber Anna verdrehte die Augen:
„Bei Jungs dreht sich alles nur um Sex oder?" „Bei Mädchen nicht?", wollte Jason wissen. Anna setzte an, um etwas zu sagen, doch sie stellte fest, dass sie und Bea ebenfalls viel über sowas redeten. Sie machte den Mund wieder zu und brachte nur ein: „Tzz..." raus.
Wieder mussten die Jungs lachen. Finn kam zu ihnen und setzte sich gegenüber von Anna breitbeinig auf die Couch: „Worüber redet ihr?" „Über Sex.", erwiderte Paul.
Finn's Augen sprangen weit auf, bevor auch er lachen musste: „Ohne mich?" „Du warst eigentlich der Auslöser.", gestand Jason. Da ihre lieben Entführer sich nun wirklich nur noch über Bettgeschichten austauschten, beschloss Anna nach oben in ihr Zimmer zu gehen. Auch wenn sie es durchaus mochte über sowas zu reden, konnte sie sich wirklich besseres vorstellen als dabei zuzuhören wie viele Mädchen ihre Entführer schon im Bett hatten.
Sie schnappte sich eines ihrer Lieblingsbücher und machte es sich wiedermal auf der Fensterbank gemütlich.
Als es nach einer Weile an der Haustür klingelte, merkte Anna, dass sie völlig die Zeit vergessen hatte. Schon wieder war sie so in den Liebesroman, in ihrer Hand, vertieft gewesen, dass wahrscheinlich eine Bombe hätte explodieren können, ohne, dass sie etwas merkt.
Sie stand auf, räumte das Buch weg und vergewisserte sich, dass das Zimmer ordentlich war. Das war vollkommen überflüssig, denn in diesem riesigen Zimmer und den wenigen Sachen, die sie hier hatte gab es kaum etwas das hätte unordentlich sein können.
Kurz darauf betrat bereits Bella den Raum. Nachdem sich die Mädchen zur Begrüßung umarmt hatten, bemerkte Bella:
„Nettes Zimmer, aber schläfst du nicht bei meinem Cousin?" Anna biss sich auf die Lippe. Stimmt, Bella wusste nicht, dass sie eigentlich entführt worden war... Finn hätte ihr ruhig ein kurzes Briefing oder ähnliches geben können! Was sollte sie jetzt sagen? „Anna?", hakte sie nach, als Anna nichts mehr dazu sagte. Diese seufzte nur. Was brachte es ihr es zu verheimlichen? Bella wusste mit Sicherheit über die schrägen Geschichten ihres Cousins Bescheid, wenn sie nicht sogar mit darin steckte. Außerdem musste sie einfach mit jemandem reden: „Komm mit ins Bad, ich erzähle dir alles beim Fertigmachen."
Gut eine Stunde verging, in der Anna alles erzählt und Bella ihr dabei die Haare gemacht, und sie geschminkt hatte. Am Ende der Geschichte ließ sich Bella aufs Bett fallen: „Wow, das ist... krass. Ich wusste ja das mein Cousin eigene Methoden hat, aber das hätte ich nicht gedacht."
Anna setzte sich zu ihr: „Was meinst du?" „Versteh mich nicht falsch, meine Hübsche, aber jeder andere in unserem Beruf hätte dich auf der Stelle umgebracht." Anna schluckte. Ja das wusste sie und so kam sie auch zu der Frage, die sie sich ohne hin schon die ganze Zeit stellte: „W-wieso hat er es dann nicht getan?"
„Sag du es mir. Ich denke er war beeindruckt von dir. Nicht nur von deinem Äußerlichen, sondern davon, dass du zwei seiner besten Leute außer Gefecht gesetzt hast." Die Augen auf einen willkürlichen Punkt im Raum gerichtet, nickte Anna. Außer Gefecht gesetzt war ein bisschen zu viel gesagt, aber Anna verstand was sie meinte.
Das klang nach einer halbwegs plausiblen, aber keinesfalls zufriedenstellenden Antwort. Bella merkte, dass Anna überlegte: „Wie dem auch sei, wenn die Zeit gekommen ist, kannst du ihn ja mal fragen."
Anna lachte leicht ironisch:
„Und wann ist die Zeit dafür? Ich habe nämlich nicht das Gefühl, dass er mir jemals ehrlich antworten wird.", bemerkte Anna und stand etwas aufgewühlt vom Bett auf. Bella beobachtete sie und redete ihr gut zu:„Er ist nicht so schlimm, wie es zuerst aussieht, vertrau mir. Er versucht immer den harten Play Boy zu mimen, was man in unserem Genre auch definitiv tun muss, aber manchmal vergisst er, dass er ganz anders sein kann." „Warum ist er dann so geworden?", wollte Anna wissen.
„Es ist nicht an mir, dir das zu erzählen. Was jetzt auf jeden Fall wichtig ist, ist die Gala! Du willst doch einen guten Eindruck hinterlassen oder?" Stimmt, an die Gala hatte Anna für einen kurzen Moment gar nicht mehr gedacht.
Geschminkt war sie schon. Nicht wenig, aber es sah trotzdem nicht übertrieben aus. Die Haare hatte Bella ihr zu einer schönen Hochsteckfrisur gebunden. Nun zog sie vorsichtig und möglichst ohne das Kunstwerk von Bella zu zerstören das Kleid an, das Bella ihr hinhielt.
Auch wenn man die Schuhe kaum sah, durften sie natürlich nicht fehlen, weshalb Anna sich dezente High Heels, passend zu dem Kleid anzog. Stolz betrachtete Bella sie von allen Seiten: „Du siehst einfach toll aus!!!", rief Bella aufgeregt.
Anna musste zugeben, dass sie ihr Spiegelbild nicht schlecht fand, selbst wenn es nicht ganz dem Style entsprach, den sie für gewöhnlich trug. Bella riskierte einen kurzen Blick auf die Uhr: „Wir sollten langsam runtergehen, sonst kommt ihr noch zu spät."
„Ja, ich komme gleich nach. Nur zwei Minuten.", antwortete Anna. Bella nickte und mit einem letzten Lächeln verschwand sie aus dem Zimmer. Anna atmete tief durch.
Sie konnte immer noch nicht glauben, wie sich die Geschichte entwickelt hatte. Vor wenigen Tagen wurde sie entführt und hat noch um ihr Leben fürchten müssen. Jetzt steht sie hier vor dem Spiegel, in einem sündhaft teuren Kleid und war kurz davor einen Auftrag für ihre Entführer zu übernehmen. Und zu allem Überfluss freut sie sich sogar darüber!
Natürlich war sie aber auch furchtbar aufgeregt vor der Mission. Wenn etwas schief ging, dann würde sie sterben, oder? War es nicht das was passierte wenn in dieser Szene etwas schief ging? Sie wollte gar nicht weiter darüber nachdenken. Es durfte nichts schiefgehen!
Hatte sie sich zu viel zugemutet? Aber nein, Finn glaubte doch auch an sie. Oder? Tat er das wirklich oder war ihm einfach vollkommen egal, was mit ihr passierte? In ihrem Kopf herrschte ein Durcheinander. Sie hob ihren Blick wieder und als sie sich im Spiegel sah, wurde es ihr bewusst. Sie würde es schaffen! Wenn es jemand schaffen würde dann sie!
Als sie aus dem Zimmer trat hörte sie bereits von unten Finns Stimme: „Wo bleibt sie denn?!" „Jetzt gib ihr doch noch eine Minute!", beschwerte sich Bella. Sie stritten noch etwas mehr und Anna lief Schritt für Schritt, den langen Flur entlang.
Vorsichtig setzte sie den ersten Fuß auf die Treppenstufe und spürte auch sogleich den Blick der drei Jungs und Bella auf sich. Ohne zu zögern lief sie weiter die Treppe runter.
„Wow, Anna, du siehst spitze aus!", bemerkte Paul und staunte. Auch Jason stimmte zu: „Einfach der Wahnsinn, Kleine. So wirst du Josh in jedem Fall um den Finger wickeln können!" „Ich muss auch sagen, dass ich das ganz gut hinbekommen habe...", Bella schmunzelte stolz und Anna musste lachen.
Bella stieg zuerst mit ein, aber als Jason auf einmal einen Arm um sie legte und sagte: „Ja, das hast du." Hörte sie schnell wieder auf. Sie schlüpfte unter seinem Arm hindurch und verdrehte die Augen: „Wie oft noch, Jason? Ich will nichts von dir!" „Aber ich verstehe einfach nicht wieso.", beklagte sich Jason.
„Du bist nicht... mein Typ." Anna lehnte sich leicht zu Bella hin und flüsterte ihr ins Ohr: „Das ist eine ganz schlechte Lüge, Schätzchen..." Bella schlug sie leicht auf die Schulter, woraufhin Anna lachen musste. „Jaja, lach nur. Wenn ihr mich entschuldigt, ich gehe jetzt ins Wohnzimmer und hole mir irgendwas alkoholisches!", verkündete Bella. Anna schaute ihr schmunzelnd hinter her.
Ihr treuer Anbeter machte sich auch sofort auf den Weg ihr zu folgen. Paul hatte wenig Interesse dem Geschehen der beiden bei zu wirken, aber er beschloss dennoch, Anna und Finn alleine zu lassen, wofür sie ihm insgeheim dankte.
Finn war der Einzige der noch gar nichts gesagt hatte und wenn Anna so recht darüber nachdachte, hatte er außer einem wow auch in Bellas Laden nichts weiter zu dem Kleid gesagt. Gerade als sie ihm etwas schnippisches entgegnen wollte, fiel ihr Finn ins Wort: „Ich habe etwas für dich." Er hielt ihr eine kleine Schachtel hin.
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Gefährliche Liebe
RomanceSie hasst ihren Job, ihre Wohnung, ihr Leben. Lange schon glaubt sie nicht mehr daran, dass es sich jemals ändern könnte, aber genau das tut es als sie durch einen schrecklichen Zufall auf einen gleichermaßen gefährlichen wie auch heißen Gangster t...