Der einzige Mann

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Matteo wartet noch mit mir auf mein Taxi, das mich zu Isaac fährt, beziehungsweise zwei Straßen von dem Gebäude entfernt, ich will kein Risiko eingehen. Meine Lippen kribbeln noch vom küssen und als ich den Weg hinauf gegangen bin, um einzutreten, lege ich mir ganz unbewusst die Finger auf die Lippen.
Die Tür springt vor meiner Nase auf und in ein schwarz gekleideter Zane steht vor mir. „Erschreck mich doch nicht so.", beschwere ich mich, obwohl ich nicht mal gezuckt habe. Erst gleitet sein Blick über mich und mein rotes Kleid, dann versuche ich mich an ihm vorbei zu drängen. „Isaac will dich sehen." Ich seufze. „Es ist spät, kann das nicht bis morgen warten."
„Nein" Ich kenne Isaac, also gebe ich jetzt schon nach. „Schön, aber wenn ich morgen noch schlechter gelaunt bin, als heute, ist das seine Schuld." Die schwere Tür schließt sich und ich spüre, wie sich Zane hinter mir in Bewegung gesetzt hat. „Ich werde dran denken."

Ich bin kein Mensch, der sich gerne Ausreden sucht, aber grade geht es mir etwas besser, wenn ich daran denke, dass ich noch Chancen kriegen werde. Schließlich sind es noch ein Tage zur Hochzeit nicht? Ich werde einfach ein andern Mal mit ihm schlafen, ganz einfach. Isaac hat nie ausdrücklich gesagt, dass ich mit Matteo ins Bett soll, aber er sagte, ich solle ihn verführen und alles tun, was ich kann, dazu zählt wohl auch ein bisschen Liebhaber zu spielen. Doch viel schlimmer ist, dass ich für mich selbst versagt habe. Es war mein Plan mit ihm zu schlafen. Mein Plan, ihn zu küssen und zu verführen, auf meine Art. Doch selbst das hat Isaac nicht zugelassen. Dieses letzte bisschen Kontrolle, das ich hatte, hat er mir kaputt gemacht, weil sein ätzender Name im meinen Kopf Kreise dreht.

„Ich weiß, es steht mir nicht zu, zu fragen-" Zanes Stimme erhebt sich deutlich und ich unterbreche ihn schnell schnippisch. „Dann frag nicht." Sobald ich das gesagt hab, kratzt was komisches an meinem Herzen. Fuck, wenn ich jetzt noch Schuldgefühle entwickle, wird das hier endgültig mein Ende sein. Ich seufze, wir sind gleich da. „Gut, was ist?" Er wartet kurz, bevor er antwortet, wahrscheinlich um zu sehen, ob ich meine Meinung doch noch einmal ändere. „Du wirkst nicht zufrieden. Ist etwas vorgefallen?" Ich bleibe wie angewurzelt stehen und kann nicht anders, als ihn anzustarren. Zane bleibt rechtzeitig stehen, um mir nicht hinten rein zu laufen. er hat gefragt, ob etwas passiert ist. In einem normalen Ton, nein eigentlich schon in einem freundlichen, interessierten Ton. Der Mann der nie redet, der kalte Soldat, der nie einen Fehler macht, fragt mich, ob es mir gut geht, ob etwas passiert ist. Vielleicht fehlen mir für eine ganze Weile die Worte.

Ihr fragt euch warum? Ganz einfach, ich kann mich nicht daran erinnern, dass mich jemand gefragt hat, ob ich zufrieden sei, ob etwas passiert ist, was das Gegenteil bewirkt hätte. Ich bin nicht verletzt, hab nicht preis gegeben und trotzdem interessiert er sich dafür, obwohl er es nicht muss. Oder er gibt es zumindest so vor.

„Es... es lief nicht perfekt, aber nichts weiter schlimmes.", antworte ich schließlich. Er nicht, vielleicht zuckt sogar sein einer Mundwinkel. „Ich hab dich noch nie stottern erlebt.", kommentiert er und ich hole aus, um ihn auf die Brust zu hauen. Ein fester Schlag, er hustet einmal lachend auf. Ich drehe mich sofort wieder um und laufe in meinen Schuhen, mit niedrigem Absatz weiter. „Ich bin nur wachsam."
„Dir entgeht auch nichts.", murmle ich und meine jedes Wort. Dieser Mann ist der perfekte Beobachter, Zuhörer und somit Spion. Ob Isaac ihn schon einmal genau für so einen Job eingesetzt hat? Ich verwette meinen kleinen Finger darauf.

Wir sind da, die beiden Wachen vor der geschlossenen Flügeltür und ich mit Zane, der jetzt vorgeht davor. Sie öffnen die Türen und nun gehen erst Zane, dann ich hindurch. Seine Miene wieder stramm und kein Zucken und keine Zelle seines Körpers verrät, dass wir beide grade noch auf dem Flur geredet, geschweige denn gelacht haben.

Ich richte mich ebenfalls stramm auf, als ich Isaac sehe. Er steht nicht an seinem geliebten Schreibtisch, sondern an der Wand, die eigentlich eher ein riesiges Bücherregal ist, das bis zur Decke ragt. Im Regal eingebaut ist auch eine Art Theke, vor der er jetzt steht. Ein Buch liegt auf dem Sofa, das auf der Seite steht und in seiner Hand liegt ein Drink, den er abstellt, als er mich sieht. Und er sieht mich ziemlich lange. Schon so lange, dass ich denke, mir fällt das Kleid jeden Moment vom Körper. Das rote Kleid zeigt viel, aber wenig Haut. Es liegt eng an, geht bis kurz über die Knie, verdeckt den Großteil meiner Brust und reicht mir sogar bis zu den Handgelenken. Ich konnte schließlich nicht riskieren, dass Matteo meine Wunden entdeckt, auch wenn ich alle meine Narben entweder mit Make up gut verdeckt habe oder um beispielsweise die Arm Wunde einen einfach Verband gewickelt habe. Mein Ausrede wäre also ich hätte mir eine leichte Prellung oder so zugezogen.

Ich muss mich zusammenreißen, um nicht den Blick zu senken oder nach einer Strähne meines, offenen, gelockten Haares zu greifen. Also lasse ich diese schöne Qual einfach über mich ergehen, bis er sich räuspert und das Wort ergreift. „Du warst lange weg." Stimmt, es ist spät, nach Mitternacht, wir müssen die Zeit im Restaurant aus den Augen verloren haben. „Ich hatte schließlich zu tun.", rechtfertige ich mich schnell und lasse Isaac nicht aus den Augen, als er die Hände auf dem Rücken zusammen legt und seinen Weg in meine Richtung langsam und gefährlich antritt. „Natürlich, aber so lange wie heute, war es noch nie. Was hast du getan?" Ich schlucke. Glaubt er etwa, ich hätte was anderes getan, als mit Matteo zu essen?

„Ich habe das getan, was du mir aufgetragen hast, Prinz.", fauche ich zurück und gehe schon in meiner Rage einen Schritt vorwärts. „Du hast also die Einladung?", fragt er beißend zurück. Ich balle die Fäuste, jetzt muss sich meine Kleine Niederlage auch ihm eingestehen. „Nein, aber ich werde sie kriegen.", gebe ich fest entschlossen zurück. Ich werde und muss alles für diese Einladung tun. Aber Isaac scheint überhaupt nicht beruhigt, er wirkt sogar eher noch angespannter als vorher. Ich erkenne, wie sich all seine Muskeln wieder so beeindruckend anspannen und wie es in seinen Augen gefährlich blitz, als er fast bei mir ist. „Was hast du getan?" Wieder diese dämliche Frage. Ich bin er, die den Abstand zwischen uns überwindet und jetzt direkt vor ihm steht. Zehen an Zehen. Ein tödlicher Blick begegnet dem anderen. „Ich war da, wo ich sein sollte, mit wem ich da sein sollte, riesen Trottel!", schreie ich schon fast in sein markant, attraktives Gesicht.

Er lehnt sich so weit zu mir runter, dass kein Zentimeter Abstand mehr zwischen uns ist. Seine Wärme, nein seine Hitze, erschlägt mich beinahe. Diese Hitze frisst sich zielstrebig durch meinen Körper und setzt alles in Flammen. „Ich habe nicht gefragt, wo du warst, oder mit wem, Althea Antonov, ich habe gefragt, was du getan hast?" Er presst und schreit die Frage gleichzeitig heraus. Als würde meine Antwort ihm zum explodieren bringen. Dann dämmert es mir. Ich weiche nur mit meinem Oberkörper ein bisschen zurück. „Du willst wissen ob ich mit ihm geschlafen habe?" Bingo, sein Kiefer spannt sich so sehr an, dass seine Zähne gleich rausbrechen könnten. „Sag es mir.", knurrt er böse. Ich schweige kurz, bevor ich weiter provoziere. „Ich wüsste nicht, was dich das angeht." Oh Gott, wenn er es schon mal getan hätte, würde ich glauben, er würde mich gleich schlagen. So sehr brodelt Wut in ihm.

„Du gehörst mir! Du bist mir alles schuldig! Und jetzt gib mir verfickt noch mal die Antwort!" Du gehörst mir. Worte, die ich niemals akzeptieren kann, aber statt eine Diskussion zu führen, entscheide ich mich dafür, es lieber noch etwas weiter mit ihm zu treiben. „Du willst also wissen, ob Matteo in mir war? Ob er mich überall angefasst hat? Jeden Zentimeter meines Körpers berührt und geküsst hat? Oh, oder wie es sich anfühlt, wenn ein Mann wie er, dich richtig ran nimmt?" Meine Stimme klingt so himmlisch, dass man meinen könnte, genau das wäre zwischen mir und Matteo passiert. Isaac reißt sich nicht länger zusammen, er greift mit einer Hand nach meinem Oberarm und zieht mich ruckartig an sich. Seine Finger graben sich in mein Fleisch, aber das bisschen Schmerz, das dabei entsteht, verwandelt mein verräterischer Körper nur in ein erregendes Prickeln.

„Hast du diesen Bastard gefickt?" Er spuckt die Frage aus. Eine Frage, deren Antwort entscheidend ist für alles was danach kommt. Und dann wird es mir weiter klar. Das, was da in seinen grüner scheinenden Augen glimmert ist keine Wut, oder nur zum Teil. Das was ihn zerfrisst und sich mir in die Seele gräbt ist Eifersucht. Pure, giftige Eifersucht. Und verdammt, ich liebe es. Und dann kullert mir die Antwort ganz allein über die Lippen. „Nein, ich habe ihn nicht gefickt." Sein Griff wird nicht locker, aber in seinen Augen ändert sich etwas, etwas unerklärliches. Eifersucht wird von etwas ersetzt, was noch viel gieriger ist, noch heißer.

„Gut, dann bin ich heute der einzige Mann, der dir dieses Kleid vom Körper reißen wird."

Der Teufel ist eine Frau |✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt