Einer von Hundert

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Isaac kriege ich den ganzen Tag nicht zu Gesicht. Als ich Zane darauf anspreche, kriege ich keine Antwort. Irgendwas an diesem Mann fasziniert mich. Er ist so gut im Kampf, wie viele nicht, beherrscht Waffen, die schon längst veraltet sind, lässt nicht einmal seine Körerhaltung dahin gehen und ist dann schweigsam, wann ich es am wenigstens will. Er hat was, etwas, was andere nicht haben. Er ist kein normaler Mafioso oder Gangster, so viel ist klar. Nur werde ich kein Wort über ihn aus ihm heraus bekommen, so viel ist sicher. Also bleibt mir nur die Analyse über meine eigene Wahrnehmung übrig.

Am Freitag, den Tag danach und auch am Samstag, passiert alles genau wie am ersten. Mehr oder weniger, aber nichts neues kommt hinzu. Kein Isaac, kein Auftrag, nur das Training, essen, eiskalte Dusche und Schlafen. Ich befürchte schon, dass wenn es so weiter geht, dass ich, bevor ich nur einen töte, selbst an Langweile ersticke, doch am Sonntag sieht das schon anders aus. Bevor ich zum Frühstücken komme, werde ich abgeführt und zum Büro von Isaac gebracht. „Er hat nach dir verlangt.", war alles, was Zane preisgegeben hat. Auf meine Fragen, ob er wüsste, warum oder was er wolle, hat er nur mit Schweigen und eisiger Miene geantwortet.

Die Türen von Isaacs Büro werden aufgestoßen und wir treten ein. Isaac steht mit mit dem Rücken zu uns, seine Hände auf dem Rücken liegend. „Alle raus, außer ihr.", spricht er dem Fenster zu. Ich winke meinen beiden Begleitern lächelnd zum Abschluss, dann schließen sich die Türen und ich bin alleine im Büro mit Isaac und Zane. Ein Mann gefährlicher als der andere, wobei ich mir noch nicht zu hundert Prozent sicher bin, welcher von beiden es ist. „Wie tut sie sich?" Zane tritt hervor. Isaac blickt nicht nach hinten, nicht einmal. „Es stimmt, was man über sie sagt. Geschickt, flink und kämpferisch begabt. Wie es aussieht, beherrscht sie jegliche Waffen mit einer außergewöhnlichen Technik." Ich würde nicht behaupten, es sei eine Gabe, es ist Arbeit. Wenn diese beiden wüssten, was ich durchmachen musste, um so gut zu sein, wie ich heute bin, würden sich beide in die Hose scheißen.

All die Schmerzen. Physisch und Psychisch, die einen immer wieder an seine Grenzen treiben und jedes Mal denkst du, das war es, ich kann nicht mehr, hier ist mein Ende und dann stehst du doch wieder auf, nur um wieder am Boden zu liegen und zu denken, dein Ende ist gekommen. Seine Stimme schallt noch immer in meinen Ohren. Es ist die Stimme, die mich in meinen Träumen verfolgt.

„Meine Erwartungen sind hoch." Isaacs laute, herrische Stimme, reißt mich aus meinen Gedanken. Er dreht sich. Frisch rasiert, seine Seiten kurz, die sonst etwas welligen Haare, glatt nach hinten gelegt. Das Hemd sitzt ohne jegliche Falte. Das Erscheinungsbild eines Königs. „Ich habe dein erstes Opfer. Sein Name ist Jeremy Dair." Den Namen habe ich schon einmal gehört, aber er war offensichtlich nicht wichtig genug, dass ich mich daran erinnern könnte, wer er ist oder was er macht.
„Wie soll ich ihn umbringen?"
Isaac, der die Hände noch immer auf dem Rücken hat, betrachtet mich kurz, dann deutet er ein Achselzucken an. „Ich überlasse dir die Ehre, zu entscheiden. Ich will nur ein, seinen Ringfinger mit seinem Siegelring daran. Die Leichen kannst du liegen lassen, ich brauche keinen Müll." Nichts lieber als das. „Leichen? Ich dachte, wir reden von einem Mann." Isaac nickt. „Eine Zielperson, aber ich will, dass jeder um ihn herum umgebracht wird. Ist das nicht deine Art?"

„Ja, ist es. Wieso würdest du wolle, dass ich sie weiter beibehalte?", frag ich aus reinem Interesse. „Weil ich will, dass du mein Geheimnis bleibst. Sorg dafür, dass weiterhin keiner weiß, wie du aussiehst, wer du bist oder wie du heißt. Du bist der schwarze Wind, nicht mehr und nicht weniger."
„Wie du willst.", gebe ich pflichtbewusst zurück. „Gibt es noch weitere Informationen über ihn? Ohne meine Kontaktpersonen oder Internetzugänge, dürfte es für mich ziemlich schwer werden, seine Standtorte heraus zu kriegen." Isaac nimmt eine dünne Papiermappe, die vor seiner Nase auf dem Schreibtisch lag, in die Hand und hebt sie in Zanes Richtung, der geht sofort los, um sie ab zu holen. „Er wird heute Abend in diesem Hotel schlafen." Ich ziehe die linke Braue hoch. „Ist er zu Besuch in der Stadt?"

Der Teufel ist eine Frau |✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt