Arvids PoV
„Wenn du so weiter machst, hast du bald einem Trampelpfad im Teppich." Ich machte mir nicht die Mühe, auf Annabelles Provokation einzugehen. Doch meine nervige Schwester ließ sich davon nicht aufhalten. Lässig saß sie auf einen Sessel im Arbeitszimmer und verspottete mich mit hochgezogenen Augenbrauen.
Ich ballte die Fäuste und versuchte mich dann wieder zu entspannen. Wie konnte Tamara nur so blöd sein? Wollte sie das Offensichtliche nicht sehen oder konnte sie nicht?
„Geduld hat noch nie zu deinen Stärken gehört. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als du mit 14..."
„Wenn du weißt, was gut für dich ist, dann bringst du den Satz nicht zu Ende" fuhr ich sie wütend an. Ich brauchte keine Geschichten aus meiner Kindheit, als ich es nicht erwarten konnte erwachsen zu werden. Wobei mir Aufschriften wie "ab 18" damals schon nicht gestört hatten. Was ich wollte, bekam ich auch – sogar den Porno, den ich angeschaut hatte. Zu meinem Pech hatte ihn Annabelle gefunden und mich in einer Tour aufgezogen.
Ein Lächeln umspielte meine Lippen. Ein paar Jahre später brauchte ich keine Filme oder Zeitschriften mehr. Dann konnte ich alles an realen Objekten sehen und ausprobieren. An Angeboten hatte es nie gemangelt. Und ausgerechnet die Frau, die für mich bestimmt war, schien keinerlei Interesse zu haben.
Annabelle sah so aus, als wollte sie mich weiter auf die Palme bringen. Zum Glück für uns beide klopfte es in dem Moment an der Tür und René betrat das Zimmer.
Sofort erhellte sich die Miene meine Schwester. „Hallo mein Schatz, so früh hatte ich dich nicht zurück erwartet."
Ihr Seelengefährte ging zu ihr und küsste sie innig. Ich gab ein abfälliges Schnauben von mir und sah demonstrativ in die andere Richtung.
„Willst du mir noch mitteilen, warum du so früh zurück bist? Oder soll ich euch alleine lassen und in einer halbe Stunde wieder kommen?" Fragte ich patzig. Ich wusste, dass die beiden nichts für meine Misere konnten. Aber gerade hatte ich meinen Emotionen nicht unter Kontrolle.
Immerhin schien sich René wieder daran zu erinnern, dass sie nicht alleine hier waren und er räusperte sich. „Entschuldige, Alpha. Natürlich. Unser Verdacht hat sich bestätigt. Es gibt keine Zweifel."
Meine Laune besserte sich augenblicklich. Motiviert rieb ich mir die Hände aneinander. „Sehr gut, dann müssen wir das nur noch für uns nutzen. Hast du Beweisfotos gemacht?"
Der junge Mann nickte und übergab mir eine Mappe. Ich schaute mir das Material an. „Top, gute Arbeit" lobte ich ihn. „Dann können wir das jetzt weiter geben."
Annabelle runzelte die Stirn. „An wen willst du das weiter geben?", verlangte sie zu wissen.
Ich zuckte mit den Schultern „an irgendwen. Vielleicht ein Schmierblatt, was wir bekommen ist egal."
Meine Schwester stand auf, stellte sich vor mich hin und sah mir in die Augen. „Wir werden das bestimmt nicht an irgendwen verkaufen. Das kannst du nicht machen."
Ich blickte in die gleichen grau-blauen Augen, die ich ebenfalls hatte. „Warum nicht? Das ist der logische, nächste Schritt."
Sie schnaubt ungehalten. „Was genau willst du damit erreichen?"
Ungläubig musterte ich sie „keine Ahnung. Das war doch von Anfang an der Plan, oder? Den Schwachpunkt in ihrer Ehe finden und uns das zu nutze machen. Wenn die beiden erst einmal getrennt sind, habe ich freie Bahn."
Annabelle rollte mit den Augen und murmelte etwas, was wie „typisch Mann" klang. Dann seufzte sie, trat einen Schritt zurück. „Damit erreichst du überhaupt nichts. Maximal, dass deine Zukünftige in der Öffentlichkeit bloß gestellt wird. Keine gute Grundlage für eine Beziehung."
Ungeduldig sah ich sie an „und was ist dein Vorschlag, oh große Beziehungs-Expertin?"
An ihrem Lächeln erkannte ich, dass sie auf das nur gewartet hatte. „Wir machen weiter wie bisher. Du wirst sie umgarnen und von dir überzeugen. Sobald die Wahl vorbei und ihr Ehemann weg ist, lassen wir ihr die Bilder zukommen. So weiß sie Bescheid und nicht alle anderen vor ihr."
Ich ließ mir das durch den Kopf gehen. „Du vergisst wohl, dass bei den letzten Begegnungen kaum etwas voran ging? Bisher haben deine Tipps uns keinen Schritt weiter gebracht."
Meine Schwester wank nur ab. „Das ist ganz normal, das versuche ich dir die ganze Zeit zu sagen. Du musst Geduld haben. Sie ist ein Mensch, du kannst nicht erwarten, dass sie von jetzt auf gleich alles Vertraute zurück lässt."
Mit der Hand strich ich mir über den Bart. Das Warten hatte ich so satt. Ich wollte sie endlich richtig berühren, meine Hände in ihren braunen Haar vergraben, küssen, ihren Geschmack schmecken und ihren Geruch inhalieren. Bei den letzten Begegnungen konnte ich mich kaum zurück halten. Am liebsten hätte ich jede Distanz zwischen uns überbrückt und ihr und der ganzen Welt gezeigt, zu wem sie gehörte. Die Wahl war in knapp zwei Wochen, so lange würde ich es schon noch aushalten – auch wenn es viele kalte Duschen bedeutete.
Annabelle legte mir sanft die Hand auf den Unterarm. „Wir schaffen das schon. Ich bin mir ganz sicher, dass am Ende alles gut wird" versichterte sie mir sanft.
Eine Strähne hatte sich von ihrem Zopf gelöst und ich strich sie ihr hinter das Ohr. Sie war eine hoffnungslose Optimistin. Ohne sie hätte ich wahrscheinlich schon längst aufgegeben, meine Seelenverwandte zu finden. Und sie war einer der wenigen Menschen, auf die ich mich immer verlassen konnte.
Ich nickte ihr widerstrebend zu. „Gut, dann machen wir es dieses Mal auf deine Weise. Ich will aber, dass beide weiter beobachtet werden. Wenn es Hinweise gibt, dass sie hinter sein Doppelleben gekommen ist, möchte ich sofort informiert werden."
Erleichtert lächelte mich Annabelle an „das wäre für uns am Besten. Das erspart uns das Problem mit dem Überbringen der schlechten Nachricht."
Die Argumentation konnte ich immerhin nachvollziehen. Ein Überbringer schlechter Nachrichten war kein gern gesehener Gast.
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Zwischen Mann und Mate
Storie d'amoreTamara war mit ihrem Leben zufrieden. Sie liebte ihren Job und hatte einen guten Ehemann. Doch dann tauchte Arvid auf. Und sie begann sich zu fragen, ob es noch etwas besseres als "zufrieden" gab. Triggerwarnung: Das Buch enthält Ehebruch, Gewalt un...