Drei gegen einen würde ich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht überstehen, deswegen entscheide ich mich dafür, ihm zu vertrauen. Zumindest für diesen Moment. Plötzlich beugt er sich nach vorne und erst denke ich, er übergibt sich, bis ich seinen wütenden Blick in Richtung Josse bemerke, die ihm demonstrativ den Bogen entgegenstreckt. Bevor der Junge sich auf sie stürzen kann, lenke ich ihre Aufmerksamkeit wieder auf mich, indem ich ungeschickt den Versuch unternehme, sie aufzuspießen. Mein Vertrauter und ich stellen uns mit dem Rücken zueinander auf und kämpfen beide weiter. Immer wieder versuche ich sie zu treffen, aber sie ist geschickter und wehrt fast jeden meiner Schläge ab. Aus ein paar Wunden, die ich ihr trotzdem zugefügt hatte, sickert langsam das Blut. Die Schnitte sind nicht besonders tief. "Tauschen?",ertönt eine tiefe Stimme neben mir? Ein Gegnertausch? Wieso denn das? Ich gebe ihm keine Antwort und konzentriere mich ganz auf den Kampf. Josse ist anscheinend von dem Vorschlag zu tauschen ziemlich irritiert, denn als ich ihr den Bogen aus der Hand schlage, sieht sie geschockt auf ihre leeren Hände und dann zu mir. Irgendwie tut sie mir ja jetzt leid so völlig wehrlos.... 'Wenn sie stirbt bist du wieder einen Schritt näher an zu Hause', erinnert mich meine innere Stimme. Ich erschrecke mich fast zu Tode. Wie sehr mich die Hungerspiele schon verändert haben... aber eigentlich stimmt es. Ich atme durch und fange an, Josse tiefe Schnittwunden zu verpassen. Mit jedem Schnitt geht es mir schlechter und das Mitgefühl und schlechte Gewissen droht mich zu übermannen, als ein dumpfer Schlag und dann ein Fall zu hören ist. Wir drehen uns um und sehen den toten unbewaffneten Tributen und den Jungen, dem ich vertraue, der gerade sein Schwert aus der Brust seines Gegners zieht. Ich löse mich aus meiner Starre, sehe Josse an, mache die Augen zu und stoße meinen Degen zwischen ihre Rippen. Als ich meine Augen wieder öffne, liegt sie tot am Boden. Tränen steigen mir in die Augen, aber ich blinzle sie hastig weg, damit mein neuer Verbündeter mich nicht für schwach hält und ich sein nächstes Opfer bin. Ich drehe mich um und sehe direkt in die dunklen, funkelnden Augen des Jungen. "Ich will nicht mit dir kämpfen.", gesteht er und lässt sein Schwert sinken. Auch ich stecke den Degen weg. Ein Kampf mit ihm wäre sicher sehr anstrengend und für einen Tag waren das für mich drei zu viel. Ich strecke ihm die Hand hin, um mich vorzustellen, wie ich es von meinen Eltern gelernt hatte: "Mein Name ist Heaven." Er ergreift meine Hand und drückt sie einmal ganz kurz. "Ich bin Joe. Verbündete?" Verbündete? Er hat mir das Leben gerettet und zu zweit haben wir bessere Chancen, dass einer von uns gewinnt. Verbündete klingt für mich am logischsten. Und dann habe ich jemanden, der mich ablenkt, wenn die Morde, die ich bis jetzt begangen habe, mich quälen. Ich nicke ihm zu und lächle ihn an. Wir beide zucken zusammen, als urplötzlich ein Piepsen ertönt. Meine Hand schnellt schon an den Griff meines Degens, als ich den silbernen Fallschirm durch den Nebel hindurch erkenne. Ein Sponsorengeschenk. Ich renne in den Nebel und lasse den verdutzen Joe einfach lachend stehen. Als ich zu ihm zurück komme mit zwei Fallschirmen in der Hand, hellt sich seine Miene auf. "Jetzt schon?", wundert er sich. Ich grinse ihn an. "Freu dich doch einfach und guck was drin ist.", schlage ich ihm vor. Wir reißen gleichzeitig die Dosen auf, sehen aber wegen dem Nebel nicht viel. "Warte..." Ich ziehe meine Taschenlampe hervor und richte den Strahl auf die Geschenke. Ich stutze. In einer befinden sich Lebensmittel für mindestens eine Woche, wenn man sich alles gut einteilt. "Was sollen wir denn mit dem ganzen Essen?", fragt Joe. "Aufessen", lache ich. "Nein ich glaub sie decken uns mit Nahrung zu, solange es noch nicht so teuer ist. Sieh mal...alles ist lange haltbar.", teile ich ihm meine Entdeckung mit und halte ihm eine Tüte mit Trockenfleisch hin, sodass er das Datum sehen kann. "Kann sein", stimmt er mir zu. In der anderen Dose befindet sich ein Messer mit langer scharfer Klinge. Ich wiege es in meiner Hand hin und her, bevor ich mir es in den Gürtel stecke. Joe verstaut die Lebensmittel wieder in der Dose und hebt sie hoch. Dann entdecke ich den kleinen, metallenen Gegenstand. Die Spotttölpelbrosche. Erschrocken nehme ich sie auf und verstecke sie sogleich in meiner Tasche, bevor Joe sie sehen kann. "Und jetzt?", fragt er mit einem schiefen Grinsen. Ich bedeute ihm, mir zu folgen und führe ihn zu der Höhle. Dort erzählen Joe mir seine Geschichte und langsam lerne ich meinen Verbündeten kennen, bevor es erneut ans Kämpfen geht. Doch für diesen Tag ist erst einmal genug. Erschöpft wie ich bin, lasse ich mich gegen die Höhlenwand sinken, schließe die Augen und lausche den Worten meines neuen Freundes.
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Die Tribute von Panem - Die Rache der Distrikte
FanfictionVor der Bombardierung von Distrikt 12 floh Madge in die Wälder Panems. Dort wurde sie von dem Kapitol aufgelesen und durch verschiedene Experimente geführt. Die Folge: Unsterblichkeit. Mit dem festen Willen, eine Möglichkeit zu finden, sich das gra...