Ein Brennen

4.8K 181 14
                                    

TW: Suizid Gedanken

Als ich Samstag schweißgebadet aufwache, kann ich nur das Gegenteil von dem hoffen, was mir Isaac gestern versprochen hat. Deine Träume werden war. Denn ich würde nur äußerst ungern heute mit den Schreien meiner sterbenden Familie in den Ohren in einem Feuer verbrennen. Ich reibe mir feste über die Augen, ignoriere die Feuchte, die sich überall auf meiner Haut befindet und das Schmerzen meiner Muskeln, was nur bedeuten kann, dass ich im Schlaf nicht grade ruhig lag. Alpträume sind zwar mein ständiger Begleiter, aber diesen bestimmten Traum hatte ich schon länger nicht mehr. Den Tod meiner Familie hatte ich bereit erfolgreich überwunden, oder besser gesagt verdrängt und ich habe keine Ahnung, warum genau der diese Nacht wieder in meinen Kopf kam.

Eine Gänsehaut breitet sich auf meiner haut aus, als ich an die Schreie, den Rauch, die lauten Schüsse und dann die Hand um meinem dünnen Oberarm denke.
Der Tag wird auch nicht besser, nach meiner erfrischenden Dusche, die zumindest die sichtbaren und riechbaren Beweise meines Alptraums verschwinden lassen hat. Ein Zettel liegt auf meinem Bett. Und als ich die Wörter in der monotonen Schrift lese, verknotet sich mein Magen. Das ist nicht eine von Isaacs Nachrichten, auf jeden Fall nicht so eine, wie ich sie gestern erhalten habe.

Das hier ist ein Name. Und zwar nicht irgendein Name, sondern der des Mannes, der von der Bildfläche verschwinden soll und ich bin genau dafür zuständig. Es hat mir noch nie in den letzten Sechs Jahren zugesetzt, jemanden zu töten, egal wen, aber als ich den Namen lese und daran denke, was ich zu tun hab, senkt sich meine Freude auf den Tag und seine Aufgaben etwas zu sehr. Der Alptraum sitzt mir einfach noch zu tief in den Knochen. Aber ich hab keine Wahl und ich werde mich bestimmt nicht beklagen. Auf keinen Fall. Nur über meine Leiche und bis es die gibt, dauert es noch etwas, also ziehe ich mich um und bereite mich auf meinen Zwischenauftrag vor.

--

Ich töte den älteren Mann aus der Ferne. Statt einen Auftrag zu wagen und ihm die Kehle auf zu schlitzen oder ihn leiden zu lassen, durchbohrt mein Pfeil seinen Hals mit Präzision, als er ins Auto steigen wollte. Ein solcher Pfeil hätte auch Isaac treffen sollen. Ich hätte es so tun sollen. Doch Vergangenes ist nicht mehr zu ändern. Und wie es das Schicksaal so will begebe ich mich am Nachmittag genau zu seinem Quartier zurück. Ich musste eine ganze Weile auf einem nah gelegenen Dach in der prallen Sonne auf mein Ziel warten, deshalb ist es jetzt schon viel später, als ich es eigentlich wollte. Ich begegne Zane auf meinem Weg zum Zimmer, drücke ihm meinen Boden und Pfeil in die Hand und sage ihm noch beim Weiterlaufen in einem etwas zu schnippischen Ton, dass es erledigt sei.

In meinem Zimmer, schmeiße ich hinter mir nicht nur die Zimmertür, sondern auch direkt die Badezimmertür zu. Dann reiße ich mir die Klamotten vom Leib. Ich reiße den Hebel auf das kälteste was geht und genieße es in vollen Zügen, als das harte Wasser in Tropfen auf meinen Schädel schlägt. Oder ich rede es mir ein. Ein Gefühl breitet sich in mir aus, das Gefühl, dass ich nicht genug Platz habe, dass meine Haut plötzlich viel zu eng ist. Dass sie brennt, dass ich keine Luft kriege. Rauch, der nicht da ist, verstopft mir die Atemwege. Feuer, das nicht da ist, verbrennt mir jeden Zentimeter meiner Haut. Ich weiß nicht ob ich schreie, ich weiß nicht ob meine Haut dann doch irgendwann brennt, weil das Wasser seit Minuten, vielleicht Stunden eiskalt auf meine Haut fällt. Ich weiß nur dass ich grade nicht mehr kann. Es fühlt sich an, als wäre ich gerannt, ein Leben lang. Vor irgendwas davon gerannt und jetzt grade, in dieser Minute oder Stunde holt es mich eiskalt ein. Ich will mir die Haut von den Knochen kratzen, weil sie sich falsch anfühlt. Mit der Hitze rasen Gefühle durch meine Adern, die ich noch nie zuvor gespürt habe.

Immer weitere Gefühle und Erinnerungen brechen über mich herein, bis ich nicht mehr kann. Ich glaube mir schießen Tränen aus den roten Augen und vielleicht reißen meine Stimmenbänder gleich von meinen hilfesuchenden Schreien, aber ich kann nichts tun. Es bricht alles über mich herein.
Die Tode, die Tode meiner Familie. Ihr Blut. Ihr Leiden. Meine Vergangenheit kann ich nicht länger da festhalten, wo sie hingehört. Es ist als würde ich wahnsinnig werden.

Der Teufel ist eine Frau |✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt