Kapitel 9

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Cole

Wir liefen, ganz schön lange. Definitiv zu lange für meinen Geschmack. Helen redete hinter mir zusammen mit Dennis. Ich wusste, dass sie das machte, um mich eifersüchtig zu machen, doch das funktionierte nicht. Im Gegenteil. Ich war sogar froh darüber, dass ich sie nicht an der Backe hatte und in Ruhe meine Aufmerksamkeit auf Livia richten konnte. Oft sah ich sie an, in der Hoffnung, dass ich dadurch auf einmal ihre Gedanken lesen konnte. Es machte mich verrückt, nicht zu wissen, was Leute dachten. Besonders bei so Menschen wie Livia. Jedes Mal reagierte sie auf meinen Blick. Entweder sah sie mir ebenfalls in meine Augen oder sah angestrengt wo anders hin. 

Es gefiel mir, wie sie reagierte. Sie gefiel mir. Zugeben tat ich es im Moment noch nicht, doch mich selber anlügen konnte ich auch nicht. Wozu sollte ich mich auch selber anlügen? Wieder trafen sich unsere Blicke und angestrengt versuchte ich herauszufinden, was sie dachte. Was für Gedanken, sich hinter ihren strahlend grünen Augen befanden. Natürlich wusste ich, dass ich nicht Gedanken lesen konnte, doch es wäre sicherlich eine Fähigkeit gewesen, für die ich einiges gegeben hätte. 

Sie hatte immer wieder ihren Schritt beschleunigt, weswegen ich sie schon eine Zeit lang versuchte, immer wieder einzuholen. Als es mir schließlich zu dämlich wurde, griff ich nach ihren Arm und bremste sie dadurch etwas aus. Verwundert über meine Berührung lief sie etwas langsamer. Als sie wieder mein Tempo erreicht hatte, ließ ich sie wieder los. Zufrieden darüber, dass sie mich nun anschaute, als würde sie die Welt nicht mehr verstehen, grinste ich genüsslich vor mich hin. Als sie langsam wieder schneller wurde, hielt ich sie erneut am Arm fest und bremste sie aus. Dies geschah ein paar mal, bis sie nicht mehr schneller wurde und ich keinen Grund mehr fand sie zu berühren. 

Wir schwiegen. Offensichtlich weil sie nicht mit mir reden wollte und ich keinen Grund sah, wieso ich mir die Mühe machen sollte, mit ihr zu reden. Wir schwiegen eine ganze Weile, bis wir schließlich die Zivilisation im Form einer Autobahn erreichten. Fast gleichzeitig sahen Nico und Selina auf ihre Handys. Enttäuscht ließen sie nach einander ihre Köpfe hängen. Ich musste keine Gedanken lesen können, um zu wissen, dass sie beide keinen Empfang hatten. 

„Vielleicht sollten wir einfach in eine Richtung der Autobahn laufen." Wie Landstreicher, nah super. Ich sah in die eine Richtung. Die Autobahn verlief ziemlich lang gerade aus, doch durch die Wälder konnte ich nicht wirklich weit schauen. Kurz sah ich nach links in die Richtung, aus der die ganzen Autos kamen. Es gab kurzzeitig eine größere Lücke. 

Für einen Bruchteil einer Sekunde, dachte ich darüber nach, ob ich schnell genug war, über die Fahrbahn zu rennen ohne von einen Auto überfahren zu werden. In der nächsten Sekunde war ich bereits auf der Autobahn. Keine weitere Sekunde brauchte ich, um auf der anderen Straßenseite zu stehen. Nun stand ich zwischen den beiden Farbahnen der Autobahn und konnte wunderbar den glatten Asphalt entlang schauen. Kurz sah ich zu den Anderen. Livia stand der Mund offen, auch Selina und Nico, doch Helen und Dennis waren von meiner Aktion nicht sonderlich beeindruckt. 

Mir wurde schon ein paar mal gesagt, dass ich oft überheblich grinsen würde. Oft fiel es mir nicht auf, wenn ich so grinste, doch in diesen Moment spürte ich wie sich dieses grinsen langsam auf meine Lippen schlich und dann mein gesamtes Gesicht einnahm. Mein Blick wanderte wieder zu Livia, die mich mittlerweile nicht mehr wie ein Schaf ansah, sondern mehr wie eine starke Löwin. Sie hatte dieses willensstarke, dieses majestätische und auch zugleich dieses überhebliche. Trotz dieser Löwin, die sie nun repräsentierte, konnte man ihr doch ansehen, dass sie beeindruckt von mir war. Natürlich bildete sich mein Ego etwas darauf ein, wie auch nicht? Wie gesagt Livia gefiel mir und ich wusste, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis sie meinem Charme verfiel. 

Einen kurzen Moment verlor ich mich in ihren Augen, versuchte heraus zu finden, was hinter ihren Augen ablief, nur um dann genervt davon, dass ich keine Gedanken lesen konnte, wieder in die Richtung schaute, in die die Autos fuhren. Einen Kilometer weiter, war ein Schild. Leicht kniff ich meine Augen zusammen, um heraus zu finden, was auf dem Schild stand. Ich brauchte nicht lange, um festzustellen, was darauf stand. Auf dem Ausfahrtsschild stand der Name von irgendeinen Dorf, was ich nicht kannte. Als ich mir den Namen genügend eingebrannt hatte, lief ich schnell wieder über die Autobahn zu den Anderen. „Da vorne kommt demnächst eine Ausfahrt. Ich würde sagen, wir folgen ihr und gehen dann in diese Stadt, um uns zu orientieren." Gesagt, getan. 

Das Spiel - EinführungsaufgabenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt