Spaziergang mit Zane

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Als ich mit dem Buch im Arm durch die Türe schreite höre ich sich entfernende Schritte, aber ich habe weder die Kraft, Zeit noch Lust ihnen zu folgen. War es Zane, der auf dem Weg zu Isaac ist? Einer meiner Wachen, der die Schreie gehört hat und Hilfe sucht? Irgendeine von Isaacs Schlampen? Dieses wütende Gefühl, das bei meinem Gedanken an die dritte Option hochkommt, schlucke ich ganz schnell wieder runter und beschließe, dass es nichts war. Wenn jemand hier gewesen wäre, wäre er herein gekommen und wäre nicht weggerannt, besonders nicht Zane. Also scheint es nicht wichtig gewesen zu sein.

Ich habe keinen blassen Schimmer wie viel Zeit vergangen ist, seitdem ich die Bibliothek aufgesucht habe, aber bestimmt bald genug, dass Zane vor meiner Tür auftaucht und ich habe nicht vor so vor ihm zu stehen. Innerhalb von Zwei Minuten oder weniger bin ich wieder in meinem Zimmer und Gott sei Dank steht kein mich streng anschauender Zane vor der Tür, doch viel zeit werde ich nicht mehr haben. Ich beginne sofort damit mir die dreckigen Sachen vom Leib zu reißen. Die rote Wäsche packe ich in den Mülleimer, nicht in den Wäschekorb. Ich habe nicht vor entdeckt zu werden, naja zumindest nicht solange, bis die Leichen gefunden werden und selbst da werde ich garantiert nicht als verletzte und verprügelte Frau vor Isaac stehen. Die Wunde am Arm ist tief, aber ich hier kein Nähzeug und auch sonst nur einen ziemlich mager ausgestatteten Erste Hilfe Kasten. Mit Zähnen und anderer Hand schaffe ich es meinen Arm abzubinden, damit die Blutung vorerst stoppt. Den Rest des Stoffes stecke ich mir in den Mund. Der Rest der Prozedur muss schnell gehen und eine Sache wird es sicher sein, schmerzhaft.

Ich schnappe mir das kleine Fläschchen mit dem Desinfektionsmittel, stütze den blutenden Arm auf die Kante des Waschbeckens und beiße die Zähne zusammen. Beim tiefen einatmen schütte ich mir beinahe den gesamten Inhalt der nach Vodka stinkenden Flasche auf den Arm. Mir steigen brennend die Tränen in die Augen und ich hätt mir wahrscheinlich die Zähne ausgebissen, lege dazwischen nicht der Stoff. Glaubt mir wenn ich sage, dass es wie die Hölle brennt. Stöhnend und zischend, stelle ich das Fläschchen zurück und tupfe mir die Flüssigkeiten, die meinen Arm runter laufen mit einem Handtuch vorsichtig ab. Ich hab noch immer kein Nähzeug, was mir grade überhaupt nicht passt, aber leider habe ich auch keinen Tacker. Ich beschließe, dass eine feste Bandage erst einmal reichen muss. Bei meinem nächsten Treffen mit Matteo muss ich irgendwie an Nähzeug kommen oder ich versuche den Tacker aus Isaacs Büro mitgehen zu lassen. Ich bin sicher, das ich es schaffe, ihn irgendwie lang genug abzulenken.

Mein Arm bleibt abgedrückt und als nächstes binde ich mir den Rest der Bandagen um die Wunde, die meinen Oberarm ziert. Das gibt nh neue Narbe. Ich hab irgendwann aufgehört zu zählen, aber es müssen hunderte sein. Früher fand ich sie hässlich, dann war ich stolz auf sie und jetzt ist es mir schlicht weg egal. Manche dieser Narben haben beeindruckende, gruselige, schmerzhafte oder einfach nur langweilige Geschichten, aber eines haben sie alle gemeinsam. Sie gehören zur Vergangenheit und anders als andere habe ich keine Lust in der Vergangenheit zu leben, geschweige denn ständig an sie erinnert zu werden.
An meinem hals klebt das getrockenete Blut der kleinen Schnittstelle, wo mir heute fast die Kehle aufgeschlitzt wurde. Sie ist nicht tief und wird schon in ein paar Tage verkrustet sein, eine Narbe ist nicht wahrscheinlich. Die Stelle kann ich ebenfalls einfach mit Kleidung oder Makeup bedecken, aber was schon kritischer wird, ist meine gebrochene Nase.

Die ist zwar noch nicht geschwollen und wenn ich Glück habe, bleibt mir das auch erspart, aber der Riss auf dem Nasenrücken ist trotzdem auffällig und ich kann nur hoffen, das meine Künste mit Make up gut genug sind, auch das irgendwie zu verstecken. Vielleicht ist sie nicht mal gebrochen, sondern nur angeknackst. Auf jeden Fall hatte ich schon mehr Mals die Nase gebrochen und noch öfter es nicht einmal bemerkt.

Plötzlich klopft es laut drei Mal an meiner Tür zum Schlafzimmer. Ich zucke erst zusammen, wobei ich genau an die Stelle komme, die am meisten schmerzt und fluche leise vor mich hin, bevor ich der Tür antworte. „Warte!"
„Worauf?", kommt es nüchtern gefragt von Zane zurück. Ich verdrehe die Augen und beende meine Versteck-Arbeit im Schnelldurchlauf. „Darauf, dass ich nicht mehr nackt bin.", antworte ich halb ehrlich, damit er auf keinen Fall auf die Idee kommt, herein zu kommen.

Der Teufel ist eine Frau |✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt