Heaven - Teil 27

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Ein schriller Schrei reißt mich aus dem Schlaf. Ich liege eingebettet in einen Haufen weicher Kissen und fühle mich so ausgeschlafen wie schon lange nicht mehr.
Dankbar, meine Arme wieder benutzen zu können, setze ich mich auf und während ich mich nach dem Ursprung des Schreis umsehe, greife ich nach meinem Degen. Doch er ist verschwunden.
Panisch springe ich hoch und drehe mich mehrmals im Kreis, bis ich realisiere, dass sich hier etwas sehr Wesentliches verändert hat. Nicht nur mein ganzes Hab und Gut inklusive meiner einzigen Waffe ist verschwunden - auch von dem Füllhorn fehlt jede Spur. Stattdessen befinde ich mich am Fuße eines kleinen Berges hinter mir flimmert ein tötliches Kraftfeld.
Sie führen uns an der Spitze des Berges zusammen.
Der letzte Spielzug der Spielmacher.

In diesem Moment ertönt eine Durchsage.
Tribute. Ihr habt euch gestern tapfer geschlagen und habt euer Ziel erreicht. Nur eine von euch hat ihr Augenlicht für immer verloren.
Ihr habt gegeneinander gekämpft, dann habt ihr gegen uns gekämpft. Nun trifft beides aufeinander. Euch allen wurden die Waffen genommen, denn mit Waffen kämpfen kann jeder. Durch Köpfchen werdet ihr siegen...oder eben auch nicht.
Macht euch bereit für die letzte Entscheidung, Tribute. Viel Glück und möge das Glück stets mit euch sein.

Und so fange ich an, den Berg zu erklimmen.

Es dauert nicht lange, da macht sich das Fehlen von Vorräten schmerzlich bemerkbar. Durch die gleißende Hitze der Sonne, die mittlerweile im Zenit steht, fällt mir das Atmen schwer und ich habe ein drückendes Engegefühl in der Brust. Doch ich wandere immer weiter, mit nur einem Ziel vor Augen: ich möchte hier lebend herauskommen. Ich möchte in Frieden leben können, keinen Schmerz mehr verspüren, nicht um mein Selbst bangen. Und noch vielmehr möchte ich Jasper wiedersehen und wissen, woran ich bei ihm bin. Doch dazu muss ich noch eine Aufgabe erledigen. Ich habe noch drei Gegner. Ich möchte gar nicht daran denken, ob noch ein bekanntes Gesicht unter ihnen ist. Insgeheim hoffe ich, dass sie sich gegenseitig erledigen, doch ich weiß, dass ich noch einmal werde töten müssen. Ohne Waffe.
Ich erklimme die letzten Meter und schirme mit einer Hand die Sonne von meinen Augen ab. Nervös sehe ich mich um und mache mich bereit, mich wegzuducken und züruckzuschlagen - doch ich bin allein.
In diesem Moment ertönt erneut ein Schrei, genau wie jener, der mich vor wenigen Stunden noch aus dem Schlaf gerissen hatte. Und diesmal erkenne ich auch, was einen solchen Schrei verursacht hat.

Ich hätte gleich erkennen müssen, dass dieser Schrei nichts Menschliches an sich hat. Ich reiße vor Schreck die Augen auf und werde eben in diesem Moment von hinten zu Boden geschleudert, als der übernatürlich große Geier auf mich zugeflogen kommt. Ich habe keine Chance, um mich bei dem Mädchen dafür zu bedanken, dass es mir das Leben gerettet hat, denn schon rappelt sie sich auf und stellt sich mit offenen Armen dem nächsten Vogel, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war, entgegen. Es sieht aus, als würde sie den Tod dankend in Empfang nehmen.
Mit schreckgeweiten Augen beobachte ich, wie sie von dem Gewicht der Mutation mitgerissen wird, dann den Berg hinunterpurzelt und dort vermutlich von dem Geier auseinandergenommen wird. Es dauert nicht lange, da ertönt der Kanonenschuss, der ihren Tod bestätigt.
Wie gelähmt sitze ich dort, wo das Mädchen mich vor wenigen Sekunden umgeworfen hatte und versuche zu verstehen, was gerade geschehen war.
Dann begreife ich endlich, dass auch ich sterblich bin. Eine Seele kann in einem zerfetzten Körper nicht überleben. Das ist unmöglich.
Und dann renne ich um mein wertvolles Leben, als der nächste Geier versucht, sich auf mich zu stürzen.

Die Tribute von Panem - Die Rache der DistrikteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt