Kapitel 28

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Selina

Nico und ich waren die Einzigen, die noch am See waren. Nachdem Livia so schnell abgehauen war, folgte Cole ihr relativ schnell. Helen und Dennis redeten noch einen kurzen Moment mit Nico, nur um danach auch relativ schnell zu verschwinden. Sie wollten sich für die nächste Aufgabe ausruhen. „Alles okay bei dir?" fragte mich Nico nachdem wir eine Weile schweigend vor dem Buch saßen. Mein Blick ging vom Buch in sein Gesicht. Es schien ihn wirklich zu interessieren. Ich wusste, dass er wirklich wissen wollte, was mit mir los war, doch was bedeutete es die Wahrheit zu sagen? Was bedeutete es die Wahrheit zu sagen, wenn der Andere die Wahrheit vielleicht nicht verstehen würde? Wenn die Wahrheit gefährlich war? Wenn man die Worte, die man einmal gesagt hatte, nicht wieder zurück nehmen konnte?

Ich wusste, dass ich wenn ich erst einmal die Wahrheit gesagt hatte, keinen Rückzieher mehr machen konnte. Nicht bei dem hier. Habe ich erst einmal ihn das gesagt, was seit Wochen in meinem Kopf herumspukt, so kann ich es nicht mehr zurück nehmen.

Ich sah in seine braunen, vertrauenswürdigen Augen und fragte mich, wie viel Vertrauen, man ihnen wirklich schenken konnte. Wie viel konnte ich ihn anvertrauen, ohne Gefahr zu laufen, dass er den Anderen auch davon erzählte?  Wie gut konnte er seine Gedanken vor Cole verstecken, damit er nichts von meinen mitbekam? Wie gut war er darin etwas für sich zu behalten? Und was würde es bedeuten, wenn er nicht so dachte wie ich? Machte das wirklich einen Unterschied? Würde er sich von mir entfernen? Ich konnte all die ganzen Fragen nicht beantworten, wenn ich nicht den Schritt wagen würde und ihn einen kleinen Teil der Wahrheit sagen würde, um ihn zu testen.

Ich holte kurz tief Luft, um langsam wieder auszuatmen. „Was hältst du vom Buch?" startete ich schließlich mit einer Frage. „Wie, was halte ich vom Buch? Was soll ich groß davon halten? Es ist doch nur ein Spiel." „Ein Spiel indem wir unschuldige Tiere umbringen sollen?" führe ich mit einer weiteren Frage fort. „Wir sollen sie nicht umbringen, sondern besiegen." meint er mit ernster Mine. „Was heißt besiegen? Denkst du diese Tiere werden einfach so aufgeben? Sie werden sich wehren und dabei werden wir sie vielleicht verletzen." Ich schüttelte meinen Kopf. „Ich will keine unschuldigen Tiere verletzen." „Denkst du ich möchte irgendwelche Tiere verletzen?" fragte er mich entsetzt. „Es scheint mir nicht so, als würde es dir groß etwas ausmachen?" warf ich ihn im ruhigen Ton vor. Kurz weiteten sich seine Augen. „Selina, du hattest doch selbst gesagt, dass es dieses Buch todernst mit uns meint und selbst wenn nicht, werde ich nicht mit meinen Leben spielen. Wir wissen nicht, ob das Buch uns umbringt, wenn wir die Regeln verstoßen. Wir können es nicht wissen! Aber wir wissen ganz genau, dass eine der Regeln ganz und klar heißt, dass wir die Aufgaben erledigen müssen. Wir müssen die Aufgaben erledigen! Wir haben keine Wahl!"

Ich schluckte. Mein Kopf wusste, dass er recht hatte, doch mein Herz konnte es einfach nicht glauben. Es konnte einfach nicht glauben, dass ich, dass wir blind irgendwelche Aufgaben erledigen mussten, dass wir keine andere Wahl mehr hatten, dass wir wie ferngesteuert waren.

Trotz dass in mir ein Kampf zwischen Herz und Kopf herrschte, war ich ganz ruhig. Es fühlte sich an, wie die Ruhe vor dem Sturm. Als würde das große Gewitter noch kommen, als wäre das erst der Anfang.

Auch wenn ich nicht in die Zukunft schauen konnte, war mir klar, dass die wirklich schweren Aufgaben noch folgen würden. Das war erst der Anfang. Das waren erst die Einführungsaufgaben und wenn die Einführungsaufgaben schon von uns verlangten, dass wir unschuldige Tiere verletzen würden, was verlangten dann erst die kommenden Aufgaben von uns? Wie weit würden die Aufgeben noch gehen? Wann hatten sie ein Ende? Gab es überhaupt ein Ende in diesem Spiel?


Tom

Ich hatte nicht gemerkt, wie meine Schwester zu uns gelaufen war. Erst als mich Nadin auf sie aufmerksam gemacht hatte, fiel sie mir auf. Schnell packte ich das Buch in meine Tasche, bevor sie es zur Gesicht bekam.

Das Spiel - EinführungsaufgabenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt