Für Yuna

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Kakashi lehnte an der Hausmauer. Er beobachtete wie Hina die Tür schloss und erstmal tief durchatmete. Er konnte deutlich erkennen, dass diese mit den Tränen rang. "Yuna", flüsterte sie und legte eine Hand an die Tür. Obwohl Kakashi eigentlich kein Mitleid mit ihr hatte, ließ er ihr einen Augenblick Zeit. Er dachte kurz darüber nach, wie sich Yuna fühlen musste und ob sie damit klarkommen würde. Sie war noch nie in der Situation gewesen einen geliebten Menschen zu verlieren - abgesehen von ihren Eltern. Aber bei diesen war es anders: sie hatte immer noch die Hoffnung, dass sie am Leben waren und solange diese bestand, lebten ihre Eltern und ihre Erinnerungen in ihr weiter. Doch Yuna wusste, dass Hina nun sterben würde. Sie würde sie nie wiedersehen. Es war ihr erster Verlust als Shinobi und natürlich würde sie einige Zeit brauchen, bis sie sich davon erholt hatte.

"Ich bin bereit", sagte Hina und wischte sich die Tränen vom Gesicht. Kakashi riss sich aus seinen Gedanken. Es gab Wichtigeres zu tun. "Folg mir. Und pass auf, dass uns niemand sieht." Kakashi führte sie in den Wald. Er bemühte sich nicht von der nächtlichen Truppe von ANBU's gesehen zu werden. Ava würde ihn umbringen, wenn sie rausfinden würde was er vorhatte. Denn Hina war ein Spitzel von Orochimaru gewesen und könnte wertvolle Informationen besitzen. Doch Kakashi glaubte ihr, dass sie kaum etwas wusste und ihr Auftrag nur in der Beschattung von Yuna bestand. Deswegen konnte er es mit seinem Gewissen vereinbaren die Vorschriften dieses Mal zu umgehen. Er tat dies aber nur, weil er es Yuna versprochen hatte. 

"Wieso tust du das für mich?", fragte Hina vorsichtig. "Ich tue das nicht für dich", sagte Kakashi sofort. In seiner Stimme ein Hauch Verachtung. "Wenn es nach mir ginge würdest du schon längst im Verhörraum der ANBU sitzen und auf die obersten ANBU und den Hokage warten. Glaub mir, als Spitzel von Orochimaru wollen sich nur die Wichtigsten mit dir unterhalten. Und das wären deine letzten Stunden, denn du würdest bis zur letzten Minute verhört werden. Bei der ANBU haben wir nicht viel Mitleid mit Gefangenen. Vielleicht, wenn Tsunade heute einen guten Tag hat, würdest du ein wenig Schmerzmittel bekommen oder etwas, das dich einschlafen lässt." "W...Wieso tust du es dann?", fragte sie kleinlaut. "Ich tue es für Yuna. Sie hat noch keinen geliebten Menschen sterben sehen - geschweige denn töten müssen. Sie weiß nicht, wie sehr es sie verändern würde - wie sehr es sie zerstören würde. Ein Leben geplagt von den Erinnerungen an jenen Moment und der quälenden Frage, was man hätte tun können um es zu verhindern... Das will ich ihr ersparen. Sie soll nicht so werden wie ich." "Ich verstehe..." Noch etwas musste er loswerden. "Mein Verdacht hat sich also bestätigt: Du warst tatsächlich ein Spitzel von Orochimaru. Und was für einer. Alle Achtung, du hast es geschafft alle zu täuschen - vielleicht sogar dich selbst." "Ich wollte nie jemanden verletzen." "Tatsächlich? Du hast Yuna von Anfang an belogen. Denkst du, dass sie das nicht verletzt?"

Hina sagte darauf nichts. Sie wusste, dass er recht hatte. "Und noch etwas: Sie zu bitten dich zu töten war rücksichtslos und egoistisch." Die beiden blieben an einer Stelle stehen. "Wäre sie dir wirklich so wichtig, wie du gesagt hast, hättest du es nicht getan." Er lud ein Chidori auf. Hina lief eine Träne über die Wange. Sie wusste, dass Kakashi recht hatte. "Ich weiß. Ich habe in dem Moment nicht nachgedacht, was es für Konsequenzen für sie haben würde." "Damit hast du recht. Du hast nie an sie gedacht, sondern immer nur an dich..." "Das ist nicht wahr! Ich habe wirklich versucht...alles...wiedergutzumachen." Kakashi seufzte und beendete das Chidori. "Wieso hat Orochimaru dir das Gift verabreicht?" Hina zögerte eine Sekunde und atmete tief durch. "Ich wollte aussteigen." "Wieso? Dir hätte klar sein müssen, was das für Konsequenzen hat..." "Weil ich Yuna nicht mehr belügen konnte...auch wenn es meinen Tod bedeutet..." "Orochimaru hat dir bewusst das Gift verabreicht, damit dir noch genug Zeit bleibt um Yuna die Wahrheit zu sagen, ist dir das überhaupt klar?" Hina schluckte und sagte nichts. "Das ist genau das was er wollte: Yuna zu brechen." "Das war mir nicht klar. Das...das schwöre ich." Kakashi sagte dazu nichts. Er wusste auch nicht, was er noch sagen sollte. Für ihn war die Sache klar: Hina war ein Spitzel von Orochimaru, freundete sich dann aber wirklich mit Yuna an und beschloss auszusteigen, weil sie geplagt von Schuldgefühlen war. Sie wusste, dass das ihr Tod sein würde. Was ihr aber nicht klar war: Orochimaru wählte extra ein Gift, dass ihr genug Zeit gab um Konoha zu erreichen und Yuna die Wahrheit zu sagen. Er würde sie damit brechen. Ihr zeigen, dass er ihr alles nehmen konnte, was er wollte.

Kakashi seufzte. "Ich glaube dir. Du wusstest nicht, dass Orochimaru das ganze geplant hat. Ich verstehe, dass du ihr die Wahrheit sagen wolltest, aber...vielleicht wäre es besser gewesen, du hättest es nicht getan. Ich kenne sie. Du warst ihr sehr wichtig und es wird dauern, bis sie das alles verkraftet hat. Aber ich weiß auch, dass sie dir vergeben hat. Du kannst dir also sicher sein, dass sie nicht schlecht von dir denkt. Ansonsten wären wir jetzt nicht hier, sondern ich hätte dich ohne wenn und aber mitnehmen können. Du warst eine ihrer besten Freundinnen und sie wird dich nie vergessen und immer in ihrem Herzen tragen." Hina nickte. Das war ihr das Wichtigste. Sie war bereit. "Pass gut auf sie auf." Kakashi nickte und lud das Chidori erneut auf. "Bist du bereit?", fragte er sie. Hina nickte und schloss die Augen. Auch Kakashi schloss für einen Moment die Augen und seufzte. Er musste sich darauf vorbereiten ein zweites Mal mit dem Chidori jemand willentlich zu töten. Dann durchbohrte er sie blitzschnell. "Dankeschön...Kakashi...Hatake", sagte Hina mit letzter Kraft, bevor alles Leben in ihren Augen erlisch.

"Kakashi, du musst es tun" "Bist du verrückt?" "Nein. Ich kann nicht riskieren, dass wegen mir das Dorf ins Chaos stürzt." "Das wird nicht passieren. Der Hokage und die ANBU werden eine Lösung finden. Bitte. Komm mit mir zurück ins Dorf." "Aber genau das ist doch wahrscheinlich deren Plan." "Rin, ich...ich kann das einfach nicht tun." "Bitte Kakashi. Ich flehe dich an." "Ich hab Obito geschworen dich zu beschützen!" "Das tust du doch auch...Indem du mich vor dem beschützt was passieren wird, wenn wir das Dorf erreichen." "Was, wenn du dich irrst?" "Ich bin mir zu hundert Prozent sicher. Anders würde ich so etwas nie von dir verlangen." "Bist du dir wirklich sicher, dass du das willst?" "Zu hundert Prozent." "Gut. Einverstanden."

Es war vorbei. Kakashi legte Hina auf den Boden und schloss ihre Augen. Er wischte sich eine Träne aus dem Auge, da ihn die Situation zu sehr an Rin erinnerte. Danach nahm er sie hoch und ging mit ihr zurück ins Dorf. Er berichtete Ava und Tsunade von den Vorfällen. Natürlich erwähnte er gegenüber Ava nichts davon, dass er sie freiwillig in den Wald mitgenommen und getötet hatte. Seine Version der Geschichte beinhaltete eine Flucht und einen Kampf. Nachdem er von seinen Pflichten befreit war ging er nach Hause und duschte heiß. Er musste nachdenken während er Hinas Blut loswurde. Er hatte all das nur für Yuna getan. Sie war ihm immer schon wichtig gewesen, doch seit ihrer Rückkehr sogar noch mehr als zuvor. Schnell trocknete er sich ab und zog sich um.

"Willst du drüber reden?", fragte er Yuna, welche am Teich auf Trainingsplatz 3 saß. Kakashi wusste genau, dass er sie hier finden würde. Yuna kam immer hierher, wenn sie über etwas nachdachte. Sie seufzte. Kakashi setzte sich neben sie. "Ich kann deine Gefühle gut verstehen. Immerhin standet ihr euch ganz schön nahe." Kakashi beschloss Yuna nichts vom Gespräch zwischen ihm und Hina zu erzählen. "Du hast es die ganze Zeit gewusst, hab ich recht", meinte Yuna und senkte den Kopf. "Ich hatte so eine Vermutung, aber...um ehrlich zu sein: Auch ich habe geglaubt, ich hätte mich geirrt." "Ich war einen Monat bei ihr. Einen ganzen Monat und ich hab nichts bemerkt und sie hat auch nichts gesagt." "Ich denke, dass sie zu diesem Zeitpunkt schon beschlossen hat auszusteigen. Ich denke, sie wollte diese letzte Zeit mit dir genießen. So, als wäre sie nie ein Spitzel gewesen." Yuna seufzte. "Sie hätte mit mir sprechen können. Wir hätten eine Lösung gefunden." Kakashi versuchte sie zu trösten: "Ich weiß genau, wie du dich im Moment fühlst, aber...du musst diese Gedanken loslassen. Sie führen dich zu nichts. Sie reißen dich nur einen Weg hinunter, den du nicht gehen willst." Yuna seufzte. "Du hast vermutlich recht. Es kommt mir alles so surreal vor. So, als wäre es nur ein Traum gewesen...Aber ich weiß, dass es nicht so ist. Hina war ein Spitzel und jetzt ist sie..." 

Yuna vollendete den Satz nicht. Sie sah Kakashi an. "Ich bin froh, dass du da gewesen bist. Ich...ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn..." "Alles gut. Nicht zu viel drüber nachdenken." "Nein, ich...ich möchte das du weißt...das ich das absolut nicht für selbstverständlich halte. Ich danke dir vielmals dafür." "Ich weiß", sagte er. Er wusste nicht genau, was er antworten sollte. Seinen Standpunkt hatte er Hina klar gemacht. Er hatte es nur für Yuna getan. Denn er wollte nicht, dass sie sein Schicksal teilte. Er wollte nicht, dass sie so würde wie er. Die beiden saßen einfach nur da uns starrten ins Wasser. Die Welt würde sich für Yuna verändern, dass war beiden klar. Kakashi hoffte nur, dass Yuna damit klarkommen würde. 

Der Weg eines ChuninWo Geschichten leben. Entdecke jetzt