Zum Abendessen gingen wir wieder nach unten in den Gastraum - für ein einfaches Esszimmer war es zu groß. Es war einfach praktischer als oben für insgesamt 8 Personen einzudecken. Im Raum standen bereits zwei Männer, tief im Gespräch vertieft. Sobald sie uns bemerkten, kamen sie zur Begrüßung.
„Schön dich kennen zu lernen, ich bin Konrad", stellte sich der eine vor. Er hatte blonde, halblange Haare und dazu strahlend blaue Augen. Beim Lächeln bildeten sich Grübchen in den Wangen. Man konnte nicht anders, als es zu erwidern.
„Freut mich, ich bin Tamara" antwortete ich.
Er nickte wissend und wandte sich dann zur Seite. „Das ist mein Freund, Benjamin." Da fiel es mir wieder ein, dass Arvid bereits erwähnt hatte, dass Konrad homosexuell war. Neugierig musterte ich seinen Partner. Er war breit gebaut, wie alle gerade anwesenden Männer. Die Muskeln ließen auf regelmäßiges Training im Fitnessstudio schließen. Sowohl Augen als auch Haare hatten einen tiefen Braunton. Beide waren mir auf Anhieb sympathisch.
„Wir sind da!", kam es plötzlich von einer lauten, hohen Stimme von Richtung Eingang. Kurz darauf kam ein Junge um die Ecke gerast. Halb rennend, halb schlitternd warf er sich Arvid in die Arme. Der nahm ihn und warf ihn in die Luft. Mir blieb vor Staunen fast der Mund offen stehen. Dass Arvid muskulös war, wusste ich bereits. Doch die schiere Kraft erstaunte mich doch.
Im folgten, etwas langsamer, Annabelle in Begleitung eines Mannes. Der war im Vergleich zu den anderen eher sehnig als muskulös. Er hatte dunkelblondes Haar und durch seine Brillengläser blickten grüne Augen.
„Hallo, ich bin René", fing die Vorstellung wieder an.
Erst nachdem ich ein paar höfliche Worte mit ihm gewechselt hatte, bemerkte ich, dass hinter Annabelles Bein noch jemand war. Ich ging in die Knie, um auf Augenhöhe mit ihrer Tochter zu sein. Beide Kinder hatten die schwarze Haare von ihrer Mutter geerbt. Zumindest Ella hatte die grünen Augen von ihren Vater.
„Hallo, wer bist du denn?", versuchte ich lächelnd ihr die Angst zu nehmen.
Sie linste vorsichtig hervor. „Du hast aber einen schönen Pulli an, möchtest du mir zeigen, was darauf zu sehen ist?", lockte ich sie hervor.
Zögernd sah das Mädchen zu ihrer Mutter die aufmunternd nickte. Daraufhin stellte sich Ella neben Annabelle, wobei sie die Hand fest umklammerte.
„Oh, ist das etwa ein Regenbogen? Der ist aber schön!" Damit hatte ich sie dann und stolz reckte sie mir ihren Bauch entgegen. „Wie heißt du denn?"
„Ella" kam es schüchtern zurück. „Du bist Luna, oder?"
Ich merkte, wie mir das Lächeln auf meinen Gesicht etwas verrutschte. Wer war das denn? Doch das Kind konnte nichts für die Situation, deshalb zwang ich mich fröhlich zu antworten. „Nein, mein Name ist Tamara."
Ella runzelte die Stirn „aber du bist doch Luna oder?"
Annabelle rettete die Situation, indem sie ihre Tochter kurzerhand hochhob und ihr etwas ins Ohr flüsterte. Dabei warf sie mir einen entschuldigenden Blick zu, den ich mit einem Achsel zucken beantwortete.
Die Antwort von Ella war deutlich zu hören, wie Kinder flüstern „dann muss ich sie Tamara nennen?"
Es würde mich sehr interessieren, wer diese Luna war. Wahrscheinlich die letzte Freundin von Arvid. Damit würde ich mich später befassen. Doch ich merkte, dass meine Anspannung deutlich zugenommen hatte. Was als gemütliches Abendessen gedacht war, konnte jetzt unangenehm werden. Kurz schien Arvid zu kämpfen, ob er noch etwas sagen sollte oder nicht. Doch er entschied sich dagegen.
Das Essen startete mit Suppe und anschließend Salat. Die Kinder bekamen direkt ihr essen. Ella etwas Nudel mit Soße und Jakob aß zunächst Suppe und dann Pommes mit einem kleinen Schnitzel.
Ich hörte viel zu und beobachtete die anderen. Sie waren alle sehr vertraut miteinander, wie es nur nach jahrelanger Freundschaft möglich war. Sie lachten und scherzten untereinander. René schien eher der ruhige Typ zu sein. Ich fragte mich, ob er erst später in die Gemeinschaft hinein gekommen war. Leider saß er zu weit weg, um ihn unauffällig zu fragen.
Als Hauptspeise gab es Wildgulasch vom Reh, das vorzüglich schmeckte. Ich lobte den Koch.
„Das wird ihn freuen. Ich gebe das Lob gerne weiter. Wobei eines der Geheimnisse ist, dass es frisch gejagt ist. Dann ist das Fleisch immer am besten" erklärte Konrad.
Das erschien mir nur logisch. So nah am Wald, konnte man beim Jäger immer frisches Fleisch kaufen.
Zum Nachtisch gab es zweierlei vom Mousse á Chocolat, einmal in dunkel und einmal in hell. Die großen Schüsseln standen auf den Tisch und jeder griff beherzt zu. Gerade hatte ich meinen Teil leer gegessen, gab es am anderen Ende Tumult.
„Das ist so unfair. Ich habe noch Hunger und will noch etwas davon haben." Scheinbar war Jakob nicht mit seiner Portion vom Nachtisch einverstanden gewesen. Ich unterdrückte mir ein Lächeln und gleichzeitig befiel mich eine gewisse Wehmut. Es war schon seltsam, dass man sich so etwas für sich selbst ebenfalls wünscht. Annabelle und René dagegen sahen alles andere als begeistert aus.
Jakob fing an mit den Armen um sich zu schlagen. Kurzerhand fasste ihn sein Vater am Unterarm und sah ihm in die Augen. Ruhig sagte er etwas zu ihm, um ihn zu beruhigen. Doch der Junge wollte sich nicht beruhigen und versuchte René weg zu stoßen, was ihm nicht gelang.
Dann geschah es plötzlich. Gerade war da noch Jakob auf den Stuhl. Und ein Wimpernschlag später, hielt sein Vater plötzlich einen Hundewelpen in der Hand. Ich blinzelte mehrmals. Das konnte doch nicht sein. Das war einfach unmöglich.
Ruckartig sah René nach oben und mir in die Augen. Ohne ein weiteres Wort, nahm er das Jungtier in seine Arme und verließ den Raum. Die Kleidung von Jakob war immer noch um ihn herum geschlungen.
Wie bei einem Fisch im Wasser ging mein Mund immer wieder auf und zu. Wie erstarrt saß ich auf meinem Stuhl und blickte immer noch auf die Stelle, wo bis gerade eben ein kleiner Junge war. Alle Gespräche waren mit eine Schlag verstummt.
Dann plötzlich drehte Arvid meinen ganzen Stuhl inklusive mir zu sich hin. „Das hat dich jetzt erschreckt, aber bitte glaube mir, ich kann dir alles erklären. Du musst keine Angst haben."
Ungläubig schaute ich ihn an. „Aber, aber, da war und dann" stammelte ich hilflos.
Er senkte den Kopf. „Ja, ich weiß. Das ist für dich bestimmt sehr – erschütternd. Möchtest du, dass ich dich nach Hause fahre?"
Da ich meiner Stimme immer noch nicht traute, nickte ich ihm nur zu.
Arvid nahm mich meiner Hand und legte seinen Arm stützend um meine Hüfte. Ich hätte es vor ihm nie zugegeben, aber in dem Moment war ich froh um seinen Halt. Doch dann fing mein Gehirn wieder an zu arbeiten und ich verkrampfte. Was waren das für Menschen oder Wesen, die hier wohnten.
Arvid merkte, dass ich immer widerwilliger mich von ihm mitziehen ließ. „Ich verspreche dir, ich fahre dich nach Hause und sonst nichts, okay? Vertrau mir, ich bin genau der gleiche wie vor ein paar Stunden."
Da mir nicht wirklich eine Wahl blieb, ließ ich mir von ihm ins Auto helfen.
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Zwischen Mann und Mate
RomanceTamara war mit ihrem Leben zufrieden. Sie liebte ihren Job und hatte einen guten Ehemann. Doch dann tauchte Arvid auf. Und sie begann sich zu fragen, ob es noch etwas besseres als "zufrieden" gab. Triggerwarnung: Das Buch enthält Ehebruch, Gewalt un...