Kapitel 29

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Eine halbe Stunde später war Max bereits mittendrin die Kugel zu analysieren. „Funktioniert es?", wollte Anna wissen.

Max verdrehte die Augen: „Anna, das ist das fünfte Mal, dass du mich fragst. Lass mich einfach machen, ok?!" Nervös knapperte sie an ihren Nägeln herum. Max hatte recht, aber sie konnte sich nicht zusammenreißen.

Jason seufzte: „Komm mit, Kleine. Lass uns ins Wohnzimmer gehen, ich glaube du brauchst einen Drink." „Aber-", fing Anna an, doch Jason zog sie hinter sich her.

An der Bar angekommen holte Jason ein Glas hervor und begann einen Drink zu mixen. Deprimiert lente sich Anna an die Wand: „Es tut mir leid, dass ich so nervig bin, aber der Gedanke, dass wir angegriffen wurden macht mich einfach nervös!"

„Wir verstehen das. Außerdem bist du immer nervig.", Jason lächelte scherzhaft. Entnervt verdrehte Anna die Augen. „Du machst dir Sorgen um Finn."

Diesen Satz hatte er beiläufig gesagt. Ohne Spott in der Stimme, ohne überhaupt zu ihr aufzuschauen. „D-das ist nicht-" „Das war eine Feststellung, Kleine. Ich mache mich nicht lustig.

Ich dachte nur, dass das vielleicht dein Verhalten erklärt. Nicht für uns, sondern für dich." Was redete er denn da? Sie machte sich keine Sorgen um Finn! Oder zumindest nicht mehr als es sich die anderen machten.

Sie hoffte doch einfach nur, dass es ihm gut ging, dass er schnell wieder gesund werden würde und keine Schmerzen hat und das er- ja okay, sie machte sich vielleicht ein wenig mehr Sorgen...

„Hier.", Jason reichte ihr den Drink und Anna nahm sogleich einen großen Schluck. „Hm das ist gut." Jason nickte.

Auf einmal kamen Max und Paul ins Zimmer. „Das ist eine 44. Magnum. Sie stammt aus einer Desert Eagle.", erklärte Max und hielt die Patrone hoch. „Eine Desert Eagle? Oh scheiße...", stellte Jason fest und ließ sich auf die Couch fallen.

Anna war verwirrt: „Was? Was ist an der Waffe so schlimm?" „Nicht die Waffe, Engel, sondern wer sie benutzt.", erklärte ihr Paul, der sich nun ebenfalls aufs Sofa setzte.

Wütend drückte Anna sich von der Wand ab. Warum musste man den Jungs immer alles aus der Nase ziehen?! „Und wer benutzt sie?" „Die Diablos. Das ist die Gang von Larissas Bruder. Du erinnerst dich noch? Diese Barbie.", antwortete Jason.

„Wie könnte ich die vergessen. Warum haben die auf Finn geschossen? Ich dachte ihr macht gemeinsame Geschäfte." „Nun das haben wir gemacht, aber der Auftrag war schon vor zwei Wochen vorbei. Wir haben mit ihnen nichts mehr am Hut."

„Warum also sollten sie auf Finn schießen?", fragte Anna erneut. „Das ist eine gute Frage." Leicht taumelnd kam auf einmal Finn die Treppe herunter.

„Finn! Geht's?", fragte Anna mit mehr Besorgnis in der Stimme als ihr lieb war. „Es geht, danke." Entgegen ihrer Erwartungen war Finn freundlich.

Normalerweise wies er sie immer zurück, wenn Anna ihn verletzlich gesehen hatte, aber diesmal war es anders. Er lächelte sie an, bevor er sich Max zuwendete: „Ich habe etwas von den Diablos gehört. Hat jemand von ihnen auf mich geschossen?"

Max nickte: „Die Kugel stammte aus einer Desert Eagle." Vielleicht war ihre Meinung gerade nicht gefragt, aber dennoch wollte Anna es besser verstehen: „Könnte der Schütze nicht jemand x-Beliebiges gewesen sein? Einfach jemand, der sich aus privaten Gründen an dir rächen wollte und zufällig die gleiche Knarre hat?"

„Nein. Jede Gang hat ihre eigenen Waffen. Das ist sowas wie ein Erkennungsmerkmal. Das hat sich in der Stadt so entwickelt.", erklärte Finn.

„Ja und außerdem wäre ein Außenstehender nicht an Levi vorbeigekommen." „Apropos, wo ist Levi?", wollte Finn wissen. Jason zuckte mit den Schultern: „Das wissen wir nicht. Er ist nicht hier. Elias hat ihn auch nicht gesehen."

Finn schnaufte: „Um ihn kümmere ich mich etwas später. Erstmal gilt es herauszufinden warum diese Arschlöcher uns angegriffen haben."

„Man kann es kaum einen Angriff nennen. Jemand hat Levi ausgeschaltet und dich angeschossen. Danach haben sie alle Spuren, die auf sich schließen ließen verwischt – bis auf die Kugel.", fasste Max die Situation zusammen.

„Vielleicht war es ja ein Attentat?", bemerkte Jason. „Jemand wollte dich definitiv töten." Finn nickte: „Ja, aber wer immer es war, hat seinen Job sehr schlecht gemacht." Er wollte sich gerade ebenfalls einen Drink eingießen, als Anna ihn am Arm packte:

„Alkohol? Ehrlich?" Verwirrt sah Finn sie an. Da er offensichtlich nicht verstand was daran bedenklich war, fuhr Anna fort: „Du hast eine Schmerztablette genommen, vor noch nicht einmal einer Stunde. Du wurdest angeschossen, vor nicht mal einer Stunde! Du trinkst jetzt ganz bestimmt keinen Alkohol!" Die Jungs mussten über Annas bemutternden Einwand lachen und Finn hob schmunzelnd die Hände als Zeichen der Kapitulation: „Schon gut, schon gut."

Er lehnte sich näher zu Anna heran, sodass nur sie ihn hören konnte: „Mit dir als Krankenschwester habe ich wirklich Glück. Fehlt nur noch das passende Kostüm..."

Anna wurde rot und konnte nicht aufhören sich mögliche Szenarien vorzustellen, auf die Finn anspielte. Sie war fasziniert davon, dass er seine schelmische Seite trotz der Verletzung nicht verloren hatte. „Wenn es dir bei einer schnelleren Genesung hilft, lasse ich mich eventuell darauf ein..."

Finn legte seine Hand um Annas Hüfte und zog sie dicht zu sich heran. Sofort begann Annas Herz schneller zu schlagen, als hätte es seit Wochen darauf gewartet, dass Finn das wieder tun würde. Vielleicht hatte sie das auch. Die Nähe, die sie beide am Anfang geteilt hatten war lange schon nicht mehr so intensiv gewesen. Ihr fiel von Tag zu Tag stärker auf, dass sie sie vermisste...

Dieser magische Moment wurde zerstört, als Anna sich daran erinnerte, dass sie nicht alleine waren. Sofort rutschte Anna von ihrem Freund weg. Dieser schien es ihr jedoch nicht im geringsten übel zu nehmen. „Du hattest einen anstrengenden Tag, Prinzessin. Geh nach oben und ruh dich aus, du kannst hier gerade eh nichts tun.", sagte der Brünette in einer sanften Stimme.

Seit wann war er auch vor seinen Kumpeln so sanft zu ihr? Wiedermal zeigte er ihr eine Seite an ihm, die Anna überraschte. Leicht beleidigt, da er andeutete sie auf ihr Zimmer zu schicken, drehte Anna ihren Kopf weg. „Hey, Süße, das war nicht böse gemeint. Ich verspreche, ich werde dir nachher alles erzählen, was wir besprochen haben."

Er hauchte ihr einen zarten Kuss hinters Ohr, wie um seine Worte zu besiegeln. Ein Schauer lief Anna den Rücken hinunter von der Stelle, an der Finns Lippen ihre Haut berührt haben.

Es war einfach unglaublich was er in ihr auslöste. Mit ihrem Blick nach wie vor auf Finn gerichtet, griff Anna nach ihrem Glas und ging die Treppe nach oben in ihr Zimmer.

Dort angekommen setzte sie sich – wie zu erwarten – auf ihren Lieblingsplatz, die Fensterbank und starrte aus dem Fenster. Ab und an führte sie das Glas zu ihren Lippen und trank einen Schluck, danach drehte sie es wieder in ihren Händen.

In ihrem Gehirn ratterte es und sie dachte an alles gleichzeitig. An das Treffen mit Bea, an den Angriff auf Finn und nicht zuletzt an ihre verwirrenden Gefühle für Letzteren. Die Frage, ob denn da überhaupt Gefühle waren hatte sich bereits vor einigen Tagen bestätigt.

Anna dachte an den Moment – einen von vielen – zurück, wo sie sich nichts sehnlicher gewünscht hatte, als seine Lippen auf ihren zu spüren. Die Sehnsucht sich von seinen starken Armen umfassen zu lassen, ließ sie seit einiger Zeit nicht mehr los.

Noch nie war Anna von einem Jungen so sehr angetan gewesen und sie hasste und liebte es gleichzeitig. Doch vor allem fragte sie sich, ob es ihm genauso ging...

Gefährliche LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt