Heaven - Teil 7

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Ich weiß, dass ich tot bin, als ich meine Umgebung wahrnehme. Alles leuchtet gleißend hell und ich fühle mich so leicht. Ich schaue mich um. Hier ist nichts, rein gar nichts. Nur Leere.

Mir ist klar, dass ich wieder leben werde, sobald ich aufwache. Es ist das erste Mal, dass ich überleben will und die Gewissheit meiner Unsterblichkeit erleichtert mich ungemein.

Ich lege mich auf den Bauch und stütze den Kopf auf meinen Armen ab, während ich darauf warte, dass ich wieder aufwache. Einzelne Gedankenfetzen schwirren durch meinen Kopf, doch sie passen nicht zusammen.

Nachdem eine halbe Ewigkeit vergangen ist, wird erneut alles schwarz und ich werde zurück ins Leben gerissen.


Ich behalte die Augen zunächst geschlossen, denn nun erinnere ich mich wieder daran, was geschehen ist. Annie wurde bewusstlos geschlagen und was mit Memory ist, habe ich nicht mehr mitbekommen. Ich habe nur ihre erstickten Schreie gehört. Ich will gar nicht wissen, was passiert ist. Ich will nur hier liegen bleiben und schlafen. Einen Moment des Friedens genießen. Außerdem habe ich fürchterliche Kopfschmerzen.

Also halte ich die Augen geschlossen und konzentriere mich auf die Geräusche, um mir einen groben Überblick über meine Umgebung zu beschaffen.

Ich höre leises Geflüster, doch ich erkenne die Stimmen nicht und kann auch nicht verstehen, was genau sie sagen. Ab und an dringt ein ersticktes Schluchzen bis zu mir heran. Als dann die Tür quietscht und die Stimmen verstummen, kann ich mich nicht mehr zurückhalten. Die Neugier ist einfach viel zu groß.

Ich öffne die Augen leicht, doch obwohl ich erwartet hatte, von Licht geblendet zu werden, kann ich ohne Probleme sehen. Es ist noch dunkel... oder doch schon wieder? Wie lange war ich weg?

Ich setze mich langsam auf und versuche dabei keine Geräusche zu verursachen. Ich liege in einem recht großen Bett und um mich herum stehen weitere. Am Fußende sitzt jemand, doch er hat mir den Rücken zugewandt und ich kann nicht erkennen, wer es ist. Zwei weitere Personen stehen etwas weiter abseits an der Tür und unterhalten sich miteinander. Das Herz rutscht mir in die Hose, als ich sie erkenne. Die eine von den beiden ist ganz klar Annie und die andere ist... Katniss Everdeen.

Sie muss diejenige sein, die den Raum gerade betreten hat. Ich entscheide mich, weiterhin zu schweigen doch so sehr ich mich auch konzentriere, ich kann nicht verstehen, worüber sie sich unterhalten. Außerdem verschlimmert das nur meine Kopfschmerzen. Plötzlich wird der Schmerz so stark, dass ich zusammenzucke und stöhne. Augenblicklich drehen sich drei Köpfe nach mir um und die beiden Frauen sind mit einem Satz bei mir.

Sie reden auf mich ein, fragen, ob alles in Ordnung ist, doch ich habe nur Augen für Wisdom, der an meinem Fußende sitzt und mich anstarrt. Ein tiefer Schnitt ziert seine Wange und sein Auge ist blau. Er hat also auch etwas abgekriegt.

"Was... was... wo...", stammele ich. Er weiß, was ich wissen will. Wisdom schnappt nach Luft und schaut sich nervös um, dann lässt er die Schultern hängen und schüttelt langsam den Kopf. Ich verstehe nicht ganz, doch in diesem Moment steht er auf und läuft geradewegs aus dem Raum heraus. Ich schaue ihm kurz nach, doch dann reiße ich mich aus meinen Gedanken und wende mich an Annie. "Wo ist Memory?"

Sie senkt den Blick und ich starre sie an. Mein Atem geht urplötzlich schneller und am liebsten würde ich aufspringen und persönlich nach ihr suchen. Ich frage noch einmal, diesmal drängender und ich merke, wie meine Stimme viel zu laut wird. "Wo ist Memory?" Warum sagt mir niemand, wo sie ist?

Ich spüre eine Hand auf meinem Arm und drehe mich um. Katniss schaut mich mitfühlend an.

"Sie ist tot. Sie haben sie erschlagen. Du solltest eigentlich auch..."

Ich unterbreche sie: "...tot sein? Was soll das Spiel? Wie kann das sein?" Meine Stimme bricht und ich wende mich ab.Meine Augen füllen sich augenblicklich mit Tränen. Es ist meine Schuld. Das kleine Mädchen ist tot. Ich konnte sie nicht beschützen. Und dabei haben die Spiele doch noch gar nicht begonnen.

Ich schüttle Katniss Arm ab und will aufspringen, als mich ein greller Schrei zusammenzucken lässt. Ich verharre einen Moment lang still, dann atme ich einmal tief durch und knie mich neben Annie, die zusammengebrochen ist. Sie hält sich die Schläfen und brüllt wie am Spieß, doch ich kann die Satzstücke nicht zusammenfügen. Sie ergeben keinen Sinn. Hilflos schaue ich mich um.


Die Tribute von Panem - Die Rache der DistrikteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt