Der Weg eines Chunin

Yunas Geständnis

"...ich liebe dich..."

Wie ein riesiger Felsen erschlugen diese Worte Kakashi. Wie von eine Lawine wurde er von ihnen überrollt. Er lehnte sich gegen die Mauer hinter ihm und rutschte nach unten. Mit angewinkelten Knien saß er da, sein Kopf auf seine Hände gestützt. Sein Kopf war auf einmal voll und leer gleichzeitig. Nachdenklich starrte er auf den Boden. Im Laufe seiner Karriere war er oft in Situationen gekommen, in denen er lange überlegen musste, was er sagen oder tun sollte...Aber schon lange hatte er sich nicht mehr so überfordert gefühlt, wie in diesem Moment. Und er wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. Er wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Wie ein leerer, weißer Raum fühlte sich sein Hirn an. Und gleichzeitig fühlte es sich voll an.

Diese drei Worte von Yuna hatten alles geändert...

Kakashi mochte Yuna - das hatte er sich vor einiger Zeit eingestanden. Aber Kakashi war sich immer sicher gewesen, dass Yuna ihn nicht auf diese Weise mögen würde. Doch nun hatte er den Beweis dafür, dass es genau das Gegenteil war. Er überlegte lange. Über alle möglichen Szenarien - auch darüber, ob er ihr seine Gefühle auch gestehen sollte. 

Doch Kakashi entschied sich dagegen. Nicht, weil er es ihr nicht sagen wollte - er konnte es nicht. Sie waren immer noch gefangen. Und er würde sich immer noch opfern müssen, um Yuna zu befreien. Kakashi würde sterben. Natürlich würde er ihr gerne sagen, was er fühlte, bevor er es nicht mehr konnte... Aber Yuna zu sagen, dass er sie liebte, würde den Verlust für sie nur noch schwerer machen - unerträglich. Sie wäre vielleicht nicht mehr in der Lage klar genug zu denken um Konoha zu retten. Deswegen entschied er sich dagegen.

"...ich liebe dich..."

Yuna hörte es immer und immer wieder in ihrem Kopf. Sie musste es loswerden. Es war wie ein Brechreiz - so sehr sie es auch wollte, letzten Endes sie konnte es nicht unterdrücken. Sie hatte es aussprechen müssen, bevor sie nicht mehr die Chance dazu hatte. Vielleicht war es egoistisch von ihr so eine Bombe platzen zu lassen, bevor er sein Leben für sie geben würde - aber das war ihr jetzt auch schon egal. Ihr war bewusst, dass diese Worte alles verändert hatten - aber sie konnte ihn nicht seinen Plan durchziehen lassen, bevor sie ihm nicht die Wahrheit gesagt hatte...

Eine gefühlte Ewigkeit war vergangen. "Wieso jetzt?", fragte Kakashi wie aus dem Nichts. Er sah sie an. Sie ihn aber nicht. Die Anspannung in seiner Stimme war nicht zu überhören. Angespanntheit, Wut, Verwirrung... "Ich musste es dir sagen, bevor..." Ihre Stimme brach. Sie räusperte sich. "Hast du es nur gesagt, um mich davon abzuhalten?" In seiner Stimme lag ein Hauch von Zweifel. Er war sich nicht sicher, ob Yuna die Wahrheit sagte...oder ob sie so weit ging, um ihn von seinen Plan abzuhalten. "Wenn ja, hat es funktioniert...", fügte er leise hinzu. Jetzt sah sie ihn an. In ihrem Blick war die Enttäuschung zu erkennen, die sie durch diese Unterstellung fühlte. "Natürlich nicht...", sagte sie und sah dabei wieder weg. Sie konnte ihn nicht ansehen. Zu sehr durchbohrte sei sein Blick. "Tut mir leid. Ich wollte dich nicht mit der Frage kränken." "Schon gut. In unserer Situation ist es eine berechtigte Frage..." Sie wollte sich nicht streiten. Schon gar nicht mit der Person, die sich opfern würde um sie zu befreien. 

"Wie lange...hast du schon Gefühle für mich?" Yuna seufzte. "Es klingt vielleicht bescheuert, aber...als Hina zu mir kam und sie mich bat sie zu töten - und du diese Last für mich auf dich genommen hast, da...Da hab ich das erste Mal gemerkt, dass etwas anders ist..." "Warum hast du es mir da noch nicht gesagt?" Yuna musste kurz leise lachen und sah ihn an. "Wie sagt man seinem Teamleiter, ehemaligen Lehrer und einem seiner besten Freunde, dass man ihn liebt? Jemanden, zu dem man seit Jahren aufschaut, der einem alles beigebracht hat. Der Person, die einem zu dem gemacht hat, die man heute ist..." Kakashi sagte darauf nichts. "Ich hab es dir nicht gesagt, weil ich nicht wusste, wie du darauf reagieren würdest....Ich wusste nicht, ob du sauer werden oder ob du mich gar in ein anderes Team versetzen lassen würdest. Ich hatte Angst, du würdest mich danach nicht mehr ernst nehmen - oder sogar hassen..." "Dich hassen?" "Ich dachte, wenn ich meine Gefühle lange genug unterdrücke, würden sie irgendwann verschwinden, aber...ich musste es dir sagen, bevor..." Sie sprach nicht weiter. 

Kurze Zeit überlegte Kakashi, was er darauf antworten sollte. "Yuna...Ich mache dir keine Vorwürfe deswegen. Sei versichert, dass alles gut ist zwischen uns." "Das sagst du nur, damit ich mir später keine Vorwürfe mache...Wenn wir in Konoha wären und du nicht darüber nachdenken würdest, dich für mich umzubringen, würdest du das bestimmt anders sehen..." "Das ist nicht wahr." Kakashi stand auf und ging ein paar Schritte auf Yuna zu. "Auch wenn wir nicht in dieser Situation wären und du es mir sagen würdest...hätte ich nicht anders reagiert." "Wirklich?" Kakashi nickte. "Glaub mir: Ich denke jetzt weder schlechter von dir, noch hasse ich dich in irgendeiner Art und Weise. Es hat sich nichts geändert." 

Anhand seines Blickes wusste Yuna, dass es nun der Abschied sein würde. "Ich weiß, dass es schwer ist zu akzeptieren, dass ich sterben werde - aber ich kenne dich. Ich weiß, dass du es ertragen kannst. Ich weiß, dass es sich anfangs so anfühlen wird, als könntest du es nicht - so als würde die Welt über dir zusammenbrechen und dich unter ihrem Schutt erdrücken...Aber das wird sie nicht. Du wirst die Last hochstemmen können und aus den Trümmern hervorsteigen..." "Ich will dich nicht verlieren", sagte Yuna unter Tränen. Er umarmte sie. "Ich weiß." Eine kurze Zeit sagte keiner der beiden etwas. "Du bist das Beste, was ich je hervorgebracht habe. Du hast jede Erwartung, die ich an dich gestellt habe übertroffen...Ich bin wahnsinnig stolz auf dich, Yuna Itaku...Ich weiß, dass du es noch weit bringen wirst..." Yuna umarmte Kakashi immer noch. Sie wollte ihn nicht loslassen. Es würde das letzte Mal sein, dass sie ihn umarmen konnte...Das letzte Mal, dass sie mit ihm reden konnte...

Kakashi löste sich aus der Umarmung und zog die Maske runter. Yuna sah ihn an. Selbst weinend konnte sie den Schock darüber, dass er ihr sein Gesicht zeigte, nicht verbergen. Das war das erste Mal, dass Yuna ihn ohne Stirnband über dem Auge und Maske sah. Kakashi war einer der schönsten Männer, die Yuna je gesehen hatte. Kein Wunder, dass ihm die Frauen hinterherrannten. 

"Ich bin froh, dass ich dich kennenlernen durfte, Yuna...Du sollst wissen, dass du mir immer sehr viel bedeutet hast...Ich bin froh, dass du damals in meinem Team geblieben bist...Und ich bin dankbar, dass ich dich zu meinen Freunden zählen durfte..." Tief sahen sie sich gegenseitig in die Augen. Am liebsten hätte Kakashi Yuna genau hier und jetzt geküsst. Der Moment war viel zu perfekt dafür. Doch er musste sich zurückhalten. Auch wenn er es noch so sehr wollte...

Auf einmal hörten beide ein Geräusch und sahen zur Zellentür. Die Sprengladung blinkte 2 Mal rot, danach leuchtete nichts mehr. 

Keine Sekunde später ging die Zellentür auf...