"Also was hältst du davon, dass wir dich in eine Mutation verwandeln?"
Ich stelle mir vor, wie ich auf dem Wagen stehe und mich selber auf einem der großen Bildschirme sehe, wie ich, die Mutation, gefährlich in die Kamera funkle. Irgendwie klingt es falsch, mich als so etwas darzustellen, denn das bin ich nicht, doch gleichzeitig verursacht der Gedanke bei mir eine Gänsehaut. Mutationen sind wild, gefährlich, ja vielleicht sogar beeindruckend. Ich könnte sie alle in den Schatten stellen. Ich könnte ihnen zeigen, dass ich noch nicht verloren bin, dass ich kämpfen werde.Jasper muss gemerkt haben, dass mir diese Idee gefällt, denn er lächelt wissend. Ich sage ihm, wie begeistert ich bin und er stürmt sofort aus dem Raum, um mein Kostüm zu holen, jedoch nicht ohne seinen beiden Helfern irgendwelche unverständlichen Befehle zugerufen zu haben. Ich werde wieder fester in meinen Sitz gedrückt und das Mädchen von den beiden nimmt meine rechte Hand in Ihre. "Ich werde dir jetzt künstliche Fingernägel draufkleben. Wunder dich nicht, sie sind sehr spitz und sollen die Krallen der Mutation symbolisieren."
Ich nicke und lehne mich zurück. Ich kann mich jetzt sowieso nicht mehr dagegen wehren, also kann ich mich auch entspannen. Ich höre wie die Tür aufgeht und Jasper mit einer riesigen Tüte zurück kommt. Er geht zu dem Jungen und flüstert ihm etwas ins Ohr. Dann kniet sich der Junge neben das Mädchen und macht sich an meiner anderen Hand zu schaffen, während Jasper die Tüte ablegt.
"Heaven?" Ich neige meinen Kopf leicht zur Seite und schaue Jasper fragend an. "Wenn das für dich in Ordnung ist, werden wir deine Haare dunkel färben, damit sie zum Kostüm passen. Die Farbe wird sich auch ganz schnell wieder rauswaschen, sodass du deine rosanen Haare bald wieder hast."
Ich nicke und er zwinkert mir zu. Dann schmiert er mir den Inhalt einer kleinen Tube auf den Kopf und verreibt es in meinen Haaren. Es stinkt fürchterlich.
Während das Ganze einwirkt, geht Jasper hinüber zu der Tüte und packt mein Kostüm aus, stellt sich allerdings so davor, dass ich nichts davon erkennen kann. Enttäuscht drehe ich mich wieder nach vorne und schließe die Augen und versuche an nichts zu denken. Ich öffne sie erst wieder, als Jaspers Helfer meine Hände loslassen. Ich hebe sie hoch und betrachte meine Nägel, oder besser gesagt meine Krallen. Sie sehen wirklich überraschend echt aus.
Dann tritt Jasper wieder zu uns heran und schickt die beiden weg. Mich zieht er zu einem Waschbecken und er spült meine Haare aus. Es dauert eine halbe Ewigkeit, bis das Wasser klar ist und Jasper mir ein Handtuch reicht. Ich frottiere meine Haare so trocken wie es nur geht und setze mich dann auf einen Stuhl. Jasper nimmt mir das Handtuch ab und schmeißt es einfach so auf den Boden. Ich grinse darüber, doch seine Miene bleibt ausdruckslos, während er meine Haare glatt bürstet und dann wieder verwuschelt, was mich ziemlich verwirrt. Dann schließt er einen Föhn an den Strom an und trocknet mir die Haare. Ich bleibe still, denn bei dem Lärm mit ihm zu reden, wäre unsinnig, auch wenn ich viele Fragen habe. Als meine Haare trocken sind, wuschelt er sie noch einmal auf, bevor er dann so viel Haarspray hineinsprüht, dass ich husten und die Flasche leer sein muss. Ich möchte in den Spiegel schauen, doch Jasper schüttelt den Kopf, als ich ihn frage und meint, ich müsse das Endergebnis abwarten. Er geht in den hinteren Teil des Raumes und als er wiederkommt, setzt er sich vor mich, legt mehrere Stifte auf einen Tisch und öffnet ein kleines weißes Kästchen. Ich schaue ihn fragend an, da ich nicht erkennen kann, was sich dort drin befindet.
"Das sind farbige Kontaktlinsen. Deine Augen schauen viel zu brav aus, als dass sie einer Mutation gehören könnten, deswegen müssen wir da ein wenig nachhelfen."
Ich nicke, um ihm zu zeigen, dass ich verstanden habe und halte die Augen ganz weit offen, damit er mir die Kontaktlinsen einsetzen kann. Ich zwinkere ein paar Mal hintereinander und meine Augen füllen sich mit Tränenwasser.
"Na na, kein Grund zum Weinen."
Ich funkle ihn gespielt zornig an und er grinst triumphierend. "Der Blick ist klasse, immer schön wütend und gefährlich gucken. Zusammen mit deinen neuen Augen passt das super, aber da fehlt noch etwas. Mach bitte die Augen zu."
Ich gehorche und Jasper fängt an, mich zu schminken. Währenddessen erzählt er mir von der Situation in den Distrikten. Er sagt, es seien nicht alle mit den Kapitolspielen einverstanden, würden sich aber nicht öffentlich dazu äußern. Außerdem meint er, dass Distrikt 13 zwar nun die Macht an sich gerissen habe, jedoch nicht so schlimm sei wie das Kapitol damals. "Dies hier werden wirklich die letzten Hungerspiele sein, das verspreche ich dir", beendet er seine Erzählung.
"Schön zu wissen. Diese tolle Neuigkeit werde ich immer im Hinterkopf behalten, während ich in der Arena um mein Leben kämpfe. Vielen Dank", murmele ich, vielleicht ein bisschen härter, als beabsichtigt. Ich habe die Augen wieder geöffnet und sehe, wie Jasper den Kopf senkt. "Tut mir leid, war nicht so gemeint", entschuldige ich mich prompt. Er schüttelt den Kopf. "Du hast ja recht, es war dumm von mir." Danach sagt keiner mehr etwas zu diesem Thema und wir lassen es einfach so im Raum stehen. Jasper steht auf und nun endlich holt er mein Kostüm. Als er es mir hin hält, schaue ich ihn schief an. Es ist ein einziger Haufen Fell. "Warte ich helfe dir", sagt Jasper und zieht hinten einen Reißverschluss auf. Ich frage mich, wie er den bei diesem Fellklumpen so schnell gefunden hat.
Ich steige in das Kostüm und Jasper schließt den Verschluss wieder. Meine Jogginghose und das Tshirt darf ich darunter anbehalten, was mich schmunzeln lässt. Dann führt er mich zu einem großen Spiegel und ich muss vor Überraschung ein paar Mal stark blinzeln, denn ich erkenne mich selbst kaum wieder. Meine Augen erscheinen durch die Kontaktlinsen dunkelrot mit großen schwarzen Pupillen zu sein und Jasper hat die Umrisse meiner Augen so geschminkt, dass sie aussehen, als hätte ich dort dicke Adern. Ich versuche böse zu gucken und verenge die Augen zu Schlitzen. Dann betrachte ich den Rest meines Kostüms. Meine gefärbten, verwuschelten Haare passen perfekt zu dem dunklen Fell des Kostüms, doch ich stelle fest, dass der Rest nicht einmal halb so furcheinflößend ist, wie die Augen. Diese stechen leuchtend hervor und verleihen dem ganzen Kostüm etwas Schauriges, etwas Böses. Selbst die Krallen sind auffällig genug, sodass man sie auf den Bildschirmen erkennen wird. Das Kostüm verdeckt meine blassrosane Haut und im Gesicht hat Jasper mich so geschminkt, dass man die Farbe kaum erkennt. Von Außen bin ich nicht länger das kleine Mädchen aus dem Kapitol. Ich bin eine gefährliche Mutation, die bereit ist, zu kämpfen. Ich spanne mein Gesicht an und versuche mich so zu fühlen, wie ich aussehe, doch irgendetwas fehlt. Ich drehe mich zu Jasper um. "Zähne."
Er scheint verwirrt, aber versteht mich dann doch. Er hastet zurück in die hintere Ecke des Raumes und kommt mit einem aufsetzbaren Gebiss wieder. Ich öffne den Mund und er steckt mir die künstlichen Zähne auf meine eigenen drauf. Ich grinse in den Spiegel und sehe die scharfen Zähne. Perfekt.
"Gefällt es dir?", fragt mich Jasper und ich nicke energisch und grinse ihn dabei an. Mit dem Gebiss zu sprechen, funktioniert nicht. Er schüttelt den Kopf. "Nicht grinsen, du musst böse gucken!"
Allerdings grinst er dabei selber.
Zuletzt schlüpfe ich noch in ein paar bequeme schwarze Schuhe, die man laut Jasper unter dem Fell sowieso nicht sieht. Dann geleitet er mich in die Halle, in der die Parade startet. Auf dem Weg dorthin wird mir bewusst, dass ich nun das erste Mal den anderen Tributen gegenüber stehen werde. Das bei der Ernte kann man nicht mitzählen, denn dort hatte ich echt andere Sorgen, als meine Gegner zu mustern und mir ihre Namen und Gesichter zu merken. Wie viele von ihnen kenne ich? Werde ich starke Gegner haben oder nur verwöhnte kleine Kinder? Ich seufze, atme tief durch und betrete dann die Halle.
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Die Tribute von Panem - Die Rache der Distrikte
FanfictionVor der Bombardierung von Distrikt 12 floh Madge in die Wälder Panems. Dort wurde sie von dem Kapitol aufgelesen und durch verschiedene Experimente geführt. Die Folge: Unsterblichkeit. Mit dem festen Willen, eine Möglichkeit zu finden, sich das gra...