Sobald wir durch die eiserne Tür ins Gebäude gelangt sind, umringen uns Wächter. Sie geleiten uns in einen riesigen Raum, der mit Trennwänden versehen ist. Ich höre Gestöhne, das vermutlich von den anderen Tributen stammt, Wachsstreifen, die viele Härchen rausreißen und immer mal wieder eine Stimme, die Anweisungen gibt. Cecilia verschwindet und ich werde von Wächtern zu einem Abschnitt zwischen den Wänden gebracht. Dort warten schon ungeduldig zwei Menschen, die sich mir als mein Vorbereitungsteam vorstellen. Sie kommen aus Distrikt 8 und es ist ungewohnt, mal wieder jemandem gegenüber zu stehen, der nicht aus dem Kapitol kommt. Ich betrachte meine rosane Haut und sehne mich augenblicklich nach meinem alten Ich. Was gäbe ich jetzt dafür, wieder Zuhause zu sein...wieder leben zu dürfen.
Während sie mir sämtliche Haare meines Körpers ausreißen und mir die Nägel schön machen, habe ich nichts weiter zu tun, als meinen Gedanken nachzuhängen, denn keiner der beiden redet mit mir. Sie sagen mir nicht einmal ihre Namen. Hassen sie mich, weil sie denken, ich käme aus dem Kapitol? Denken sie, ich sei eine von denen, die immer für die Spiele waren? Die sie geliebt haben und mit Freude dabei zugesehen haben, wie sich jugendliche gegenseitig abgemätzelt haben? Freuen sie sich darauf, mich auf meinen Tod vorzubereiten? Wenn die nur wüssten...
Ich versuche die Gedanken abzuschütteln, sie sind zu schmerzvoll. Ich will nicht über mein bevorstehendes Schicksal nachdenken. Darüber, was sie mit mir machen werden, wenn sie mein Geheimniss erfahren. Oder darüber, dass ich bei meiner alten Familie, den Distrikten, verhasst bin. Bei denen, die immer zusammengehalten hätten, die zusammen gegen das Kapitol gekämpft haben. Und zum Schluss will ich nicht über Katniss nachdenken, die in der Nacht ohne ein weiteres Wort verschwunden ist und sich seitdem nicht mehr blicken lassen hat.
Ich kneife die Augen zu und versuche das brennen meiner Haut zu ignorieren. Es gelingt mir nicht und ich unterdrücke ein leises Stöhnen. Plötzlich höre ich ganz nahe Schritte und öffne die Augen wieder. Eine dritte Person hat den Raum betreten und ich erhasche nur einen kurzen Blick auf den Mann, bevor er an mir vorbeigegangen ist. Er hat lange, helle Locken und seine großen Augen funkeln. Er sieht noch ziemlich jung aus, vielleicht gerade mal 2 oder 3 Jahre älter als ich. Außerdem bemerke ich jetzt etwas, das mir bisher noch nicht aufgefallen ist: All diese Menschen sehen wohlgenährt und glücklich aus. Gab es so etwas überhaupt schon einmal? Dass die Distrikte genug zu essen haben und dass es ihnen gut geht? Oder täuscht der Schein und es geht ihnen genauso schlecht wie früher? Betrifft dieser Wohlstand vielleicht nur die, die nun für die Regierung arbeiten? Hat die Rebellion wirklich etwas gebracht, oder leiden die Menschen nun unter dem Regime Distrikt Dreizehns?
Ich spüre einen pochenden Schmerz oberhalb meiner Schläfen. Ich sollte nicht so viel nachdenken.
Dann höre ich ein Geräusch, das mir das Blut in den Adern gefrieren lässt. Ein metallenes Geräusch, ein Geräusch, bei dem Klinge auf Klinge trifft. Ich zucke zusammen und drehe mich abrupt um. Der Mann mit den Locken steht dort und lächelt mich freundlich an. Ich ziehe die Stirn kraus, als mein Blick auf den Gegenstand in seiner rechten Hand fällt. Es ist eine Schere. Ich atme erleichtert aus, doch dann fällt mir ein, was das bedeuten muss.
Ich fasse mir an die Haare und weiche einen Schritt zurück. Er darf mir meine Haare nicht abschneiden! Sie sind das einzige, was mir noch geblieben ist.
„Ich bin Jasper, dein Stylist.", sagt er bestimmt und monoton. Ich nicke nur, denn ich hab viel zu viel Angst um meine Haare. Sein Mund lässt seine schrägen Zähne hervorschauen und ein ersticktes Lachen kommt aus seinem Mund. „Ich schneide dir deine Haar nicht ab, ich will nur die Spitzen schneiden! Himmel, mein Kind! Wann wurden deine Haare denn das letzte Mal geschnitten? Die gehen doch kaputt!"
Ich lasse erleichtert, wenn auch immer noch skeptisch, meine Haare los und grinse zurück. Eigentlich schräg, dass ich mir in meiner Situation Sorgen um meine Haare mache. Langsam tritt Jasper an mich heran und lässt sich auf einen Stuhl neben mir fallen. "So, du bist also Heaven." Ich nicke und schaue ihn gespannt an. Dieser Mensch ist wirklich interessant.
"Du darfst ruhig mit mir reden", sagt er lachend und ich öffne den Mund, doch schließe ihn danach wieder. Ich habe nichts zu sagen. Er seufzt und schaut mich nachdenklich an, bevor er weiterspricht.
"Du wurdest für K5 gezogen. Jede Kapitolstadt hat ein eigenes Motto, nach dem wir unsereTribute einkleiden müssen. Sie repräsentieren allerdings nicht mehr die Aufgaben der Städte, wie damals bei den Distrikten, sondern stellen die Grausamkeiten des Kapitols dar. Das Motto für Distrikt K5 lautet Mutationen. Also was hältst du davon, dass wir dich in eine Mutation verwandeln?"
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Die Tribute von Panem - Die Rache der Distrikte
FanfictionVor der Bombardierung von Distrikt 12 floh Madge in die Wälder Panems. Dort wurde sie von dem Kapitol aufgelesen und durch verschiedene Experimente geführt. Die Folge: Unsterblichkeit. Mit dem festen Willen, eine Möglichkeit zu finden, sich das gra...