Rache ist süß

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Der Kuss mit Zane war überraschend, schnell und ganz anders als die mit Isaac. Ich konnte spüren, wie Zane etwas völlig anderes in den Kuss gegeben hat als Isaac. Zane war emotionaler, hat mich gehalten als wäre es das letzte Mal und wahrscheinlich weiß er besser als ich, dass es das letzte Mal sein sollte. Ich wusste nicht, dass Zane Gefühle für mich hat und wusste auch nicht dass ich für ihn fühle, aber all das hat keine Bedeutung mehr. Meine Gefühle, für egal wen, Zane oder Isaac sind genauso tot wie Mario und sein Freund und werden Samstag unter Schutt und Asche begraben sein. So muss es sein, denn das alles gerät von Tag zu Tag immer weiter außer Kontrolle.

Zane hat gelächelt nachdem wir uns wieder von einander getrennt hatten, aber weiter hat er nicht gesagt oder getan, so als würde ihm dieser eine Kuss vollkommen gereicht haben. Als wäre das der Moment, den er die ganze Zeit gewollt hatte und jetzt hatte er ihn.

Leider kann Isaac nicht so sein und schon am Mittwoch erwartet er mich wieder. Dieses Mal im Speisesaal, in dem ich eigentlich mein Abendessen ganz allein einnehmen sollte, wie sonst auch. Nur dass jetzt Isaac auf einem Stuhl sitzt und zu meinem Unglück gibt es nur noch einen weitere Stuhl, direkt ihm gegenüber. Mit erhobenem Kinn und guter Haltung schlendere ich stumm zu meinem Platz, lasse mich von seinen folgenden Blicken nicht beeindrucken und setze mich vor ihn. Ich greife auch sofort zum dampfenden Essen, ohne weiter was zu sagen oder zu tun. Er ist es, der das Schweigen unterbricht. „Weißt du, warum ich mich so sehr auf Samstag freue?" Ja, weil dein dummer mal bester Freund stirbt und ich auch noch am besten. „Nein, weiß ich nicht. Du hast es nie für nötig gehalten, mir es zu verraten."

„Du hast recht, aber ich finde, du solltest es wissen."
„Warum? Damit ich einen Grund habe Eamon zu hintergehen und umzubringen? Ich brauche keinen Grund, das ist mein Geschäft." Ich beiße von meinem Stück Baguette ab und kaue genüsslich, während ich auf Isaacs Antwort warte. „Ich will dir keinen Grund geben, zu töten, den brauchst du nun wirklich nicht, aber ich will dir unsere, meine Geschichte erzählen, weil du mir deine erzählt hast." Jetzt kann ich nicht anders als ihn mit schmalen Augen anzugucken. Ich könnte mich selbst schlagen dafür, dass ich so schwach war und ihm von meiner Familie und meinem Leben vor dem schwarzen Wind erzählt habe. „Du brauchst mir deine Geschichte nicht aus Mitleid oder Schuldgefühl zu erzählen.", gifte ich zurück und esse weiter.

„Auch das tue ich nicht. Du meintest ich soll beweisen, dass ich dich will, dass du die einzige bist. Also will ich, dass du die einzige bist, die die Geschichte von mir hört." Ich lehne mich in meinen Stuhl zurück, mal sehen welche Lügen, er mir heute serviert. „Du hast meine Aufmerksamkeit, vergeude sie nicht." Isaac greift zu seinem Glas, damit er noch einen Schluck seines Alkohols nehmen kann, bevor er mich anlügt.

„Ich hatte eine Schwester." Ich verschlucke mich beinahe am Brot bei den Worten. Nicht weil ich nicht wüsste, was als nächstes kommt, sondern weil es das ist, was Matteo mir erzählt hat. Weil ich weiß, dass diese ersten Vier Worte schon mehr Wahrheit sind, als ich je von ihm erwartet hätte. Ich fange mich schnell wieder und höre so gut ich kann weiter reglungslos und still zu. Man merkt Isaac sofort an, dass er diese Geschichte weder oft noch gerne erzählt. „Und Eamon war nicht immer der Mann der er heute war, das waren wir beide nicht. Um genau zu sein, war er mein bester Freund. Ich hatte nie eine gesunde Familie..." Wir müssen wohl beide an seinen Rücken und seinen Vater denken, wobei mir der Appetit sofort vergeht und ich erstmal zu meinem Glas Rotwein greifen muss.

„Aber ich hatte eine kleine Schwester und einen besten Freund, der für mich wie ein Bruder war. Eamon und Ella." Als er ihren Namen ausspricht, spüre ich den Schmerz, der dabei ihn ihm aufkommt. Sein Blick wirkt für die eine Sekunde, in der ihr Name über seine Lippen kommt völlig weggetreten und leer. „Ich schaffte es zusammen mit Eamon ein Geschäft aufzuziehen, das Übliche eben, Geld leihen, Zinsen, Bank spielen, Drogen, alles was man zu Geld machen konnte, haben wir gemacht. Und wir kamen erstaunlich gut damit durch. Eamon war zu der Zeit mit meiner Schwester zusammen, er behauptete er würde sie wirklich lieben. Und das tat ich auch. Ich wollte nicht einfach nur Macht haben, weil sie einen erfüllt, sondern weil sie mich und besonders Ella vor unseren Vater beschützen konnte. Wenn ich stärker als mein Vater werden würde, wären wir beide sicher und so war es. Wir waren unantastbar für meinen Vater."

Ob sein Vater Ella auch misshandelt hatte? Und wie viel jünger war sie wohl? Ich fasse es nicht, aber ich höre Isaac nicht einfach nur zu, sondern lasse mich mitreißen, ich fühle, während er mir seine Geschichte erzählt. „Aber diese Macht macht einen verrückt, sie ist wie die Drogen, mit denen wir gedealt haben, man konnte nicht genug haben. Anscheinend dachte Eamon ich wäre eine Kette, die ihn hält, ohne mich würde er mehr erreichen, besser, mächtiger sein. Ich war zu naiv und blind, um zu erkennen, als er sich langsam aber sicher gegen mich wand. Es waren zu Beginn nur Meinungsverschiedenheiten oder kleine Streite, aber ich hätte es erkennen sollen."

Ich mache mich gefasst auf den Rest der Geschichte, die ich schonmal genauso ähnlich von Matteo gehört habe. „Wir hatten einen großen Deal, der uns Milliarden und einen riesigen Partner einbringen würde. Wir wollten uns persönlich mit ihm treffen und Eamon sagte mir den Ort und die Zeit, an der ich da sein sollte. Als ich aber mit Drei meiner Männer da war, fand ich nur Eamon, wie er die Pistole an dem Kopf meiner Schwester drückte." Er hält kurz inne, schaut mir dabei aber die ganze Zeit so fest in die Augen, dass mir ein Schauer über den Rücken läuft. „Er schoss, bevor ich ihn anflehen konnte, es nicht zu tun. Meine Drei Männer konnten mich nicht beschützen, aber ich hab es noch geschafft, Eamon ins Bein zu schießen und zu entkommen. Ich habe die Leiche meiner Schwester nie gesehen, noch bergen können." Mein Mund fühlt sich mit einem mal ganz trocken an und ich merke, wie ich meine Finger in die Lehnen des Stuhles gegraben habe.

„Das tut mir leid.", krächze ich leiser als gewollt. Isaac nickt mir anerkennend zu. „Du kannst dafür nichts, nur Eamon. Und ich werde ihn nicht einfach töten, ich will ihm das nehmen, was er mir genommen hat." Ich schaue Isaac fragend an. „Du willst ihm die Frau nehmen, die er liebt?", frag ich nach, aber er schüttelt fast lachend den Kopf. „Nur ein Narr würde glauben, dass Eamon Marybeth wirklich liebt. Er liebt nur eines, Macht und er heiratet nur, weil er genau das von ihr kriegt."
„Also lässt du sie am leben?", frag ich weiter nach. „Ich habe vor es zu versuchen. Eigentlich hat jeder Mann, der am Samstag da sein wird, den Tod verdient." Ich schnaube, denn das weiß ich wohl am besten. Samstag wird das Treffen des Jahren für Mafioso, korrupte Politiker, Polizisten, Vergewaltiger, Mörder, Diebe, einfach jeden der Scheiße am stecken hat. „Von mir aus sollen die Unschuldigen gerettet werden aber niemand wird mir wichtiger sein, als der Tod von Eamon. Niemand wird mir wichtiger sein, als die Rache für den Mord an Ella."

Niemand, auch nicht ich.

Ich starre Isaac an. Versuche meine Gedanken und Gefühle irgendwie zu ordnen. Als ich mich entschlossen habe, greife ich zu meinem Glas und hebe es Isaac entgegen. „Auf die Rache."
Als ich den Rotwein auf der Zunge zergehen lasse, wird mir klar...

Es gibt nicht süßeres als die Rache.

Als wir die Gläser abstellen, schenke ich Isaac mein schönstes und harmlosestes Lächeln.

Der Teufel ist eine Frau |✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt