Wrong Way (ASDS)

Shopping

Es dauert vielleicht fünf Minuten bis ich meine neuen Chucks in den Händen halte und auf einem Wartestuhl genervt auf die Männer warte.
"Bist du schon fertig?" Franco schaut mich entgeistert an und kann es anscheinend nicht wirklich glauben.
"Ja, ich sitze hier bestimmt schon eine halbe Ewigkeit und warte auf euch!" genervt zappelnd versuche ich die anderen zwei Männer mit meinen Blicken ausfindig zu machen.
"Weist du was? Ich sag Flo bescheid, das wir da drüben in den Klamottenladen gehen und dann können die Schuhsuchtis hier noch ihrer Leidenschaft nachgehen, während wir uns um ein Outfit für morgen kümmern ,okay?"
Ich nicke Franco eifrig zu und renne zur Kasse um meine Schuhe zu bezahlen.

Franco ist schneller wieder da als ich an der Kasse fertig bin und wir verlassen zusammen den Schuhladen um in den Klamottenladen zu gelangen.
Ich hasse es stundenlang durch Kleiderständer durchzustöbern und mir alles mögliche anzuschauen, desshalb muss mir ein Kleidungsstück sofort ins Auge springen und gefallen.
Nach drei Minuten hab ich schon die ersten Jeansshorts in der Hand und nach weiteren fünf Minuten gesellen sich ein Tshirt und zwei Tops zu den Shorts dazu.
"Willst du nicht mal einen Rock anziehen?"
Franco schaut auf die Shorts und nimmt sie mir kurzerhand aus den Fingern.
"Heeeey. Ich hasse Röcke und hab selten welche an!"
"Dann machen wir einen Kompromiss: Du suchst dir einen raus der dir gefällt, probierst den an und wenn es gut aussieht, ziehst du den morgen an. Okay?"
"Wo ist da der Kompromiss?" mit einer hochgezogenen Augenbraue mustere ich meinen Gegenüber und überlege, ob ich mit einem Jeansrock klar kommen könnte oder nicht.
"Der Kompromiss liegt darin, das du den Rock nicht anziehen musst, wenn er dir nicht gefällt, okay?" leicht genervt schiebt er mich durch die Gänge und bleibt bei einer Schaufensterpuppe hängen.
Der Jeansrock geht ungefähr bis knapp über das Knie, hat vorne eine Knopfleiste von oben bis unten und weist eine leichte Asymmetrie auf.
Ausserdem hat er ein paar gewollte Risse und Löcher, die mich dann schon sehr ansprechen.
"Guck mal, das wäre doch ganz dein Style und steht dir zu hundert Prozent ausgezeichnet! Los, such deine Größe raus, der wird anprobiert!" voller Euphorie sucht Franco die Kleiderstangen nach diesem Rock ab und winkt mir wie ein wilder zu, als er ihn gefunden hat.
Ich gebe mich geschlagen, schnappe mir einen dieser Röcke und stapfe mit Franco im Schlepptau zu den Umkleidekabinen.
Ich bewundere mich im Spiegel: Obenrum ein ärmelloses Shirt in Olivgrün mit Totenkopfprint, der eben rausgesuchte Rock und meine Chucks.
Das Oberteil ist vorne rum locker im Rockbund verstaut.

Perfekt!
Das bin voll und ganz Ich!

"Jetzt zeig dich schon!" Franco scheint ganz ungeduldig zu sein.
Ich reise den Vorhang auf und werfe meine Hände in die Höhe.
"Tadaaaaa!"
Franco nickt zufrieden und droht mir, das ich das Outfit unbedingt mitnehmen soll.
"Jaaaa, schon gut! Ich nehm das mit" freudestrahlend zieh ich mich in der Kabine wieder um und schlender mit Franco durch den Laden Richtung Kasse.
Nachdem alles bezahlt ist treffen wir vor dem Laden auch Alex und Flo.
"Schon fertig?" Alex staunt nicht schlecht und Flo scheint auch etwas überrascht zu sein.
"Mit dieser Kompetenten Beratung ging es eben schneller als gedacht. Vielleicht sollte ich Franco immer mitnehmen!" ich lege einen Arm um Franco und animiere ihn gleichzeitig weiter zu laufen.
"Leute, Klaus-Bärbel will ein Eis" schreie ich lachend durch die Gegend und steuere die nächste Eisdiele an.
"Komm wir setzen uns da hin und feiern deinen Rock-kauf!" Francos Idee wird sofort freudig akzeptiert und wir suchen und ein schönes Plätzchen an einem der Tische vor der Eisdiele.
"Wie, du hast einen Rock gekauft? Bist du krank?" Florian kann es gar nicht glauben und will das gute Stück gleich sehen.
"Ich zeigs dir zuhause! Dann kann ich alles anziehen und dir präsentieren!"

Franco und Alex bestellen sich einen Eiscaffe, ich einen riesigen Schokobecher und Flo einen Früchtebecher.
Die Männer reden über ein paar Einsätze und irgendwann klinkt sich mein Gehirn wieder aus, da mich ein sehr ungutes Gefühl wegen morgen beschleicht.
Ich bin der festen Überzeugung, das Marvin sich schon einen Plan zurechtgelegt hat.

Aber eigentlich dürfte er doch gar nicht wissen das ich komme, oder?
Vielleicht ist er auch gar nicht da....
Hahahaha genau, als Oberhaupt kann man es sich wohl nicht leisten auf so einem großen Fest zu fehlen!

"Lina?" Alex stupft mich an der Schulter, worauf ich ihn erwartungsvoll anschaue: "hmmmm?"
"Vorsicht, dein Eis" er zeigt hinter mich auf den Kellner, der mir schon meinen Eisbecher entgegenstreckt.
"Danke!" freundlich lächelnd nehme ich meinen Eisbecher entgegen und stochere Lustlos darin rum.
Irgendwie ist mir der Appetit vergangen und das scheint den Herren auch aufgefallen zu sein.
"Lina, was ist los?" Flo sieht mich besorgt an, worauf ich versuche alles zu überspielen und ein freundliches Gesicht aufzulegen.
"Nichts, alles gut. Ich hab nur plötzlich Bauchschmerzen. Aber halb so wild" ob das jetzt so eine kluge Ausrede war?
"Seit wann denn und wie stark?" der Herr Notarzt nimmt das jetzt natürlich wieder ganz genau.
"Alex, ich hab ganz normale Bauchschmerzen. Das hat jeder Mensch mal und ist nicht gleich ein Todesurteil" ich verdrehe gekonnt auffällig meine Augen und überwinde mich schließlich doch mein Eis zu essen.
Die drei Männer seufzen daraufhin nur und widmen sich auch wieder ihrem Eis, bzw. Eiskaffee.
"Übrigens sponsert Papa dir ein neues Handy. Du musst ihm nur sagen welches du willst, dann besorgt er es!"
Ungläubig schaue ich zu Florian:
"Was hast du ihm erzählt, das er plötzlich die Spendierhosen anhat?"
"Manchmal bewirkt brüderlicher Einfluss eben wunder!" er zwinkert mir mit einem spitzbübischen grinsen zu.
"Vielleicht sollte ich mich heute Abend mal bei ihm melden, ich weiß ja nicht ob morgen.. " ich vollende den Satz erst gar nicht, sondern schlucke nur schwer.
Franco streicht mir über den Kopf:
"Es wird alles gut werden!"
Meine Laune hängt irgendwo in den tiefen Erdschichten in der Nähe des Erdkerns und will sich anscheinend auch nicht wieder ausgraben lassen.

Nachdem alle fertig sind, machen wir uns auf den Weg zurück nach Hause, wo ich mir sofort Florians Handy kralle, mich in mein Bett schmeiße und bei meinem Vater durchklingeln lasse:

Dad: "Hi Flo, was gibt's?"
Ich: "Hi Dad, ich bins Lina!"
Dad: "Lina! Wie geht es dir?"
Ich: "Gut soweit und euch?"
Dad: "Auch gut Schätzchen! Kommst du klar bei Florian? Vertragt ihr euch?
Ich: "Ja, es ist super hier! Vielleicht habe ich auch eingesehen das du ein kleines bisschen Recht hattest..."
Dad: "Schön das du etwas zur Vernunft gekommen bist! Dein Bruder hat gemeint das du bei ihm bleiben möchtest?"
Ich: "Ja, vielleicht ist es besser wenn ich hier bleibe. Ich fühle mich eigentlich ganz wohl hier. Wir wollen uns bald nach einer Schule umsehen."
Dad: "Ist wirklich alles in Ordnung Spätzchen? Du bist irgendwie... anders..."
Ich: "Jaja... alles gut! Du, ich muss jetzt auch Schluss machen, wir wollen zusammen was kochen und haben schon riesigen Hunger!"
Dad: "Melde dich, wenn du weißt welches Handy du möchtest. Dann bekommst du ein neues, okay? Ich wünsch euch viel Spaß und pass auf dich auf!"
Ich: "Mach ich! Sag Mom Grüße von mir. Wir hören voneinander. Bye!"

Ich leg das Handy neben mich und rolle mich zu einer kleinen Kugel zusammen.
Mit geschlossenen Augen denke ich über die letzten Wochen nach und schlafe währenddessen irgendwann ein.