Kapitel 28

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Dennoch konnte er nur immer schwerer den Schmerz vor Anna verstecken. Letztere hielt ihm zunächst eine Tablette und ein kleines Glas mit Wasser hin.

„Whisky wäre mir lieber...", bemerkte Finn und Anna musste kichern: „Das ist eine Schmerztablette. Auch wenn du den harten Macker mimen willst, nimm sie." Finn nickte und schluckte die Tablette.

Für das was sie als nächstes sagte, wäre ihr ein Schlückchen Whisky zum Mut-Antrinken auch sehr lieb gewesen: „Zieh dein Shirt aus. Ich muss die Wunde desinfizieren."

Zu Annas großer Überraschung gehorchte Finn ohne einen dummen Spruch zu bringen. Sobald sie seinen wohlgeformten Oberkörper erblickte versuchte sie alles, um nicht rot zu werden, aber es war zu spät.

Anna spürte wie ihre Wangen sich rot färbten, aber Finn sagte nichts dazu. Schon wieder verkniff er sich einen Kommentar! Das konnte nur eins bedeuten: Ihm ging es wirklich schlecht.

Als sie sich wieder etwas gefasst hatte nahm Anna das Fläschchen mit dem Desinfektionsmittel heraus und schüttete ein wenig davon auf ein Tuch. „Das könnte ein bisschen brennen..."

Trotz der zusammengebissen Zähne stieß Finn einen kurzen Schmerzschrei aus. Entschuldigend sah Anna ihn an, aber es half nichts. Es musste ja gemacht werde.

Nachdem sie es fertig gesäubert hatte, fing sie an die Wunde zu verbinden. „Du scheinst dich auszukennen. Hast du das irgendwo gelernt?", fragte Finn, um die Stimmung etwas aufzulockern.

Anna deutete ihm an, dass er den Wattebausch festhalten solle, während sie den Verband holte. „Mein Bruder kam oft verletzt nach Hause. Wenn du es ein paar Male gemacht hast, hast du irgendwann den Bogen raus."

Anna schaute nur auf die Wunde, aber sie spürte Finns Blick auf sich. „Er kam verletzt nach Hause und du warst diejenige, die für ihn gesorgt hat?" „Jap." Sie hielt ihre Antwort so unbekümmert und kurz wie möglich. Die Erinnerung an all die Abende und Nächte voller Angst quälten sie.

„Was war mit euren Eltern?" Anna schluckte: „Meine Mutter ist gestorben als ich 11 Jahre alt war. Mein Vater war ein Arschloch, ein Junkie.

Er hat mich und meinen Bruder sehr schlecht behandelt und wenn mein Bruder mich beschützen wollte, hat er die doppelte Ladung abbekommen. Als meine Mutter gestorben ist, wurde mein Vater noch unausstehlicher.

Besoffen ist er in Casinos gegangen und hat unser Geld verspielt. Mein Bruder und ich mussten zusehen, wie wir an Essen kommen.

Ich... Es war eine echte Erlösung, als er ein Jahr später gestorben ist." Geschockt sah Finn sie an: „Anna, ich wusste nicht... es... es tut mir so unfassbar leid für dich." Seine Worte hörten sich aufrichtig und ehrlich an.

„Es ist okay.", mit einem Lächeln versuchte Anna die Tränen aus ihren Augen zu vertreiben. „Wie... haben dein Bruder und du es geschafft?", Finn hatte lange gezögert diese Frage zu stellen, aber Anna beantwortete sie.

Noch nie hatte sie so genau mit jemandem über ihr Leben gesprochen, aber bei Finn fühlte sie sich wohl. Sie hatte das Gefühl, dass er sie wirklich verstehen würde und sie sich bei ihm für nichts schämen musste: „Mein Bruder war zu der Zeit 16. Er hat die Schule abgebrochen und eine Menge Teilzeitjobs angenommen. Er... er hat alles getan, um mir weiterhin die Schule zu ermöglichen.

Ich habe meinen Abschluss für ihn gemacht... und er war stolz auf mich... danach wurde alles schwierig. Noch schwieriger als es eh schon war. Er kam oft tagelang nicht nach Hause und wenn, dann mit zahlreichen Verletzungen.

Er erzählte mir nichts mehr, ging auf Abstand. Ich habe ihn wirklich nicht wieder erkannt." Annas Stimme begann zu brechen, doch Finn legte eine Hand auf ihre Schulter und zeigte ihr seine Unterstützung mit einem einfachen Blick.

Gefährliche LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt