37. Blutige Botschaft

196 15 0
                                    


Jetzt da Loki weiss, dass ich jede Nacht verschwinde, gehe ich bereits etwas früher los und warte nicht mehr, bis er eingeschlafen.

Entspannt ziehe ich mir meine Rüstung und darüber einen neuen schwarzen Mantel an.

Den letzten habe ich ja Gislinde geschenkt.

«Was ist los?», frage ich Loki, ohne mich umzudrehen.

Ich kann seine Nervosität riechen und blicke deshalb neugierig über meine Schulter.

Unsicher steht er in meinem Zimmer und erklärt schliesslich leise: «Naja, ich dachte mir, dass ich dich vielleicht begleiten könnte. Du hast nämlich recht. Wieder einmal... Das ist mein Volk und es ist meine Pflicht mich darum zu kümmern. Deshalb würde ich gerne mitkommen...»

Überrascht blinzle ich ihn an.

Damit hatte ich nicht gerechnet.

«Klar», rufe ich schliesslich erfreut und drücke ihm einen glücklichen Kuss auf seine zarten Lippen.

Dankbar lächelt er mich an.

«Hier», meine ich und lege ihm meinen Mantel um, «Damit du nicht so schnell auffällst...»

Schweigend zieht er ihn sich an und folgt mir auf meinen Balkon.

Mit einem belustigten Grinsen steige ich auf das Geländer und lasse mich einfach rückwärtsfallen.

Dabei fange ich mich behutsam mit dem Wind auf, bevor ich hart auf dem Boden aufknalle.

Trotzdem höre ich Loki entsetzt nach Luft schnappen und gleich darauf blickt ein bleiches Gesicht auf mich herab.

Breit grinsend verkneife ich mir ein lautes Lachen.

Lokis Blick zeigt mir jedoch deutlich, dass er das gar nicht lustig fand.

Gutmütig hebe ich ihn mit dem Wind auf und lasse ihn zu mir herunter schweben.

«Mach das nie wieder!», zischt Loki sogleich und stapft wütend an mir vorbei.

Entschuldigend zucke ich mit den Schultern, bevor ich ihn an der Hand packe und eilig hinter den breiten Baum ziehe.

Sogleich marschieren einige Wachen an uns vorbei.

Mit einer Handbewegung bedeute ich ihm leise zu sein, bevor ich lossprinte und das Schlossgelände, durch ein Loch, das ich im Zaun gefunden habe, verlasse.

Loki ist mir dicht auf den Fersen.

«Zeig mir die Stadt. Also die Teile der Stadt, die etwas brauchen. Essen oder anderes Material. Du weisst schon...», fordert er mich auf.

Mit einem nicken verwandle ich mich und tapse lautlos durch die finsteren Gassen.

Wie immer habe ich meine Ohren gespitzt und wittere nach Gefahren.

Jedoch ist es auch diese Nacht, erstaunlich still.

Anfangs musste ich jeweils von einer Person in Not, zur nächsten eilen.

Doch es scheint sich tatsächlich herumgesprochen zu haben, dass man damit nicht mehr so leicht davonkommt.

Mittlerweile kommt es nämlich immer seltener vor, dass ich irgendwo eingreifen muss und in manchen Nächten sogar überhaupt nicht mehr.

Vorsichtig spähe ich um die nächste Ecke und biege ab.

Wir sind an unserem ersten Ziel angekommen.

In dieser Gasse, leben die, die nichts mehr haben.

Kein zu Hause, keine Nahrung, keine Familie...

Ausgemergelte Gestalten mit müden Augen, die sich in den Schatten verkrochen haben.

Ich bringe ihnen manchmal ein wenig zu Essen, Kleidung oder eine Decke mit, kann jedoch nicht viel mitnehmen.

Loki betrachtet das ganze Aufmerksam, bevor er mich leise bittet weiterzugehen.

Schweigend setzten wir unseren Weg fort und so zeige ich ihm mehre Stellen, die ähnlich aussehen, wie diese.

Nach ein paar Stunden machen wir uns auf den Rückweg.

Dabei erfassen meine Ohren ein leises Geräusch.

Sofort bliebe ich stehen und spiele mit meinen Ohren, um herauszufinden woher es kommt.

Eilig trabe ich los und erblicke so schon bald, die Ursache des Geräusches.

Vorsichtig gehe ich auf das kleine Mädchen zu.

Bei meinem Anblick hört sie auf zu weinen und starrt mich stattdessen aus grossen, braunen Augen an.

Ihre ebenfalls braunen Haare, die ihr knapp bis zur Schulter reichen sind zerzaust und stehen in alle Richtungen ab.

Ganz langsam mache ich einen Schritt nach dem anderen.

Als sie noch immer nicht reagiert schnüffle ich an ihr und stupse sie sanft an.

Dabei fängt sie leise an zu lachen, weshalb ich ihr schwanzwedelnd die Tränen von ihren speckigen Wangen lecke.

Sobald Loki hinter uns auftaucht, streckt sie ihre Arme nach ihm aus, woraufhin er sie etwas überfordert hochhebt.

Augenblicklich kuschelt sie sich an ihn und schläft in seinen Armen ein.

Ein wölfisches Lachen, verlässt meine Schnauze.

Loki scheint das kleine, vielleicht drei Jahre alte Mädchen nicht so ganz geheuer zu sein.

Erneut schnüffle ich an ihr und blicke mich dann um.

Konzentriert, mit der Nase dicht über dem Boden, husche ich umher.

Als ich schon beinahe aufgeben will, erschnüffle ich dieselbe rosige Note, die auch das Mädchen an sich trägt.

Sofort beginne ich ihr zu folgen und lotse uns so erneut durch die Strassen von Asgard. Plötzlich dringt noch ein anderer, viel intensiverer Duft in meine empfindliche Nase.

Stocksteif bleibe ich stehen.

Eilig verwandle ich mich.

«Ich habe die Spur verloren. Ausserdem ist ihr kalt und sie braucht ebenfalls etwas zu Essen. Wir suchen morgen weiter. Geh du schon mal zurück zum Palast. Ich will nur noch kurz schauen, ob ich nicht doch etwas finde», bestimme ich.

Kritisch betrachtet Loki mich.

Er weiss das ich lüge.

Natürlich.

Trotzdem dreht er sich um und läuft zurück zum Palast.

«Warte!», rufe ich ihm noch hinterher und drücke ihm einen meiner Dolche in die Hand, «Nimm den noch mit. Nur zur Sicherheit...»

Nickend nimmt er ihn an sich und verschwindet nun endgültig in die Dunkelheit.

Sobald ich ihn nicht mehr sehen kann, verwandle ich mich zurück und folge der frisch entdeckten Geruchsspur.

Ich weiss sofort, dass ich mein Ziel erreicht habe.

Wäre ich nicht jahrelang bei Hydra gewesen, würde mir ab dem Gestank jetzt vermutlich schlecht.

So biege ich jetzt jedoch in die, fast schon versteckte Gasse ab und erblicke genau das, was ich vermutet habe.

Das Bild ist jedoch mehr als verstörend.

Am Ende der schmalen Sackgasse liegt eine tote Frau...

Obwohl der Geruch des Todes über ihr hängt, kann ich mit Sicherheit sagen, dass es die Mutter des Mädchens ist.

Sie trägt denselben frischen Rosenduft an sich.

Meine zitternden Beine geben unter mir nach.

Voller grauen starre ich die Drohung an, die jemand mit dem Blut der Frau, an die Wand geschmiert hat.

Du hast versagt. Prinz..., steht dort geschrieben.

Ich weiss sofort was es bedeutet.

Thanos ist zurück...

Shadow and Ice: Der Tod als Begleiter (Loki ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt