Kapitel 19

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Anna wurde jedoch immer unruhiger und ihre Nervosität erreichte den Höhepunkt, als Finn stehen blieb und bekannt gab sie seien da. „Hey, ist alles ok?", fragte er.

„Mhm ja ich... bin nur etwas nervös...", antwortete Anna unsicher und spielte mit ihren Fingernägeln, wie sie es immer tat, wenn sie nervös war. Grinsend sah Finn sie an: „Ach echt? So kenne ich dich ja gar nicht, Süße." Genervt stieß sie ihn mit ihrem Ellenbogen in die Seite.

Finn musste leicht lachen: „Schon gut, schon gut. Es ist normal, dass du Angst hast, er ist immerhin einer der gefährlichsten Menschen des Landes." „Also wenn du versuchst mich aufzubauen, gebe ich dir einen Tipp: Lass es!", bemerkte Anna und wollte gerade aus dem Auto aussteigen, als sie fühlte, wie sich Finns Hand auf ihren Unterarm legte: „Warte."

Er hatte wieder diese sanfte Stimme, die er so selten zeigte. Es war eigenartig, aber wenn Finn so mit ihr sprach, fühlte Anna sich geborgen und verstanden. Seufzend drehte sie sich wieder zu ihrem Freund hin: „Was?" „Ich verstehe, dass du nervös bist. Ein wenig nervös bin ich auch...", Finn wich Annas Blick aus, aus dem nun Überraschung sprach.

Er hatte ihr gegenüber, seine Fassade des harten Typen ein wenig gesunken. Anna wusste nicht mal, dass er dazu in der Lage war. „Damit das klar ist: Wenn du das irgendjemandem sonst erzählst, werde ich es leugnen!" Reagierte ihr Gangster sofort und sah sie halb streng und halb belustigt an.

Anna musste kichern: „Ich glaube jeder ist vor so einer Mission nervös, aber ich bin froh, dass ich nicht die Einzige bin, die es zugibt." „Du weißt, was du machen musst und um den Rest kümmern wir uns.", erklärte Finn erneut, nun wieder etwas sachlicher. Seine Freundin atmete schwer aus.

Sie hatte nach wie vor viele Zweifel, aber es kam gar nicht in Frage, dass sie vor Finn anfing rumzuheulen! Sie musste wieder an ihren Bruder denken und was er in diesem Moment von ihr denken würde... immer hatte er versucht sie zu beschützen und nun ritt sie sich selbst in die wahrscheinlich gefährlichste Situation ihres Lebens!

Gemeinsam stiegen sie aus dem Auto aus. Vor Anna offenbarte sich ein riesiges Gebäude, was einem Palast glich.

Es war prunkvoll, hatte eine gemauerte Fassade und einen riesigen Garten. „Echt mal, dagegen sieht dein Haus, wie ein kleiner Schuppen aus.", lachte Anna und schaute ihren Gangster herausfordernd an. „Wer im Glas Haus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen, Prinzessin."

Finn legte von hinten einen Arm um Annas Taille und schloss sich ihrem Lachen an. Paul, Jason und Max kamen zu ihnen. Sie hatten ihr Auto etwas weiter weg, hinter einem Gebüsch geparkt, damit man ihn nicht auf Anhieb sah. „Na, Kleine, bist du bereit?", wollte Jason wissen.

Instinktiv wollte Anna den Kopf schütteln, aber sie wechselte schnell zu einem selbstsicheren Auftreten: „Natürlich! Oder zweifelt ihr etwa an mir, Jungs?" Die Frage war scherzhaft ausgedrückt, aber tief im Inneren wollte Anna eine wirkliche Antwort darauf haben. Synchron schüttelten alle den Kopf und versicherten ihr, dass sie es schaffen würde.

„Wir können nicht mit rein, aber das hat dir dein netter Freund sicher bereits gesagt.", sagte Max und sah die beiden schmunzelnd an. Anna nickte: „Ja, ich weiß Bescheid. Ich war aber noch nie bei so einer Veranstaltung. Wie soll ich mich am besten verhalten und wo soll ich hingehen?"

„Verhalte dich einfach so, als hättest du einen Stock im Arsch, würdest in Geld schwimmen und hast dein ganzes Leben nur Champagner getrunken. Das machen die da alle so.", erklärte Paul. Na toll, das war wirklich das Gegenteil von dem was sie war. Aber es sollte ja auch nicht langweilig werden.

„Das wird ja dann ein lustiger Abend.", stellte Anna fest. „Wo genau du hinmusst, sagen wir dir über den Ohrstecker. Zunächst läufst du einfach geradeaus.", fügte Max hinzu. Er überprüfte noch ein letztes Mal diskret die Technik, die er an Anna angebracht hatte. Die Jungs gingen schonmal zum Auto, um die Computer vorzubereiten.

Nur Finn blieb noch für einen Moment bei Anna. „Willst du mir keinen Abschiedskuss geben? Vielleicht sehen wir uns nie wieder..." Es war eigentlich ein Scherz von Anna gewesen, aber ihr Gangster schien ihn wenig witzig zu finden.

Mit ernstem Gesicht, drehte er sie zu sich um und mit einem Mal waren ihre beiden Münder nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt. Finns Arme hatten sich fest um Annas Rücken geschlungen und hielten sie fest.

„Wir werden uns wieder sehen! Sollte es Probleme geben, sind die Jungs und ich sofort zur Stelle, das weißt du, oder?" Anna nickte stumm und vorsichtig mit dem Kopf. Er hatte so aufrichtig geklungen, dass ihr die Worte fehlten. Von Vertrauen konnte sie noch nicht reden, aber irgendwie gab es ihr Sicherheit. „Gut... in dem Fall nehme ich meinen Abschiedskuss gerne an."

Relativ schnell fand er wieder zu seiner schelmischen Art zurück und auf seinem Gesicht breitete sich ein Grinsen aus. „Du Blödmann...", diesen Kommentar konnte sich Anna nicht verkneifen, bevor sie ihre Lippen auf seine drückte.

Der Kuss war druckvoll und gleichzeitig sehnsüchtig. Es fühlte sich wie ihr erster und wie ihr letzter Kuss an. So ein Gefühl hatte Anna noch nie gefühlt. Es war überwältigend. Ganz leicht öffnete sie ihre Lippen, damit Finns Zunge zwischen ihnen hindurch gleiten konnte.

Mit ihren Händen fuhr sie um Finns Hals, um ihn möglichst nahe an sich gedrückt zu halten. Für den Moment den der Kuss andauerte, waren alle Sorgen vergessen. Alle Zweifel, jede Nervosität. Einzig und allein dieser, Wort wörtlich atemberaubende Kuss zählte.

Keiner von beiden wollte sich bewegen, auch wenn sie wussten, dass sie es mussten. Durch ein Geräusch in ihrem Ohrstecker wurde Anna jedoch ins Hier und Jetzt zurückgebracht. Sie löste sich langsam von Finn, der seine Arme nur widerwillig von ihr wegbewegte.

„Ich muss rein gehen..." Finn nickte: „Ja, ich weiß." Anna glaubte leichtes Bedauern aus seiner Stimme zu hören, aber genau war sie sich nicht sicher. Anna sah ihn ein letztes Mal an, bevor sie sich auf den Weg zum Empfang machte.

An dem Empfangskomitee war sie schon mal ohne Probleme vorbeigekommen. Sie waren damit beschäftigt gewesen einem ungeladenen Gast zu erklären, dass er nicht eintreten durfte. Dieser regte sich sehr darüber auf und zog die Aufmerksamkeit aller anwesenden auf sich. Das nutzte Anna, um unbemerkt ins Innere zu gelangen.

Sie atmete erleichtert aus. Schnell erinnerte sie sich jedoch daran, dass das erst die erste und vermutlich leichteste Hürde des Abends war. Mit geradem Rücken, rausgestreckter Brust und schwingenden Hüften lief Anna den Saal entlang.

Die Blicke, die ihr viele der Reichen Männer zuwarfen, entgingen ihr natürlich nicht, aber sie interessierten sie absolut nicht. Die Freude, dass ihr Outfit seinen Effekt nicht verfehlte, überwog. Dieser Josh musste einfach auf sie aufmerksam werden!

Durch ihren Ohrstecker hörte Anna auf einmal die Stimme von Max: „Geh zur Bar. Bestell dir irgendeinen Drink und halte Ausschau nach Josh. Ach ja und pass auf, dass du die Kamera nicht verdeckst, damit wir sehen wo du hingehst." Anna antwortete nicht.

Klar, wie sollte sie auch, ohne dass andere es mitbekommen würden. Stattdessen tat sie einfach was ihr gesagt wurde. An der Bar bestellte sie sich einen Champagner. Während er eingegossen wurde, ließ sie ihren Blick durch die Menge schweifen, im Hinterkopf immer wieder die Beschreibung, die ihr Finn von Josh gegeben hatte.

Es war nicht schwer ihn zu finden, da er sich nicht gerade in Diskretion übte. Josh sah genauso aus, wie Finn ihn beschrieben hatte: groß und kräftig, ein weißer Anzug, zurück gegelte Haare und mindestens drei Bodyguards, die um ihn herumstanden. Toll wie sollte sie jemals alleine an ihn rankommen?!

Anna drehte sich so zu Josh hin, dass die Jungs ihn durch ihre Kamera sehen konnten. Sogleich ertönte auch schon eine Stimme durch ihren Ohrstecker: „Sehr gut, Anna, du hast ihn gefunden. Jetzt musst du dich nur an den Plan halten. Versuche irgendwie Blickkontakt aufzubauen oder so."

Im Hintergrund hörte man wie die anderen Jungs Max auslachten und sagten: „Sie ist wohl besser im Verführen von Männern als du!" Anna unterdrückte mühsam ein Kichern. Der Barkeeper stellte das Champagner Glas vor ihr ab und Anna trank sich einen kleinen Schluck Mut an. Jetzt ging es los...

Gefährliche LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt