Das, was ich gesucht habe

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Er hat nicht einmal gezuckt. Jeder Strich, jeder Schnitt ist sauber und grade. Mit etwas Stolz betrachte ich mein Werk. Ich sitze noch immer auf Isaac, um genau zu sein, sitzen wir noch genauso dar, wie zuvor. Er in mir und beide nackt. Die Schnitte bluten nicht viel, sie sind nicht zu tief, aber auch nicht zu oberflächlich, sondern genau perfekt. Ich streiche um die Wunde herum und halte sie genau im Auge. Das A, das jetzt auf oder eher in seiner Haut prankt ist kaum zu übersehen. Ich hab den Dolch noch in der anderen Hand, aber die Aufmerksamkeit von uns beiden liegt nur auf dem Teil seines Körpers, der von mir gezeichnet ist.

Dann hebe ich meinen Blick und genau im gleichen Moment schaut auch er zu mir. Er bleibt liegen, legt mir eine Hand, die er ausstreckt auf die Wange und einer seiner Mundwinkel zuckt leicht in die Höhe. „Du bist auch die einzige, die auf so eine Idee kommt." Ich zucke mit den Schultern und drehe das Messer in meiner Hand. „Ich schätze ich bin nicht ganz normal." Darüber muss er wirklich lächeln. „Ganz und gar nicht." Er schaut an seinen Körper herab und stützt sich auf seine Ellbogen auf, um es besser zu erkennen. „Du hättest mir das Messer auch einfach in den Bauch rammen können.", überlegt er laut. „Das hätte ich.", bestätige ich und muss nicht zum ersten Mal an die Worte der Frau denken, die einer Freundin wohl am nächsten kommt. „Dann musst du mich ja schon wirklich unglaublich gut im Bett finden, wenn du mich nicht mal mehr versuchst um zu bringen." Ich schnaube und umfasse den Griff der Klinge sofort fester. „Bild dir nichts ein, kleiner Prinz."

Bevor ich richtig reagieren kann, hat er mich bei den Hüften gepackt und wechselt unsere Rollen wieder. Meine Arme fixiert er mit seinen Händen an meinen Handgelenken, ein Bein schiebt er zwischen meine und er greift so fest zu, dass sich meine Finger verkrampfen und sich vom Griff lösen. Das Messer landet neben mir auf der Matratze. Ich währe mich nur eingeschränkt gegen seine Griffe, zapple zwar ein wenig mit meinem Oberkörper herum, um es wenigstens versucht zu haben, aber meine Beine bleiben nur angewinkelt liegen, statt ihn zu treten, damit er mich vielleicht wirklich loslässt.

„Vielleicht bring ich dich sogar noch dazu, zu bleiben." Meine Brust zieht sich zusammen. Will ich etwa hier bleiben? Ich muss zugeben, das hier ist seit Jahren der erste Ort, bei dem ich über eine zwei Wochen blieb, der einzige Ort, an dem Menschen meinen Namen kennen, mich auf eine Weise respektieren, ein Ort an dem ich, schlafen kann, wirklich schlafen. Aber für nichts in der Welt gebe ich mich selbst und meine Freiheit auf. „Ich bleibe nie an einem Ort, schon gar nicht bei einem Menschen."
„Na wenn das so ist.", nur hört es sich ganz und gar nicht so an, als würde er mir das wirklich abkaufen. „Wenn das eine unserer letzten Nächte ist, sollten wir die wohl besser nutzen."

Und das tun wir auch.
Ich sage mir, dass das hier eines, vielleicht sogar das letzte Mal ist, dass ich weniger als einer Woche die Hochzeit ist. Und ich genieße es. Genieße ihn und seine Nähe, bis wir beide so erschöpft und müde sind, dass wir still in der Dunkelheit nebeneinander liegen. Erst währe ich mich noch gegen den Schlaf, der mich überkommt, aber irgendwann hab ich auch dafür eine Kraft mehr und döse neben Isaac ein.

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Als ich Montag aufwache, ist Isaac weg. Um genau zu sein, bin ich schon aufgewacht, als er aufgestanden ist, aber hab danach einfach weiter geschlafen. Als ich danach wirklich aufstehe ist es, weil ich auf meinem Handy, das mir Isaac für Nachrichten mit Matteo gegeben hat, eine Nachricht von ihm auftaucht.

Hey, ich muss dich heute noch sehen.

Mehr auch schon nicht. Wir schreiben nicht viel hin und her. Um 14 Uhr warte ich vor dem Cafe, in dem wir uns ganz zufällig getroffen und kennen gelernt haben. Ich habe schon zwei Getränke bestellt die genau dann von der Kellnerin gebracht wird, als sich Matteo auf den Platz vor mir setzt. „Hey", begrüße ich ihn sofort und stelle meine Tasse mit Milchkaffee ab, an der ich die ganze Zeit geschlürft habe. „Hey", begrüßt er schnell zurück und zieht sich die Jacke aus. Er wirkt etwas durch den Wind, aber fasst sich wieder. „Sorry, dass es so kurzfristig sein musste." Ich winke ab und schüttle den Kopf leicht. „Alles gut, worum geht's denn?" Er schluckt und anhand seines Gesichtsdruckes erkenne ich genau, dass ihm nicht ganz wohl ist.

Der Teufel ist eine Frau |✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt