Selina
Die zwei Tage Pause vergingen viel zu schnell. Ich hätte eine längere Pause gebraucht, um mich von der letzten Aufgabe zu erholen.
Okay, seien wir ehrlich, ich hätte ein Pause gebraucht, die Jahre gedauert hätte. Ich hätte einen Therapeuten gebraucht. Ich hätte jemanden gebraucht, mit den ich über all das hätte sprechen können, doch mit wem hätte ich darüber reden können? Man hätte mich eingesperrt. Man hätte mich in eine Psychiatrie oder in ein Gefängnis gesperrt.
Denn das was wir gemacht hatten, machten keine normalen Menschen. Normale Menschen brachten keine Tiere um, nur um sie umzubringen. Normale Menschen töteten nicht einfach ein anderes Lebewesen, nur weil ein Buch sie dazu brachte. Wir waren keine normalen Menschen mehr.
Nicht weil wir übernatürliche Kräfte hatten, sondern weil wir uns benahmen wie Verrückte, Verrückte oder Verbrecher. Ich wusste nicht, welche Beschreibung besser zu uns passte. Vielleicht war das Eine und das Andere bei uns nicht mehr zu trennen.
Ich saß mit den anderen Verrückten am Strand. Sie unterhielten sich alle miteinander. Sie schienen die Ereignisse von vor zwei Tagen vergessen zu haben. Ich starrte auf das aufgeklappte Buch, sah wie die letzten Minuten verstrichen.
Für Anfang April war es sehr warm, doch lange würde es nicht mehr so bleiben. Am Horizont sah man dunkle Gewitter Wolken auf uns zu rollen. Es dauerte noch, bis sie bei uns waren, dennoch konnte man die Anspannung der Energie der aufkommenden Blitze spüren.
Bevor die letzten fünf Sekunden verstrichen, wurde der Himmel durch einen Blitz erhellt. All unsere Blicke gingen nach oben, die Stimmen der Anderen verstummten und auf meinen Armen breitete sich eine gewaltige Gänsehaut aus, die meinen gesamten Körper zum Erzittern brachte.
Keine Sekunde später spürte ich den Schlag gegen meine Brust, der mir kurzzeitig die Luft zum Atmen nahm. Ich hatte Angst auf die Seite des Buches zu blicken. Bisher hatten sich die Aufgaben immer mehr gesteigert. Ich wollte nicht wissen, was die Steigerung von wilde Tiere umzubringen war.
Auf einmal spürte ich auf meinen Arm, dass die Zeit dabei war, abzulaufen. Das war neu, normalerweise lief die Zeit erst, wenn wir alle die Aufgabe durchgelesen hatten. Das hieß, selbst wenn ich die Aufgabe nicht durchließ, musste ich sie machen, da ich sonst umgebracht worden wäre.
Ich hatte keine Wahl mehr. Ich konnte der Aufgabe nicht mehr entkommen, wenn ich sie nicht gelesen hätte. Ich war geschockt, trotz dass ich die Möglichkeit, die Aufgaben einfach nicht zu lesen und somit die Zeit nicht starten zu lassen, nicht in betracht gezogen hatte, wurde mir bewusst, dass dies der einzige Ausweg war, den ich auch nur annähernd gesehen hatte.
Mein Blick ging von meinem Arm zu den anderen Spielern. Sie schwiegen. Niemand schien etwas sagen zu wollen. Ihre Gesichter waren so weiß wie die von Geistern. Hätte man sie neben die neu gestrichene weiße Wand, zuhause bei meinen Eltern gestellt, wären sie schon fast nicht mehr aufgefallen. Der Schock stand ihnen ins Gesicht geschrieben und ich wusste, dieser Schock konnte nur durch die neue Aufgabe des Buches verursacht worden sein.
Es graute mir auf die Seiten zu blicken, doch ich hatte keine Wahl. Ich musste auf die Seiten schauen, weil ich sonst die Aufgabe nicht gewusst hätte. Ich hätte nicht gewusst, was für eine grausame Aufgabe ich als nächstes bewältigen musste und hätte ich nicht gewusst, welche Aufgabe ich machen musste, hätte ich sie auch nicht erledigen können. Hätte ich die Aufgabe nicht erledigt, hätte ich sterben müssen!
Also schaute ich auf die Seite des Buches und merkte, wie mein Herz stehen blieb.
7. Einführungsaufgabe
Für die letzte Einführungsaufgabe müsst ihr, einen Menschen umbringen.
Für diese Aufgabe habt ihr einen Monat Zeit.
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Das Spiel - Einführungsaufgaben
Fantasy„Also ich fass mal zusammen! Wir haben ein Buch in unserer Schulbibliothek gefunden. Das Buch hatte keinen Titel und auch innerhalb des Buches war nichts geschrieben, abgesehen von der ersten Seite. Die uns aufforderte unsere Hände auf das Buch zu l...