Heaven -Teil 21

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Also doch. Er ist also gestorben. Ich bin für zwei Tode verantwortlich. Ich habe zwei Jugendliche umgebracht. Ich habe zwei Familien große Trauer beschert. Schon wieder kullern mir die Tränen über die Wange, als ich die Bilder der beiden am Himmel erkenne. 'Lass das!', ermahnt mich meine innere Stimme. 'Vielleicht hat jemand anderes ja den Jungen kalt gemacht als du bereits weg warst.'

Ja vielleicht.... aber trotzdem habe ich ihn chancenlos gemacht. Er konnte sich nicht verteidigen. Es ist meine Schuld, dass er nun tot ist. Meine. Ich bin eine Mörderin.

Die Hymne verklingt und ich schüttle den Kopf, um die Gedanken abzustellen, aber mir wird nur schwindelig. Stattdessen schlüpfe ich in meinen Schlafsack und ziehe meine Beine an. Alles in allem geht es mir gar nicht so schlecht. Ich habe Waffen und Nahrung, nur kein Wasser. Ja, eigentlich geht es mir gut. Hätte ich nicht zwei Menschen auf dem Gewissen. Ich bin wie betäubt und starre in die weiße Schleierwelt, die vor meiner Höhle beginnt. Ich ziehe mir die Kaputze tief ins Gesicht und erlaube mir so, vor den Kameras versteckt, ein bisschen zu trauern. Die Sicht verschwimmt und Schluchzer durchzucken meinen Körper. Immer noch klebt mein Blick am Höhleneingang, obwohl außer der Nebelwand nicht zu sehen ist. Langsam werden meine Lider schwer und ich schlafe fast ein, als ich plötzlich etwas wahrnehme. Sofort setze ich mich auf und greife zu meinem Degen. Mit zusammengekniffenen Augen versuche ich etwas auszumachen. Tatsächlich.... ein Schatten kommt direkt auf meine Höhle zu. Ich stöhne auf und der Schatten erstarrt. Okay, das war zu laut. Jetzt kann ich nicht mehr fliehen. Der Tribut da draußen, wer auch immer es sein möge, weiß, dass ich hier bin. Noch ein Kampf. Nach dem ersten Tag in der Arena bin ich so erschöpft, dass ich eigentlich keinen Kampf mehr führen kann und erst recht nicht gewinnen. Aber ich muss.... Natürlich könnte ich jetzt einfach davon rennen, fliehen vor dem unbekannten Gegner, aber das macht sicherlich keinen guten Eindruck auf Sponsoren, die ich irgendwann brauchen werde, wenn ich gewinnen will. Notgedrungen rolle ich meinen Schlafsack zusammen, stopfe ihn in den Rucksack, setze ihn auf und schnappe mir meinen Degen und die Taschenlampe. Dann stürme ich hinaus, direkt auf den Schatten zu. Ich erkenne meinen Gegner, oder besser gesagt meine Gegnerin sofort. Es ist das Mädchen aus K1, Josse. Ich habe sie ein paar mal beim Training beobachtet, als sie an der Bogen-Station mit Pfeilen auf die Puppen schoss. Jetzt steht sie vor mir mit ängstlichem Blick... und Pfeil und Bogen. Mist! Eine kurze Zeit lang starren wir uns nur an. Ich mit gezücktem Degen, sie mit eingelegtem Pfeil. Ich weiß, dass ihr Pfeil mich schneller erreichen wird, als ich zustoßen kann und mache mich bereit, auszuweichen. Josse mustert mich von oben bis unten missmutig, versucht mich abzuschätzen. Mein Blick fällt auf ihre Schuhe, an denen kleine Kristalle glitzern. Ich stutze. Schnee? Das heißt, hier in der Arena gibt es ein Areal mit Schnee. Ich denke an die letzte Arena zurück, die des Jubel Jubiläums, in welcher wir uns nun befinden. Die Uhr, die in verschiedenen Stücke geteilt war... Kann es sein, dass irgendwann das Nebelgebiet endet und man dann eine Schneelandschaft erreicht? Und wenn es tatsächlich so ist, wie sehen die anderen Abschnitte aus? Wald, Wüste, Dschungel, Fels, Vulkan? Alles ist möglich.

Ein Husten reißt mich aus meinen Gedanken und holt mich in die Realität zurück. Keinen Moment zu spät, denn genau in diesem Moment lässt meine Gegnerin den Pfeil los, der direkt auf mein Herz zielen sollte. Ich lasse mich auf den Boden fallen und rolle mich ab. 'Danke Josse', denke ich mir dabei. Hätte sie nicht gehustet, hätte mich ihr Pfeil geradewegs getroffen und ich wäre schon bald in einem Labor gelandet. Dankbar schließe ich für einen Moment die Augen, bis mir klar wird, dass ich mich lieber wieder auf meine Gegnerin konzentrieren sollte. Ich sehe, wie sie sich hektisch hin- und herdreht. Da bemerke ich, dass der Nebel eigentlich ziemlich nützlich ist. Unbemerkt robbe ich ein wenig nach hinten bis ich nur noch einen angedeuteten Schatten sehe. Dann stehe ich auf und laufe im großen Kreis um Josse rum. Sie starrt jetzt in die Richtung, in die ich verschwunden bin und hat mich noch nicht gesehen. Ich schleiche mich von hinten an sie heran und nehme ihr die restlichen Pfeile aus den Köcher und werfe sie in den Nebel. Da bemerkt sie mich und wirbelt herum, nur noch mit dem Bogen und einem einzigen Pfeil bewaffnet. Diesen schießt sie sogleich auf mich, doch sie ist im Nachteil. Wir stehen jetzt viel zu nah beieinander. Sie kann mich mit ihrer Waffe nicht treffen. Sie fast nach hinten, um einen weiteren Pfeil in den Bogen zu legen, greift aber ins Leere. Erst da wird ihr klar, was ich getan habe und sie weicht ein paar Schritte zurück. Ich muss grinsen. Dann mache ich einen Satz in ihre Richtung und stoße mit meinem Degen zu. Ungeschickt wehrt sie ihn mit ihrem Bogen nach links ab. "Nicht schlecht", gestehe ich ihr ein. Der nächste Schlag kommt zu schnell für sie und ich verletze sie an der Schulter, aber anstatt aufzuschreien oder wenigstens nur zu stöhnen, versucht sie mir den Bogen an die Schläfe zu donnern. Mit soviel Kampfgeist hatte ich nicht gerechnet.

Auf einmal rennt etwas in mich hinein ich stolpere ein paar Schritte nach links, falle aber nicht hin. Ich schreie auf. Was ist das? Wollen die Spielmacher vielleicht den Kampf mit einer Mutation interessanter machen? Aber nein... Das etwas, was mich gerammt hat, entpuppt sich als Tribut. Mit rotem Gesicht und keuchendem Atem steht er vor uns und starrt uns mit großen Augen an. Völlig unbewaffnet. Leichte Beute. Er ist vor etwas weggelaufen, das sieht man auf den ersten Blick. Ich springe auf ihn zu und versuche, ihn mit einem Satz zu erledigen, verliere dabei aber das Mädchen aus der Sicht. Als sich plötzlich ein Schwert zwischen mich und sie schiebt, wirbele ich herum. Ein Junge steht vor mir, der anscheinend den Schlag des Bogen des Mädchens abgewehrt hat, der mich treffen sollte. Er ist wahrscheinlich der Verfolger des anderen Jungen. Kurz starre ich ihn an. Ich muss mich entscheiden: Vertrauen oder nicht vertrauen?

Die Tribute von Panem - Die Rache der DistrikteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt