Das Spiel - Einführungsaufgaben

Kapitel 22

Tom

Seit Tagen hatte ich nicht mehr wirklich geschlafen. Das Buch gab uns nur wenig Pausen. Wir rannten von einer Aufgabe in die Nächste, bekamen Zeiten und Punkte auf die Arme gebrannt, die höllische Schmerzen auslösten und hinzu kam auch noch, dass in der kurzen Zeit, in der ich zuhause war, ich mich mit meiner kleinen Schwester und ihrer herumgeschnüffelei auseinander setzen musste.

Ihr herumschnüffeln verwirrte mich so sehr, dass ich begann sie zu belauschen. Ich bekam mit, dass sie und Selina unbedingt herausfinden wollten, was in meinem Rucksack hatte. Sie wussten es nicht genau, schienen aber eine Vermutung zu haben.

Ich konnte nur hoffen, dass sie nicht wussten, was in meinem Rucksack war, ansonsten hätte dies bedeutet, dass sie ebenfalls im Kontakt mit eins der Bücher waren und das konnte wiederum heißen, dass meine kleine Schwester, ebenfalls eins der Spiele spielte.

Mir lief immer noch ein eisiger Schauer über meinen Rücken, wenn ich über das Buch nachdachte. Damit Livia ja nicht das Buch zu fassen bekam, schleppte ich es über all mit mir herum, was mir ein ständiges mulmiges Gefühl gab, doch meine Schwester daraus zu halten, war wichtiger als mein Wohlbefinden.

Gerade als ich mich mitten in der Nacht fertig machte, um mich mit den Anderen für unsere nächste Aufgabe zu treffen, hörte ich die Stimme von Cole. „Komm Livia, lass dich nicht so zieren!"

Wieso hatte ich ihn vorher nicht gehört? Meine Sinne liefen auf Hochtouren. Ich hätte ihn hören müssen. Was wollte er von meiner Schwester?

Ich wollte gerade aufspringen und ihn von ihr fernhalten, da sah ich auf meinem Arm die letzten zehn Minuten ablaufen. Wäre ich jetzt nicht los, dann wäre ich zu spät zu den Anderen gekommen. Ich war gerade dabei mich raus zu schleichen, da hörte ich meine kleine Schwester auf einmal „Na, gut." sagen.

Mein Herz blieb kurz stehen. Sie hatte doch jetzt nicht vor, mit diesen Mistkerl zu schlafen. Ich drehte mich schon wieder um, da hörte ich, wie sie den Vorhang zu zog und begann sich auszuziehen. Ich konnte ihren Herzschlag hören, doch seiner schien irgendwie von draußen zu kommen.

Er war nicht mit ihr im Zimmer. Das „Hey!" was er von sich gab, bestätigte meine Vermutung. Plötzlich, ohne dass ich an so eine Szene dachte, bildete sich in meinem Kopf ein Bild von meiner Schwester in Reizunterwäsche. Ich schüttelte meinen Kopf, um dieses Bild zu vergessen. Das kam mir nicht so vor, als wären es meine eigenen Gedanken gewesen, doch Wesen Gedanken sollten das sonst sein, vor allem in meinem Kopf?

Leicht verwirrt, sah ich wieder auf die leuchtenden Zahlen auf meinen Arm und stellte fest, dass ich jetzt endlich los sollte. Ich schlich mich aus dem Haus, überließ meine Schwester hoffentlich ihrer Vernunft, gab ein Stoßgebet nach oben, dass sie ja keine Dummheiten anstellen sollte und legte die Beine in die Arme.

Eine Minute bevor die Zeit ablief, erreichte ich unseren Ort. Wir waren mitten auf einen großen Hügel, auf dem ein Baum stand, der seit meiner Kindheit mein Lieblingsbaum war. Ich konnte nicht erklären warum, doch jeder der ihn sah und ihn besuchen kam, wusste, dass er einfach besonders war.

Neben dem Baum stand ein Tisch mit zwei Bänken. Ich kletterte über die Armlehne und setzte mich zwischen Cleo und Max. Bevor die letzten Sekunden verstrichen, öffnete ich meinen Rucksack, holte das Buch heraus und legte es offen auf den Tisch. Dann begrüßte ich erst die Anderen.

„Was wohl dieses mal unsere Aufgabe sein wird?" warf Cleo die Frage in die Runde. „Bestimmt wieder irgendein Kinderkram." spielte sich Max auf. Mara und ich fanden das nicht ganz so lustig wie Cleo und Moritz.

Nadine beobachtete mich immer noch ganz genau in solchen Situationen. Auch Mara bekam immer mehr Aufmerksamkeit von Nadin. Sie schien zu bemerken, dass wir etwas verheimlichten.