Verführung

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Verführen?!", platzt es einfach so aus mir heraus und ich kann meine Überraschung einfach nicht verbergen. Isaac scheint es wiederum zu gefallen, mich so ahnungslos zu sehen und schmunzelt erst einmal, bevor er sich selbstgefällig zurück lehnt und nickt. „Verführen. Nutze alles was du hast, Stimme, Wimpernklimpern, ich bin mir sicher, du kannst dir was einfallen lassen." Ich würde mich ja mit meinen Händen auf den Rand des Tisches abstützen aber bei der Erinnerung daran, wie er mir die Hand verdreht, bleibe ich doch lieber so wie ich bin und starre stattdessen den Schreibtisch nur ein Sekündchen lang an, bevor ich mich wieder fasse. Ich stemme eine Hand in die Seite, in der anderen halte ich noch immer mein Messer. „Ich weiß schon, wie ich jemanden verführe, ich will wissen, warum ich das tun soll.", spezifiziere ich.
„Liegt das nicht auf der Hand? Ich will es mir so leicht wie möglich machen und das ist es, wenn meine Waffen ohne Probleme auf die Hochzeit kommen. Bedeutet, wenn du ohne Wiederstand auf die Feier kommst, ist es für mich nur noch ein Kinderspiel. Außerdem können wir von unserem Matteo noch ein paar wichtige Sachen lernen." Leuchtet ein, doch ein paar Kanten hat das ganze noch.

„Was lässt dich denken, dass er unser Schlüssel ist? Wie soll er mich da rein bringen? Und warum zur Hölle, soll er sich grade von mir verführen lassen?" Isaac lässt seine Augen über meinen Körper wandern, als wäre das die Antwort darauf, mein Körper. Doch er sagt etwas ganz anderes. „Matteo Russo ist ganz zufällig der kleinere Bruder von der Braut Marybeth Russo und noch besser, er ist der kleine Bastard der Familie." Wie schon erwähnt sind die Mafioso Familien etwas altmodisch und das trifft nicht nur auf die Rolle der Frau zu, sondern auch auf die Rolle von unehelichen Kindern. Für sie ist das Leben schwer, denn egal ob älter oder jünger, sie würden nicht das Imperium des Vaters übernehmen oder sich viel Respekt erarbeiten können. Das kann schon mal am Ego kratzen. Besonders an dem Ego eines Mannes.

„Ich soll also auf seine Verzweiflung hoffen?", frage ich nach und ziehe eine Augenbraue hoch. „Nein, Matteo ist nicht verzweifelt, er ist vielleicht etwas gekränkt durchs Leben gegangen und ist nicht vollgeblasen mit Stolz, aber verzweifelt ist er auch nicht. Seine uneheliche Herkunft ist vielleicht auch der Grund, warum er nett ist, wie manche es nennen würden. Ich nenne es jedoch schwach." Ein netter Mann kommt vielleicht in einer normalen Welt gut an, aber hier? Hier wird ihn jeder als etwas schwaches und jagbares ansehen. Keine gute Voraussetzung.
„Und doch liegen ihm Frauen natürlich trotzdem zu Fuße. Aber ich denke, du bist genau die richtige. Er sucht nach einer Frau, die ihm zeigen kann wo lang es geht, nicht nach einer, die still ist und einfach da liegt, wenn er seinen Schwanz in sie steckt." Ja, dass kann sie Matteo jetzt schon abschminken. Er sucht nach dir, einer Art von dir, einer etwas nettere Art natürlich, mit ein paar weniger Messern und ein bisschen weniger Mordlust, aber er sucht, er weiß es nur noch nicht."

„Und du vertraust mir, dass ich es schaffe, ihn so sehr um meinen Finger zu wickeln, dass er mich mit zur Hochzeit seiner Schwester nimmt?" Wieder erscheint eines seiner Grübchen, dieses mal auf der rechten Seite seines harten Gesichts. „Du musst es schaffen, denn davon hängt deine Freiheit ab, nicht wahr?" Ich beiße mir unbehaglich auf die Innenseite der Wange, um nichts falsches zu sagen. Ja, ich muss es schaffen und ich glaube ich hab schon deutlich kompliziertere Aufgaben überwältigt, als einen jungen Bastard zu verführen. „Und wann soll ich unserem Jungen zufällig über den Weg laufen?"
„In einer Stunde, mein Teufel, also schlag ich vor, du solltest dich fertig machen."

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Als ich zum bestimmt zehnten Mal an mir runter gucke, könnte ich auch zum zehnten Mal kotzen. Als ich aus dem Büro in mein Zimmer kam, lag da schon eine blaue Jeans und ein weißes Oberteil mit verdammten Rüschen am Dekollte. Dazu natürlich silberne Ohrringe und ein bunter Blazer. Ich glaube, dass ich seit Zehn Jahren nicht mehr so bunt angezogen war, das letzte Mal vielleicht, als meine Mutter mir eine dieser pinken Schleifen in mein rotes Haar gesteckt hat. Das hat sie manchmal, um Leuten zu signalisieren, dass ich wirklich ein Mädchen bin. Dazu noch ein Kleid und Schuhe mit diesem lauten Klettverschluss. Meine Schwestern trugen ebenfalls Blumen und Pink, aber meine Brüder natürlich nicht. Ich kann mich nicht dran erinnern, aber ich bin mir sicher, ich mochte diese Blumen und pinken Schleichen damals auch schon nicht.

Der Teufel ist eine Frau |✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt